Leserfrage: Warum gibt es Kirchturmkreuze mit zwei Balken?

Das Kreuz ist ein wich­ti­ges christ­li­ches Symbol für den Tod und für die Hoff­nung auf ein Leben ganz bei Gott. Es gibt über zehn Vari­an­ten von Kreu­zen: 1. Andre­as­kreuz, 2. Anto­ni­us­kreuz oder T(au)-kreuz, 3. Grie­chi­sches Kreuz, 4. Jeru­sa­lem­kreuz, 5. Kardi­nal­s­kreuz, 6. Klee­blatt­kreuz, 7. Latei­ni­sches Kreuz, 8. Malteser- oder Johan­ni­ter­kreuz, 9. Papst­kreuz, 10. Petrus­kreuz und Doppelkreuze.

Auf Kirchen sind manch­mal Doppel­kreu­ze zu sehen; so etwa auf dem Kirch­turm von Schä­nis, wo ich als Pfar­rer neu tätig bin. Neben der Pfarr­kir­che steht das Kreuz­stift. Über die Schweiz hinaus bekannt ist das Klos­ter Einsie­deln; beide Türme tragen ein Doppel­kreuz. Ein Doppel­kreuz weist darauf hin, dass im Gottes­haus eine Kreuz­re­li­quie aufbe­wahrt wird, also ein Teil­chen vom angeb­li­chen Kreuz, an dem Jesus Chris­tus gestor­ben ist. Nach der Legen­de hat Kaise­rin Hele­na, die Mutter von Kaiser Konstan­tin I., nach 325 bei ihrer Reise ins Heili­ge Land dieses Kreuz gefun­den. Die Kirche gedenkt am 3. Mai der Auffin­dung des Kreu­zes, und am 14. Septem­ber feiert sie das Fest Kreuzerhöhung.

Bei Dorf­brand zerstört

Reli­quia­re, Gefäs­se für Kreuz­par­ti­kel, wurden aus Jeru­sa­lem meis­tens doppel­ar­mig ausge­führt, um die Authen­ti­zi­tät der Reli­quie und deren Herkunft zu bekräf­ti­gen. Das doppel­bal­ki­ge Kreuz ist entstan­den aus dem Quer­bal­ken und dem darüber ange­brach­ten Kreuz­ti­tel «Jesus von Naza­reth, König der Juden» (INRI = Iesus Naza­re­nus, Rex Iudae­orum). Darum zeich­nen sich Orte, an denen Kreuz­par­ti­kel sind, oft durch ein Kreuz mit zwei Balken aus. Leider ist die Kreuz­re­li­quie in Schä­nis beim Dorf­brand 1610 zerstört worden.

Bedeu­tung des Kreuzes

Doppel­kreu­ze erlang­ten während den Kreuz­zü­gen eine beson­de­re Bedeu­tung. Der Zugang zu den heili­gen Stät­ten war versperrt. Chris­ten mach­ten gros­se Anstren­gun­gen, mithil­fe der Kreuz­rit­ter wieder frei­en Zugang nach Jeru­sa­lem zu bekom­men. Es gelang ihnen kurz­fris­tig. Aber die inne­re Zerstrit­ten­heit der euro­päi­schen Fürs­ten war hinder­lich. Also begnüg­te man sich damit, Kreuz­re­li­qui­en zu verehren.

Egal, welche Form ein Kreuz hat, wich­tig ist, was ein Kreuz­zei­chen im Menschen weckt: Wir Chris­tin­nen und Chris­ten verbin­den das Kreuz mit dem Leben, Ster­ben und Aufer­ste­hen Jesu. Das Kreuz steht einer­seits für das Leiden, aber mehr noch für die univer­sel­le, kosmi­sche, heilen­de und alles verbin­den­de Liebe, welche Gott schenkt. Das Kreuz verbin­det Erde und Himmel, und im Glau­ben verbin­det es Menschen miteinander.

Text: Josef Manser, Pfar­rer Seel­sor­ge­ein­heit Gaster

Veröf­fent­li­chung: 11.07.2023

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