David Rüttimann steht vor einem grossen Abenteuer. Während dreier Jahre wird der St. Galler mit seiner Familie in Kenia leben und bei der Ausbildung von Fachkräften helfen.
Ende August 2023: David Rüttimann sitzt in seiner Werkstatt im Keller, den Lötkolben in der Hand. Es ist einer der wenigen Räume im Haus, die noch voll eingerichtet sind. Die Zimmer haben sich in den vergangenen Wochen nach und nach geleert. Der Hausrat wurde eingelagert. «Wir lassen alles auf uns zukommen und nehmen eines nach dem anderen», sagt Rüttimann und strahlt eine Ruhe und Gelassenheit aus, die erstaunt. Denn: Sein Leben wird sich bald grundlegend ändern. David Rüttimann wird für die kommenden drei Jahre in Kenia leben und vor Ort sein Wissen als Elektrotechniker weitergeben. «An der Basis. Dort, wo es auch wirklich gebraucht wird», sagt er. Als Entwicklungshelfer für das Schweizer Hilfswerk Comundo – entstanden aus der Bethlehem Mission Immensee – wird der 54-Jährige am North Coast Medical Training College Lehrkräfte in Facility Management und Medizinaltechnik ausbilden und unter anderem den Aufbau von Werkstätten begleiten. Der Grund: In Kenia fehlen Fachkräfte für die Wartung und Reparatur von medizinischen Geräten. «Die Gesundheitseinrichtungen sind zwar gut ausgerüstet, aber die Handhabung und Reparatur der Apparaturen stellt die Mitarbeitenden immer wieder vor Probleme», sagt Rüttimann. «Nicht nur, dass die Apparate dann nicht mehr zur Verfügung stehen, auch entstehen so Unmengen an Abfall.»
Leben mit den Einheimischen
Auf seinem Einsatz wird David Rüttimann von seiner Ehefrau und den beiden Kindern Anna, 15 Jahre, und Bram, 13 Jahre, begleitet. Physiotherapeutin Willemijn Rüttimann wird zu 50 Prozent am College bei der medizinischen Ausbildung mitwirken. Die Reise führt die Familie ins circa 80 Kilometer nördlich der Millionenstadt Mombasa gelegene Kilifi – eine Stadt am Indischen Ozean mit rund 31000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Der künftige Wohnort wurde bei einem Besuch im Februar sorgfältig ausgewählt, befindet sich unweit des künftigen Arbeitsplatzes und nahe einer internationalen Schule. «Wir wollten mit unseren Kindern nicht in die Grossstadt und auch nicht in einem Quartier wohnen, wo nur Ausländer oder Menschen mit weisser Hautfarbe leben.» Die Familie freut sich auf den Kontakt mit den «Locals». David Rüttimann lernt seit einem halben Jahr die Landessprache Swahili. «Die Sprache ist immer auch ein Türöffner.» Und für Rüttimann noch wichtiger: «Die Menschen in der Landessprache anzusprechen, hat für mich viel mit Respekt zu tun.»
Extreme Höhen und Tiefen
Zwei Koffer darf jedes Familienmitglied auf die Reise ins neue Leben mitnehmen. David Rüttimann hat zusätzlich noch Geräte und Werkzeuge aus der Schweiz im Gepäck. «Es gibt zwar alles in Kenia. Die Qualität ist allerdings nicht mit jener bei uns vergleichbar.» David Rüttimann und seine Frau wissen, dass der Umzug für die Kinder im Teenageralter nicht einfach ist. Sie sprechen die unterschiedliche Kultur an, die unbekannte Sprache, das ungewohnte Essen, die fehlenden Freunde. Diese Erfahrungen hat die Familie bereits einmal gemacht. Von 2014 bis 2016 waren die Rüttimanns in Simbabwe im Einsatz. «Wir wissen, dass es nicht immer einfach werden wird. Die Intensität der Gefühle wird sehr viel grösser sein. Es wird unheimlich viele Höhen und ebenso viele Tiefen geben.» Aber die vielen Erfahrungen würden alles wettmachen: „Es ist keine Einbahnstrasse. Wir werden viel aus dieser Zeit mitnehmen und von den Menschen dort lernen. Wir sehen es als Privileg, so tief in eine andere Kultur einzutauchen.»
Mittlerweile wurden auch die letzten an den Wänden verbliebenen Bilder im Einfamilienhaus in St. Gallen abgehängt. Am 11. September hiess es für die Rüttimanns: ab ins Flugzeug und hinein ins neue Leben.
Infos: www.comundo.org/kenia
Text: Alessia Pagani
Bild: Ana Kontoulis
Veröffentlichung: 28. September 2023