Eine Tasse Tee trinken, zusammensitzen und sich Geschichten aus dem Leben erzählen. «Das Bedürfnis, persönliche Geschichten zu hören und zu erzählen, ist gross», sagt Snjezana Gajski, kirchliche Sozialarbeiterin. 2024 moderiert sie in den Räumlichkeiten des Kirchlichen Sozialdienstes in Buchs fünf Erzählcafés.
Obwohl sich die Teilnehmenden bisher noch nicht kannten, entsteht bei einem Erzählcafé sehr schnell Gemeinschaft, die Lebensgeschichten verbinden», sagt Snjezana Gajski, Leiterin des Kirchlichen Sozialdienstes von Caritas St. Gallen-Appenzell und der Seelsorgeeinheit Werdenberg. «Das beeindruckt mich immer wieder. Meistens gehen die Gespräche schon nach kurzer Zeit in die Tiefe, es ist alles andere als Smalltalk.» Bei manchen Themen werde es emotional, auch Tränen seien schon geflossen – zum Beispiel bei den Themen Geschwister und Freundschaft.
Ohne Bewertungen
Seit 2021 bietet Snjezana Gajski in der Seelsorgeeinheit Werdenberg Erzählcafés an. Sie selbst ist ein grosser Fan der partizipativen Methode, die seit Ende der 1980er-Jahre in der Erwachsenenbildung und Sozialarbeit zum Einsatz kommt: «Anfangs dachte ich, dass ich als Moderatorin das Gespräch viel aktiver steuern müsste. Doch meistens genügt ein Einstieg und schon sprudelt es. Auch wer anfangs schüchtern oder zurückhaltend ist und einfach nur zuhört, bringt sich doch bald auch selber ein.» Viele schätzen es, erzählen zu können, ohne beurteilt oder bewertet zu werden. Denn das Kommentieren ist tabu: «Es gibt nur drei Regeln: Man hört dem anderen aufmerksam zu, alle dürfen erzählen und das Gesagte bleibt in der Gruppe.»
Gegenseitiges Verständnis
Bis zu fünfzehn Teilnehmende sind jeweils beim Erzählcafé dabei. «Darunter auch Männer», betont Snjezana Gajski. Einige Mitwirkende kommen immer wieder, trotzdem sei es jeweils eine ganz neue Gruppe, die sich auf das Thema einlässt. Mit ihrem Angebot will Gajski das gegenseitige Verständnis fördern: «Ich bin mit den Erzählcafés in der Corona-Zeit gestartet, da waren die Spannungen auch bei unseren Cafés deutlich spürbar.» Wer am Café teilnimmt, lerne andere Perspektiven kennen und bekomme so mit, wie andere ein Thema sehen oder welche Erfahrungen sie gemacht haben. Das einfache Erzählen und Zuhören stärke die Gesprächskultur. «Das Erzählcafé ermöglicht auch Biografiearbeit», hält die Sozialarbeiterin fest. Man setze sich mit der eigenen Vergangenheit auseinander: Was hat mich geprägt? «Es kann ein Impuls sein, sich selber neu zu betrachten und zu verstehen.»

Gesellschaftlicher Wandel
Jedes Erzählcafé beschäftigt sich mit einem anderen Thema. Die Themen seien so vielfältig wie die Teilnehmenden. Doch der gesellschaftliche Wandel zieht sich wie ein roter Faden durch das Programm. «In vielen Bereichen lassen sich tiefgreifende Veränderungen beobachten», so Gajski, «wir erkunden, wie der Wandel uns formt, herausfordert und bereichert.» So geht es zum Beispiel am 12. Januar um «Kirche gestern, heute und morgen» oder am 1. März um «Frauenwelten im Wandel». Gespannt ist Snjezana Gajski aber auch auf das Thema «Jugendliche», das im Mai auf dem Programm steht. Etwas wird 2024 neu: War die Sozialarbeiterin mit ihrem Erzählcafé bisher in den verschiedenen Pfarreien der Seelsorgeeinheit Werdenberg zu Gast, finden 2024 alle Erzählcafés zum Thema «Wandel» in den Räumlichkeiten des Kirchlichen Sozialdienstes in Buchs statt.
Maximal 15 Personen: Die Erzählcafés (19 bis 21 Uhr) werden jeweils in den Räumlichkeiten des Kirchlichen Sozialdienstes Zentrum Neuhof, Schingasse 2, Buchs angeboten. Der Eintritt ist frei. Die Teilnehmerzahl ist auf 15 Personen begrenzt. Weitere Infos und Anmeldung: www.kathwerdenberg.ch
Text: Stephan Sigg
Bild: Ana Kontoulis
Veröffentlicht: 02.01.2024