Ostern kommt vor Weihnacht

Erst wurde geglaubt, dann weiter­erzählt, dann aufge­schrie­ben; dies die Kurz­fassung, wie die Schrif­ten des Neuen Testa­men­tes entstan­den. Dass Jesus ­aufer­weckt wurde, hatte sich herum­gesprochen. Erst waren es die Frau­en, ­allen voran Maria von Magda­la, die Apos­te­lin der Apos­tel, die davon erzähl­ten: Jesus lebt.

Nach­dem die Männer ins leere Grab schau­ten und Jesus ihnen erschien, verstan­den auch sie. Sie began­nen zu erzäh­len; von ihren Erfah­run­gen, von ihren Begeg­nun­gen, selbst von ihrem Versa­gen. In den Erzäh­lun­gen wurden seine Worte und seine Taten leben­dig. Jeden­falls – die Aufer­ste­hung Jesu geht den Erzäh­lun­gen über seine Geburt voraus. Ostern kommt vor Weihnachten.

Bild von Jesus geformt

Was sich herum­ge­spro­chen hatte, wurde nach und nach gesam­melt und aufge­schrie­ben. Markus, Matthä­us, Lukas und Johan­nes erzäh­len unter­schied­lich von Jesus. Zu ihnen gesellt sich ­Paulus mit seiner eige­nen Erfah­rung der Begeg­nung mit dem Aufer­stan­de­nen. Mein Bild von Jesus wurde geformt von jenen, die an ihn glaub­ten, die ihm glaub­ten. Jesus lässt sich nicht tren­nen von jenen, die von ihm erzähl­ten. Jesus lässt sich nicht tren­nen von der erzäh­len­den Gemein­de. Er lässt sich nicht tren­nen von der Kirche. Geglaubt, weiter­erzählt, aufge­schrie­ben – nehme ich diese Reihen­fol­ge ernst, kann ich keinen ursprüng­li­chen ­Jesus, losge­löst von jenen, die von ihm erzähl­ten, heraus­de­stil­lie­ren. Er ist Teil der Gemein­schaft, die von ihm erzählt.

Dazu gehö­re auch ich. Wie ich von Jesus erzäh­le, so wird er bei den Menschen um mich herum lebendig.

Text: Erich Gunt­li, Pfar­rer der Seel­sor­ge­ein­heit Werdenberg

Bild: zVg

Veröf­fent­li­chung: 11. April 2025

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