«Beide mussten noch wachsen»

An einem golde­nen Herbst­tag auf die Alp Sell­amatt: Die Lukas-Kapelle hat nicht nur archi­tek­to­nisch eine beson­de­re Ausstrah­lung, auch deren ­Namens­ge­bung ist nicht alltäg­lich. Für die Fami­lie Lötscher, Gast­ge­be­rin auf der Sell­amatt, ist die Berg­ka­pel­le von gros­ser, emotio­na­ler Bedeutung.

Der Bau dieser Kapel­le war ein lang ersehn­ter Wunsch unse­rer Fami­lie», sagt Magda­le­na Lötscher (50). Ihre Eltern Hanni und Valen­tin Lötscher führ­ten den Berg­gast­hof Sell­amatt in zwei­ter Gene­ra­ti­on und woll­ten aus Dank­bar­keit, für das, was sie erreicht haben, eine Kapel­le erbau­en lassen. «Es war aller­dings ein langer Weg, bis alle einver­stan­den waren mit dem Bauvor­ha­ben», erin­nert sich Magda­le­na. «Ich war gera­de mit unse­rem ältes­ten Sohn schwan­ger, als die Bauar­bei­ten im Jahr 2002 star­ten konn­ten. Als es zu einer Früh­ge­burt kam, hatten die Gross­eltern die Idee, die Kapel­le nach dem Namen ihres ersten Enkels zu benen­nen.» Es sei wie ein zufäl­li­ges Zeichen gewe­sen, «beide muss­ten noch wach­sen, Lukas und die Kapelle». 

Nach der Frühgeburt ihres ersten Sohnes haben Magdalena Lötscher und Franz Niederberger auf der Sellamatt in der Lukas-Kapelle geheiratet. Das war vor 20 Jahren. Bis heute prägt dieser Ort ihre Familiengeschichte ganz besonders.
Nach der Früh­ge­burt ihres ersten Sohnes haben Magda­le­na Lötscher und Franz Nieder­ber­ger auf der Alp Sell­amatt in der Lukas-Kapelle geheiratet. 

Stol­zer Namensgeber 

Und beides verlief wie erhofft: Lukas wurde kräf­ti­ger und das Baupro­jekt konn­te im darauf­fol­gen­den Jahr erfolg­reich abge­schlos­sen werden. Zur Krönung heira­te­ten die Eltern Magda­le­na Lötscher und Franz Nieder­ber­ger in eben dieser neu erbau­ten Kapel­le. Lukas Nieder­ber­ger ist mitt­ler­wei­le 21 Jahre alt, ausge­bil­de­ter Schrei­ner und aktu­ell in seiner Zweit­aus­bil­dung zum Zimmer­mann. Was bedeu­tet es für ihn persön­lich, dass die Kapel­le nach ihm benannt ist? «Es ist mir eine Ehre und erfüllt mich schon ein wenig mit Stolz», antwor­tet er. Denn schliess­lich habe nicht jeder eine Kapel­le, die ihm gewid­met sei. Er und seine Fami­lie besu­chen jedes Jahr den Weih­nachts­got­tes­dienst hier in der Kapel­le. «Seit ich grös­ser bin, darf ich manch­mal auch die Lesung lesen.» Beim Alpgot­tes­dienst im Juli komme er auch immer auf die Sell­amatt und als sein Gotti vor drei­zehn Jahren hier oben heira­te­te, durf­te er die Ringe über­ge­ben: «Das war sehr emotio­nal für mich.» Gene­rell bedeu­tet ihm dieser Ort und die Umge­bung sehr viel: «Die Aussicht an diesem Pätz­li ist einfach einma­lig. Im Norden der ganze Alpstein und im Süden die Churfirsten.»

Aus dem «Frühchen» Lukas ist ein lebensfroher, junger Mann geworden.
Aus dem «Früh­chen» Lukas ist ein lebens­fro­her, junger Mann geworden.

«Es ist mir eine Ehre und ­erfüllt mich schon ein wenig mit Stolz.»

Markant und begehrt

Die mit markan­ten Natur­stei­nen gebau­te Berg­ka­pel­le ähnelt einem Tessi­ner Grot­to. Der quadra­ti­sche Baukör­per und der frei­ste­hen­de Turm stehen an ausge­zeich­ne­ter Lage auf einem Vorsprung an der Lich­tung beim Gast­haus Sell­amatt auf 1400 m ü. M. Der gross­zü­gi­ge Fens­ter­kranz lässt die bezau­bern­de Natur durch­bli­cken und der Innen­raum ist mit behag­li­chem Holz ausge­klei­det. Gebaut wurde die Berg­ka­pel­le von der Archi­tek­tur­ge­mein­schaft Güttin­ger und Busch­or aus Watt­wil. Das Berg­gast­haus Sell­amatt verwal­tet und pflegt die Kapel­le. Die Nach­fra­ge für Hoch­zei­ten, Taufen und immer mehr auch für Abdan­kungs­fei­ern ist gross. Letz­te­re bieten sich insbe­son­de­re an, weil es neben der Kapel­le einen unkon­ven­tio­nel­len Fried­hof für Natur­be­stat­tun­gen gibt. Die Asche der Verstor­be­nen wird in die Erde unter einen Fels­stein gestreut. «Auch für Chor­pro­ben ist die Kapel­le sehr gefragt, weil die Akus­tik ideal ist», ergänzt Franz, der selbst im loka­len «Chur­firs­ten­chör­li» mitsingt.

«Erin­ne­rungs­bänk­li»

Seit diesem Sommer hat dieser Ort für die Fami­lie Lötscher noch eine zusätz­li­che Bedeu­tung erhal­ten. Die Gross­mutter von Lukas ist im Früh­jahr verstor­ben und im August hat die Fami­lie in der Kapel­le ihren Abschied gefei­ert und eine Gedenk­stät­te für sie errich­tet. Auf der Anhö­he vor der Kapel­le umrah­men zwei «Erin­ne­rungs­bänk­li» diesen einzig­ar­ti­gen Platz mit einem Ahorn­baum und einem Brun­nen. Toch­ter und Schwie­ger­sohn der Verstor­be­nen sind sich einig: «Es wäre ihr vergönnt gewe­sen, noch ein biss­chen länger den Ruhe­stand genies­sen zu können. Sie war stets hier oben und hat jeden Tag im Betrieb gearbeitet.»

In Gedenken an Hanni Lötscher (Grossmutter von Lukas) ist diese Gedenkstätte mit zwei Erinnerungsbänkli entstanden.
In Geden­ken an Hanni Lötscher (Gross­mutter von Lukas) ist diese Gedenk­stät­te mit zwei Erin­ne­rungs­bänk­li entstanden.

Besinn­li­cher Ort

Ihr Able­ben erin­nert Magda­le­na und Franz auch daran, das eige­ne Leben bewusst zu genies­sen und auch mal inne­zu­hal­ten. Magda­le­na sagt: «Ich gehe gerne in die Kapel­le, um meinen Gedan­ken nach­zu­ge­hen oder zu beten. Ich mag die Stil­le hier.» Für Franz ist die Kapel­le ein Kraft­ort, wo er Ener­gie auftan­ken kann und Distanz zum Alltags­stru­del findet: «Ich stel­le mir manch­mal vor, wie mein Leben und mein Umfeld in zwan­zig Jahren wohl ausse­hen werden. Wenn man über weite Zeit­span­nen voraus- und zurück­schaut, werden die aktu­el­len Sorgen oft kleiner.»

Alp Sell­amatt 

Die Anrei­se mit öffent­li­chen Verkehrs­mit­teln führt mit der Bahn von Wil nach Ness­lau. Ab Ness­lau fährt das Post­au­to nach Alt St. Johann. Die Alp Sell­amatt erreicht man ganz­jäh­rig mit der Berg­bahn. Die Kombi-Bahn mit offe­nen Vierer­ses­seln und geschlos­se­nen Gondeln führt von Alt St. Johann in sechs Minu­ten auf die Sell­amatt (1400 m ü. M.). Während des Sommer­be­trie­bes ist die gebüh­ren­pflich­ti­ge Alps­tras­se bis zur Alp Sell­amatt gut fahr­bar. Die Berg­sta­ti­on befin­det sich unmit­tel­bar neben dem roll­stuhl­gän­gi­gen Berg­ho­tel Sellamatt. 

Wander­emp­feh­lung 

Ausgangs­punkt für diese mode­ra­te Wande­rung ist der kosten­lo­se Park­platz bei der Talsta­ti­on der Sallamatt-Bahn in Alt St. Johann. Von hier aus geht es in 25 Gehmi­nu­ten nach Unter­was­ser. Dann führt ein stün­di­ger Anstieg hinauf zum Schwen­di­see im Natur­schutz­ge­biet. Das Ufer des Schwen­di­sees ist von Schilf gesäumt und bietet an beiden Enden Grill­mög­lich­kei­ten. Weiter geht es über Hinter­seen entlang des Klang­we­ges via Ilti­os zur Alp Sell­amatt (1 h). Der Abstieg zurück nach Alt St. Johann ist mit der Sellamatt-Bahn oder über die Wander­rou­te Chueweid-Pfruendwald (1 h) möglich. 

High­lights

Schwen­di­see, Klang­weg, Berg­pan­ora­ma auf der Sell­amatt mit Blick auf Alpstein mit Säntis und Churfirsten. 

Höhen­dif­fe­renz

500 Höhen­me­ter

Reine Wander­zeit 

3,5 Stun­den inklu­si­ve Abstieg nach Alt ­St.­­ Johann

Text: Katja Hongler

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­licht: 25.9.2023

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