Caritas-Projekt Mit mir

Gemein­sam Zeit verbrin­gen, im Wald bräteln, in die Badi gehen oder eine Velo­tour unter­nehmen: Im Rahmen von «mit mir» enga­gie­ren sich seit 20 Jahren schweiz­weit Frei­wil­li­ge für Kinder, die von Armut betrof­fen sind. Aktu­ell wird das Projekt im ganzen Bistum ausgebaut.

Die Kinder haben ein stär­ke­res Selbst­be­wusst­sein und sind zufrie­de­ner. Die Eltern fühlen sich durch die Paten­schaft entlas­tet: Das sind zwei Erkennt­nis­se aus einer Studie der Zürcher Hoch­schu­le für ange­wand­te Wissen­schaft (ZHAW), die Dolo­res Waser Balmer von der Cari­tas St. Gallen-Appenzell beson­ders freu­en. Die Studie in Auftrag gege­ben hat Cari­tas Schweiz anläss­lich des 20-Jahr-Jubiläums des natio­na­len Paten­schafts­pro­jekts «mit mir». Bei diesem vermit­telt die Cari­tas Kinder und Jugend­li­che aus benach­tei­lig­ten Fami­li­en an enga­gier­te Patin­nen und Paten. Die Frei­wil­li­gen verbrin­gen ein- bis zwei­mal im Monat Zeit mit den Kindern. Mit zu den ersten Projekt­part­nern gehö­ren die Sozi­al­diens­te der Katho­li­schen Kirche im Lebens­raum St. Gallen.

Dolo­res Waser Balmer, Cari­tas St.Gallen-Appenzell

Sich auf Neues einlassen

«Aktu­ell sind wir ausser­dem dabei, ‹mit mir› in verschie­de­nen Regio­nen des Bistums aufzu­bau­en wie etwa in Heris­au, Gossau, Sargans und im Rhein­tal», sagt Dolo­res Waser Balmer und erzählt, worin die Vortei­le des Projek­tes liegen. «Das Schö­ne ist nicht nur, dass die Paten­schaft die Kinder berei­chert, wie die Studie nun belegt. Auch die Paten und Patin­nen bekom­men etwas zurück. Sie lassen sich auf etwas Neues ein und erle­ben den Alltag durch Kinder­au­gen, was meist inspi­rie­rend ist», sagt sie. Anläss­lich des natio­na­len Jubi­lä­ums hatte der Katho­li­sche Sozi­al­dienst Anfang Mai einen Erleb­nis­tag für Patin­nen und Paten und die Kinder auf einem Bauern­hof organisiert.

Insek­ten retten

Die eige­ne Freu­de daran, sich auf die Lebens­welt eines Kindes einlas­sen zu können, erwähnt auch eine Frau, die seit einem Jahr Patin eines Buben im Primar­schul­al­ter ist, als das, was ihr das Projekt selbst zurück­gibt. Sie habe sich in ihrer Frei­zeit enga­gie­ren und für etwas Sinn­vol­les einset­zen wollen. So sei sie über die Website der Fach­stel­le Bene­vol auf das «mit-mir»-Projekt aufmerk­sam gewor­den. «Da ich durch meine Arbeit im sozia­len Bereich oft mit Proble­men verschie­dens­ter Perso­nen zu tun habe, woll­te ich im Rahmen meines Enga­ge­ments etwas Moti­vie­ren­des machen, das auch mit Lebens­freu­de zu tun hat», sagt die 48-Jährige. Als inspi­rie­rend und hori­zont­er­wei­ternd erlebt sie nun die regel­mäs­si­gen Tref­fen mit ihrem Paten­kind. Sie spazie­ren durch die Stadt und studie­ren Haus­num­mern, retten Insek­ten aus Brun­nen, basteln, malen, kochen und singen. Hin und wieder unter­neh­men sie Ausflü­ge, etwa um im Wald zu bräteln, Oster­ei­er zu suchen oder schwim­men zu gehen. «Wir hatten Glück. Ich, das Paten­kind und seine Eltern passen gut zusam­men. Ausser­dem ist auch die Beglei­tung seitens des ‹mit-mir›-Projektes hilf­reich und profes­sio­nell», sagt sie.

Sich bewusst Zeit nehmen

Das jewei­li­ge Kind wieder­um bekom­men durch das Projekt eine Person, die sich extra Zeit nimmt. Gemäss Cari­tas fehlt es Kindern gera­de in armuts­be­trof­fe­nen Fami­li­en häufig an Aufmerk­sam­keit und Unter­stüt­zung durch die oft stark belas­te­ten Eltern. Hier setzt das Projekt an. Wird eine Paten­schaft vermit­telt, kommt es zunächst zu vorbe­rei­te­ten Gesprä­chen und zwei beglei­te­ten Tref­fen. Die Rahmen­be­din­gun­gen werden geklärt und Aspek­te wie Verant­wort­lich­keit, Versi­che­rung sowie Nahe-und-Distanz-Verhalten bespro­chen. Sind nach dem ersten Kennen­ler­nen alle einver­stan­den, begin­nen die regel­mäs­si­gen Tref­fen. «Vorge­se­hen ist, dass die Paten­schaf­ten drei Jahre dauern», sagt Dolo­res Waser Balmer. Oft sei es aber so, dass sie darüber hinaus bestehen blei­ben würden.

30 Paten­schaf­ten

Aktu­ell gibt es bistums­weit 30 solcher Paten­schaf­ten. Schweiz­weit konn­te Cari­tas seit dem Start des Projekts über 2300 Kinder an 2600 Patin­nen und Paten vermit­teln. Diese haben über 538 000 Stun­den an Frei­wil­li­gen­ar­beit geleis­tet. Die Zahlen bestä­ti­gen laut Cari­tas, dass es in der Schweiz ein gros­ses Bedürf­nis nach nieder­schwel­li­ger Unter­stüt­zung für benach­tei­lig­te Kinder und Jugend­li­che gibt. Im Bistum St. Gallen ist man nach der Pande­mie nun wieder dabei, die Paten­schaf­ten auszu­bau­en, wobei sich die Situa­ti­on in den Regio­nen etwas unter­schei­det. Gibt es an den einen Orten mehr poten­zi­el­le Patin­nen und Paten als Kinder, stehen an ande­ren Orten mehr Fami­li­en und Kinder auf der Warteliste.

Eine Kind­heit heute

Was inter­es­siert ein Kind heute? Was macht eine Kind­heit heute aus? Wieso wird ein Spie­gelei beim Braten weiss? Die bereits erwähn­te Patin wüss­te von vielen weite­ren Erleb­nis­sen zu berich­ten. Sie sagt: «Ich weiss, die Idee von ‹mit mir› ist, dass man sich alle zwei bis drei Wochen trifft. Bei uns hat es sich nun jeden Sonn­tag­nach­mit­tag erge­ben. Das stimmt für alle und wir machen das so lange, wie das Kind Freu­de daran hat.»

Text: Nina Rudnicki

Bild: zVg. / Thomas Plain Cari­tas Schweiz

Veröf­fent­li­chung: 27. Mai 2023

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