Der St.Galler im Stephansdom

Drei­zehn Jahre wirk­te der St. Galler Pater Felix Sträss­le in Wien. Jetzt kehrt er in die Gallus­stadt zurück. Im Gespräch schil­dert er, warum ihm der Stephans­dom ans Herz gewach­sen ist und was man bei einem Besuch auf keinen Fall verpas­sen sollte.

Mehr als fünf Millio­nen Menschen besu­chen jähr­lich den Stephans­dom in Wien. Der St. Galler Schönstatt-Pater Felix Sträss­le hatte in den vergan­ge­nen drei­zehn Jahren unzäh­li­ge Gele­gen­hei­ten, die bedeu­tends­te Kirche Öster­reichs und deren Menschen kennen­zu­ler­nen. «Der Stephans­dom ist nicht nur eine wich­ti­ge Kirche für Wien, sondern für ganz Öster­reich», sagt er, «jedes Schul­kind macht einmal in seinem Leben eine Reise nach Wien und besucht den Dom. Der Stephans­dom ist Teil der öster­rei­chi­schen Iden­ti­tät und für die Menschen so etwas wie eine Heimat. Das kommt nicht von unge­fähr: Wenn man in dieser Kirche ist, macht es einem das Herz auf nach oben, zum Himmel. Es zieht einen in die Höhe.»

Inter­na­tio­na­ler Mikrokosmos

2010 zog Pater Felix Sträss­le von St. Gallen nach Wien – in eine Pries­ter­woh­nung direkt neben dem Stephans­dom. «Die Schönstatt-Patres haben seit Länge­rem einen Vertre­ter am Stephans­dom, mein Vorgän­ger über­nahm eine neue Aufga­be und deshalb wurde ich ange­fragt.» Pater Felix sagte sofort zu – auch wenn der Wech­sel von der beschau­li­chen Ostschweiz in die 2‑Millionen-Stadt ein Eintau­chen in eine ande­re Reali­tät bedeu­te­te. «Die Bevöl­ke­rung kommt aus verschie­de­nen Ländern, es tref­fen verschie­de­ne Spra­chen, Spiri­tua­li­tä­ten und Kirchen­bil­der aufein­an­der. Es kommen hier ganz viele Einflüs­se zusam­men.» Auch die Seel­sor­ger am Stephans­dom stam­men aus der ganzen Welt: aus den USA, aus Kroa­ti­en … «Als St. Galler hatte ich da keinen Exoten­sta­tus», merkt er an und lacht. Der kultu­rel­le und spiri­tu­el­le Mikro­kos­mos habe ihn geprägt. «Wien ist so etwas wie ein klei­nes Rom. Man erlebt hier die Welt­kir­che ganz konkret. Für die Ordens­ge­mein­schaf­ten und kirch­li­chen Bewe­gun­gen ist es wich­tig, in Wien präsent zu sein.»

Drei­zehn Jahr wirk­te Pater Sträss­le in Wien, jetzt über­nimmt er eine neue Aufga­be in seiner Heimat St.Gallen.

Gefrag­te Aussprache

Von Wien aus war er öster­reich­weit für die Fami­li­en­pas­to­ral der Schönstatt-Bewegung zustän­dig, in der Pfar­re Stephans­dom über­nahm er pries­ter­li­che Diens­te. Als einer von über fünf­zig Pries­tern feier­te er jede Woche Messen im Stephans­dom und hörte die Beich­te – oder die «Ausspra­che», wie sie in Wien auch genannt wird. «Ein Ange­bot, das auf gros­se Nach­fra­ge stösst: Viele haben das Bedürf­nis, über das spre­chen zu können, was sie beschäf­tigt», so Pater Felix. Bewegt hätte ihn aber auch immer wieder die monat­li­che Messe für Leiden­de: «Die Besu­che­rin­nen und Besu­cher des Stephans­doms können ihre persön­li­chen Gebets­an­lie­gen auf Zettel schrei­ben und in eine Box werfen. Einmal im Monat wurden im Gottes­dienst all diese Anlie­gen aufge­nom­men.» Da jeweils stapel­wei­se Anlie­gen einge­reicht wurden, habe er immer nur Auszü­ge vorle­sen können. Eines war für den St. Galler in Wien auch neu: «Viele Gläu­bi­ge wählen sich die Pfar­re, in der sie die Gottes­diens­te besu­chen oder sich ehren­amt­lich enga­gie­ren, bewusst aus. Bei vielen ist es nicht auto­ma­tisch die Pfar­re, in der sie wohn­haft sind.»

Das Inter­na­tio­na­le der Stadt hat den St.Galler Pater geprägt.

Die Heimat kennenlernen

Jetzt möch­te er wieder näher bei seinen zehn Geschwis­tern, die in der Ostschweiz leben, sein. Hier will er neben seinem Enga­ge­ment für die Schönstatt-Bewegung in der Schweiz eine Aufga­be als Pries­ter im Bistum St. Gallen über­neh­men. Doch zunächst gibt er sich ein paar Wochen Zeit, um die alte Heimat neu kennen­zu­ler­nen. «In den drei­zehn Jahren, in denen ich weg war, ist viel passiert. Sowohl Gesell­schaft als auch die Kirche stehen heute an einem ande­ren Punkt.» Leicht sei ihm der Abschied von Wien nicht gefal­len, in den Wochen vor seiner Rück­kehr habe er noch­mals viel Kultur einge­so­gen und zum Beispiel die Wiener Staats­oper besucht. Er hat sich aber auch Zeit genom­men, einfach im Stephans­dom zu sitzen und die Atmo­sphä­re auf sich wirken zu lassen. Auch wenn das Wahr­zei­chen der Stadt täglich gut besucht ist von Touris­ten und Gläu­bi­gen, sei es ein Kraft­ort und ein Ort der Ruhe und Stille.

Was empfiehlt er Touris­tin­nen und Touris­ten, die den Stephans­dom zum ersten Mal besu­chen? «Sich einfach mal in die Kirche setzen und die Atmo­sphä­re genies­sen.» Es gebe eini­ge Klein­ode zu entde­cken. Ihn persön­lich habe immer wieder die «Dienstboten-Madonna» berührt. Es handelt sich um eine der ältes­ten Skulp­tu­ren im Stephans­dom, mit ihr iden­ti­fi­zier­ten sich seit eh und je die einfa­chen Leute.

Text: Stephan Sigg

Bild: Lukas Cioni

Veröf­fent­licht: 29.08.2023

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