«Jedes Engagement ist essenziell»

Die Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on Fasten­ak­ti­on sieht die wach­sen­de Armut und Hitze­wel­len als gros­se ­Heraus­for­de­rung. Am ersten Akti­ons­fo­rum such­te unter ande­rem Lucre­zia Meier-Schatz, ehema­li­ge Natio­nal­rä­tin aus St. Peter­zell, Zukunftsstrategien.

Anfang Novem­ber lud das Stif­tungs­fo­rum des Hilfs­werks Fasten­ak­ti­on zum ersten Akti­ons­fo­rum in Solo­thurn ein. Rund 60 Perso­nen aus dem kirchen­na­hen Umfeld haben daran teil­ge­nom­men. Sie haben Einblick in die Arbeit von Fasten­ak­ti­on erhal­ten und über die aktu­el­len Heraus­for­de­run­gen gespro­chen sowie mögli­che Zukunfts­stra­te­gien konzi­piert. «Das Forum war sehr erfolg­reich. Es gab rege Diskus­sio­nen», sagt Lucre­zia Meier-Schatz. Die ehema­li­ge Natio­nal­rä­tin und frühe­re Präsi­den­tin der CVP/Die Mitte des Kantons St. Gallen ist seit 2006 Präsi­den­tin des Stif­tungs­fo­rums. Dieses ist zustän­dig für die Wahl der Stif­tungs­rä­tin­nen und Stif­tungs­rä­te und die Evalua­ti­on der Kampa­gnen. Im Stif­tungs­fo­rum sind zahl­rei­che katho­li­sche Orga­ni­sa­tio­nen vertre­ten. «Mit dem Akti­ons­fo­rum wollen wir näher an die vielen Menschen, die sich an der Basis für Fasten­ak­ti­on enga­gie­ren», so Meier-Schatz. Dabei geht es einer­seits um die Wissens­ver­mitt­lung, ande­rer­seits um den Austausch. «Das Akti­ons­fo­rum soll unse­re Botschaf­te­rin­nen und Botschaf­ter in ihrem Enga­ge­ment in den Kirch­ge­mein­den stär­ken. Sie sind unse­re Multiplikatoren.»

Umkämpf­ter Spendenmarkt

Fasten­ak­ti­on sieht sich seit Jahren mit dem Problem der welt­weit stei­gen­den Armut konfron­tiert. «Die Spen­den aus dem kirch­li­chen Umfeld reichen zur Finan­zie­rung der Projekt­ar­beit schon länger nicht mehr aus», sagt Lucre­zia Meier-Schatz. «Einer­seits spielt die Säku­la­ri­sie­rung im Sinne des Reli­gi­ons­ver­lus­tes und ande­rer­seits die immer weiter schwin­den­de Bedeu­tung der Reli­gi­on für den spür­ba­ren Spen­den­rück­gang aus kirch­li­chen Krei­sen eine Rolle.» Früher finan­zier­te Fasten­ak­ti­on ihre Projekt­ar­beit vor allem durch treue Spen­de­rin­nen und Spen­der. Älte­ren Gene­ra­tio­nen dürf­te das blau-violette Spen­den­säck­li von «Fasten­op­fer» noch in Erin­ne­rung sein. Dies hat sich gemäss Lucre­zia Meier-Schatz geän­dert. Heute habe sich das sozia­le Enga­ge­ment von insti­tu­ti­ons­ori­en­tier­ten Spen­den auf einzel­ne themen­spe­zi­fi­sche Projek­te verscho­ben, erklärt Meier-Schatz. «Die jünge­ren Gene­ra­tio­nen spen­den meist für Einzel­pro­jek­te und wollen sich, wie in vielen Lebens­la­gen, nicht binden oder auf eine einzel­ne Orga­ni­sa­ti­on konzen­trie­ren.» Lucre­zia Meier-Schatz wertet diese Entwick­lung nicht nega­tiv, sondern spricht von einer legi­ti­men Entschei­dung und ist über­zeugt: «Jedes gesell­schaft­li­che und sozia­le Enga­ge­ment ist essen­zi­ell.» Die Entwick­lung erfor­de­re von Fasten­ak­ti­on aller­dings ein Umden­ken. «Wir müssen die jünge­ren Menschen heute häufi­ger ausser­halb der kirch­li­chen Insti­tu­tio­nen anspre­chen und mehr­glei­sig fahren in der Kommunikation.»

In Bern lobbyieren

Als Bundes­par­la­men­ta­rie­rin war sich Lucre­zia Meier-Schatz gewöhnt, ihre Meinung zu vertre­ten. Ihre poli­ti­schen Erfah­run­gen setzt sie heute gezielt für Fasten­ak­ti­on ein. Das Schlag­wort hier lautet Lobby­ing. «Von den stän­di­gen poli­ti­schen Spar­be­mü­hun­gen des Parla­ments sind wir direkt betrof­fen», sagt Lucre­zia Meier-Schatz und spricht von einer riesi­gen Heraus­for­de­rung. «Wir brau­chen die Verbin­dun­gen ins Parla­ment, um den Scha­den für uns so gering wie möglich zu halten.» Sorgen berei­tet Lucre­zia Meier-Schatz die Stra­te­gie Inter­na­tio­na­le Zusam­men­ar­beit des Bundes­ra­tes. Dieser wird die Botschaft für die Jahre 2025 bis 2028 in den kommen­den Mona­ten dem Parla­ment unter­brei­ten. «Er schlägt vor, dass ein substan­zi­el­ler Teil der Gelder, 1,5 Milli­ar­den Fran­ken, also ganze 13 Prozent, die bis anhin für die Entwick­lungs­hil­fe im Süden reser­viert waren, zuguns­ten der Ukrai­ne reser­viert werden. Für die ärms­ten Länder  ist dies verhee­rend, auch für unse­re Program­me, da weni­ger Geld von der DEZA (Anm. der Red.: Direk­ti­on für Entwick­lung und Zusam­men­ar­beit) zur Verfü­gung steht», erklärt Lucre­zia Meier-Schatz und unter­streicht: «Gelder für die Unter­stüt­zung der Ukrai­ne müssen gespro­chen werden, dürfen aber nicht aus dem Topf, der für die Projek­te der Inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­beit im Süden vorge­se­hen ist, entnom­men werden.»

Einsatz nicht gefährden

In den kommen­den Wochen wird Fasten­ak­ti­on die Stra­te­gie für die Jahre 2024 bis 2028 fest­le­gen. Die Länder­pro­gram­me, die syste­ma­tisch evalu­iert werden, sowie die Kampa­gnen  stehen, ange­sichts der erwähn­ten Heraus­for­de­run­gen, im Fokus. «Wir müssen sicher­stel­len, dass wir mit unse­rem Enga­ge­ment die Wirkung errei­chen, die die Lebens­qua­li­tät der Ärms­ten nach­hal­tig verbes­sert, und wir weiter­hin ein verläss­li­cher Part­ner für unse­re Part­ner­or­ga­ni­sa­tio­nen im Süden blei­ben.» Auch die Suche nach neuen Part­ner­schaf­ten wird die Verant­wort­li­chen in Zukunft beschäf­ti­gen. Für Lucre­zia Meier-Schatz ist klar: «Wir müssen wieder mehr die Gemein­schaft fördern in einer Zeit, in der der Indi­vi­dua­lis­mus Vorhand hat.» In den kommen­den Jahren sollen wieder Aktions­foren statt­fin­den. Die Heraus­for­de­run­gen für Fasten­ak­ti­on werden indes blei­ben. Aber Lucre­zia Meier-Schatz blickt posi­tiv in die Zukunft. Sie weiss: «Die Spen­den­be­reit­schaft in der Schweiz ist nach wie vor gross und dafür sind wir dank­bar.» Fasten­ak­ti­on hat 2022 Spen­den und Beiträ­ge in Höhe von rund 24 Millio­nen Fran­ken, davon 8 Millio­nen aus der öffent­li­chen Hand (u. a. DEZA), erhal­ten und in ihren 12 Länder­pro­gram­men 338 Projek­te unter­stützt. Mit ihrem Enga­ge­ment konn­te sie die Lebens­qua­li­tät von 2,5 Millio­nen Menschen errei­chen, 58 Prozent waren Frauen.

Text: Ales­sia Paga­ni
Bild: Ana Kontou­lis
Veröf­fent­li­chung: 10. Janu­ar 2024

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