Ein Frustrierter bricht auf

Inspi­riert durch Pilge­rin­nen und Pilger und deren Erleb­nis­se hat die Rorscha­ch­e­rin ­Beatri­ce Mock das ­Thea­ter­stück ­«#JAKOB S WEG – ein Pilger­stück» geschrie­ben. Die Komö­die ­beleuch­tet die unter­schied­li­chen Pilger-Beweggründe. Im Novem­ber ist Premiere. 

Die Theo­lo­gin und Thea­ter­schaf­fen­de Beatri­ce Mock wurde vom Verein Pilger­her­ber­ge Sankt Gallen ange­fragt, ein Pilger­thea­ter zu entwi­ckeln. «Ein Stück zwischen Klamauk, Komö­die und spiri­tu­el­lem Gebet, etwa so laute­te der Auftrag», erklärt Beatri­ce Mock mit Schalk in ihrer Stim­me. Von Seite des Vereins Pilger­her­ber­ge sagt Erika Pert­zel, Ideen­ge­be­rin und OK-Präsidentin für das Pilger­thea­ter: «Wir möch­ten bewusst auch Leute ausser­halb der Pilger-Szene anspre­chen und die Pilge­rei noch bekann­ter machen.»

Stephan Bitsch spielt die Haupt­rol­le Ambros.

Eine intel­lek­tu­el­le Reise

Mock hat den Jakobs­weg noch nicht unter die eige­nen Füsse genom­men, dennoch ist sie faszi­niert vom Pilgern. «Wir alle sind stän­dig unter­wegs von einem Ort zum andern, von einer Szene zur nächs­ten. Beim Pilgern möch­ten viele den Alltag hinter sich lassen und sich neu besin­nen.» Bei ihrer inten­si­ven Recher­che hat sie erstaun­li­che Eindrü­cke und Fakten über das Pilgern erhal­ten und rasch gemerkt, dass die Asso­zia­tio­nen zum Pilgern sehr viel­sei­tig sind. Nach der Lektü­re von Studi­en und Büchern folg­te der prak­ti­sche Teil: An fünf Tref­fen mit Bekann­ten aus ihrer «Theater-Bubble» und Jakobsweg-Interessierten hat sie indi­vi­du­el­le Erfah­run­gen und Ansich­ten von Pilgern­den und Ange­hö­ri­gen einge­holt. Sie haben disku­tiert, warum sich jemand auf eine Pilger­rei­se begibt und was das Gehen auslöst. Eine wich­ti­ge Inspi­ra­ti­ons­quel­le war auch die Ausstel­lung von Johann Kralew­ski mit 17 lebens­gros­sen Skulp­tu­ren. Das Credo des Künst­lers laute­te: «Ich will bewe­gen, dies gilt sowohl auf körper­li­cher Ebene wie auch in intel­lek­tu­el­ler Hinsicht.» Ihre gesam­mel­ten Inputs hat Mock zu einer Geschich­te verar­bei­tet. Das fina­le Dreh­buch schrieb sie in Vezelay – einem male­ri­schen Dorf im fran­zö­si­schen Burgund, wo Pilgern­de aus ganz Euro­pa vorbei­zie­hen. «Durch einen Facebook-Post bin ich zu einer Unter­kunft an diesem Pilger-Hotspot gekom­men», sagt Mock. 

Beatri­ce Mock hat das Stück geschrie­ben und sie wirkt auch als Regis­seu­rin mit.

Hash­tag bedeu­tet Stress

Nicht selten ist eine Krise der Auslö­ser für eine Pilger­rei­se. So auch beim Haupt­dar­stel­ler Ambros. Er ist ein Jour­na­list der alten Schu­le, der mit seiner geplan­ten Story «Jakob ist weg» versagt. Frus­triert über den ober­fläch­li­chen und schnell­le­bi­gen Online-Journalismus, bricht er aus seinem Hams­ter­rad aus und geht auf den Jakobs­weg. Ange­spro­chen auf den Hash­tag im Titel des Stückes, erklärt Mock: «Damit symbo­li­sie­ren wir die moder­ne Welt des Jour­na­lis­mus, die Jagd nach «Klicks» und «Views» als Kontrast zur seriö­sen, fakten­ori­en­tier­ten Bericht­erstat­tung, wie sie unser Ambros betreibt.» Im Stück spie­len zwei weite­re pilgern­de Figu­ren mit: eine älte­re Dame, die ihre Reise auf dem Jakobs­weg als spiri­tu­el­le Schluss­auf­ga­be vor dem Tod sieht und eine junge Bike-Pilgerin, die stän­dig neue, aben­teu­er­li­che Trails sucht. «Viele pilgern heute aus sehr unter­schied­li­chen Beweg­grün­den, das wollen wir mit diesem Thea­ter aufgrei­fen. Die Fragen rund um das Thema Pilgern sind sehr mensch­lich, aktu­ell und kultur­über­grei­fend.» Ob sie auch reli­giö­ser Natur sind, über­las­se sie dem Publikum. 

Das Ensem­ble probt einmal bis zwei Mal pro Woche in Rorschach.

Keine einfa­che Hauptrolle

Das Theater-Ensemble besteht aus sechs Laien-Schauspielende und einer profes­sio­nel­len Spre­che­rin. «Die gröss­te Heraus­for­de­rung besteht darin, passen­de Proben­ter­mi­ne zu finden», gesteht Mock. Für Stephan Bitsch, der die Haupt­rol­le Ambros spielt, bedeu­ten die ein- bis zwei­mal wöchent­li­chen Proben und die Ausein­an­der­set­zung mit der Rolle einen gros­sen Zeit­auf­wand. Er selbst arbei­tet als Sozi­al­päd­ago­ge und hat vor sechs Jahren die Ausbil­dung zum Thea­ter­päd­ago­gen absol­viert. Er freut sich, mit dieser Rolle nun auch Bühnen­er­fah­rung als Schau­spie­ler sammeln zu können: «Es ist aller­dings keine einfa­che Rolle, ich muss­te mich zuerst in die Gefühls­la­ge des frus­trier­ten Typen in seiner Lebens­kri­se hinein­ver­set­zen bis ich merk­te, dass ein klei­ner Teil in mir auch unzu­frie­den ist. In der Rolle kann ich nun diese eige­ne Unzu­frie­den­heit ausle­ben, was sehr befrei­end ist. Gleich­zei­tig bin ich froh, dass Ambros in diesem Stück auch eine Wand­lung durch­macht.» Pilgern kennt Bitsch aus eige­ner Erfah­rung: «Ich war schon drei­mal auf dem Pilger­weg in der Schweiz, einmal auch fastend, was das Erleb­nis noch inten­si­ver mach­te». Die Auffüh­run­gen im Novem­ber sollen erst der Anfang sein, die Thea­ter­crew will mit ihrem Stück auf Tour gehen.

Das Theater-Ensemble besteht aus sechs Laien-Schauspielende und einer profes­sio­nel­len Sprecherin

Weite­re Infos Pilgertheater

Text: Katja Hongler

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­licht: 14.11.2022

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