Vor über 30 Jahren zog Peter Burkhard von St. Gallen nach Ebnat-Kappel. Die «tief verwurzelten» Traditionen im Toggenburg faszinieren den neuen höchsten St. Galler Katholiken bis heute. Er wünscht sich eine liberalere Kirche.
Was es bedeutet, wenn eine Dorfgemeinschaft eine einzelne Person oder eine Familie mitträgt und wie viele Traditionen ein Kirchenleben mit sich bringt, das gepflegt wird: Peter Burkhard, neuer höchster St. Galler Katholik, erzählt, wie er vor vielen Jahren durch seine Frau der Kirche näher kam. Bis dahin hatte er zwar die katholische Sekundarschule flade in St. Gallen und vor allem an Weihnachten und Ostern die Gottesdienste besucht. «Ansonsten nahm ich aber nicht gross am kirchlichen Leben teil», sagt der neue Parlamentspräsident des katholischen Konfessionsteils des Kantons St. Gallen. Das Amt wird er bis Ende November 2024 innehaben. Durch seine Frau, eine Walliserin, änderte sich seine Beziehung zur Kirche. «Als ich meine Frau als junger Mann in ihrem Heimatdorf im Lötschental besuchte, war gerade der Pfarrer gestorben und ich wurde in die Totenwache eingeteilt. Es war die Aufgabe des ganzen Dorfes, mehrere Tage neben dem Leichnam zu wachen», sagt er. «Auf diese Weise kommst du automatisch ins Kirchenleben rein und wirst Teil davon.»

Ans Dorfleben anschliessen
Seit über 30 Jahren lebt Peter Burkhard, der in der Stadt St. Gallen aufgewachsen ist, mit seiner Familie nun schon in Ebnat-Kappel. Und wie im Wallis sind es auch im Toggenburg die «tief verwurzelten Traditionen» und die Kultur, die ihn faszinieren und vor denen er grossen Respekt hat. Als Beispiel nennt der 59-Jährige das «Einschellen», die Viehschauen oder den Toggenburger Naturjodel. Es sei ein wunderbares und vielfältiges Tal und durch den Umzug nach Ebnat-Kappel als junge Familie – die Kinder waren damals fünf und drei Jahre, das Jüngste kam im Toggenburg zur Welt – sei auch der Anschluss ans Dorfleben nicht schwer gefallen. Nach Ebnat-Kappel zu ziehen, dafür hatte sich Peter Burkhard wegen seines Berufes entschieden. Bei seinem damaligen Arbeitgeber, der Winterthur Versicherungen, wurde ein neuer Innendienstleiter für die Generalagentur Wattwil gesucht. «Ich wollte den Job und so zogen wir um», sagt er.
Das Gegenüber einschätzen
In Ebnat-Kappel war Peter Burkhard ab dem Jahr 2000 während 18 Jahren in der Kirchenverwaltung – für das Amt wurde er angefragt. Seit 2007 politisiert er zudem im Kollegium, dem Parlament des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St. Gallen. «Ich fand damals, dass unsere Kirchenverwaltung eine Verbindung ins Parlament haben sollte, da es immer von gegenseitigem Vorteil ist, wenn man die Personen hinter den Verwaltungen kennt», sagt er über seine Motivation, sich ins Kollegium wählen zu lassen. Sich selbst beschreibt Peter Burkhard als Zuhörer, Realist und Diplomat. Ihm sei es wichtig, sein Gegenüber einschätzen zu können und dessen Meinung zu kennen. In seinen zwei Jahren als Präsident wird er vier Kollegiumssitzungen leiten und dabei die Eröffnungsreden halten. «Die Kirche kann ich in diesem Amt nicht verändern. Aber ich kann in den Reden meine Gedanken kundtun. Ich bin höchst liberal. Meiner Meinung nach wäre es Zeit für das Frauenpriestertum und die Aufhebung des Zölibats», sagt er.
Text: Nina Rudnicki
Bild: Ana Kontoulis
Veröffentlichung: 10.2.2023