Wer sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, hat Recht auf Unterstützung, Respekt und Zuwendung, sagt der Schweizerische Katholische Frauenbund. Damit reagiert er auf Entwicklungen rund um den Globus und eine umstrittene Aussage von Papst Franziskus.
«Jede Frau, die sich trotz Notlage für die Mutterschaft entscheidet, die ein ungeplantes Kind zur Welt bringt, aber auch jede Frau, die einen Schwangerschaftsabbruch vornimmt, hat Anspruch auf Unterstützung der Gesellschaft, Respekt, Begleitung und Zuwendung. Dies ist eine Grundforderung christlicher Nächstenliebe.» Mit diesen Worten reagiert der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) auf die Aussage von Papst Franziskus im Juli, in der dieser Abtreibung mit Auftragsmord verglich. «Wir müssen uns entschieden gegen die Anspruchshaltung stellen, über den weiblichen Körper bestimmen zu können», begründet Sarah Paciarelli, Mediensprecherin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds (SKF), die deutlichen Worte des Verbandes. «Das Recht auf Selbstbestimmung haben sich die Frauen in über hundert Jahren erkämpft. Dass dieses fragil ist, zeigen uns aber Entwicklungen wie in den USA, wo nun das Recht auf Abtreibung ausser Kraft gesetzt wurde.»
Kriminalisiert und stigmatisiert
In seiner Stellungnahme bezeichnete der SKF die Aussage des Papstes zudem als «schockierend». «Schockierend, weil die Not der Frauen, die sich für eine Abtreibung entscheiden, verkannt wird. Keine Frau entscheidet sich leichtfertig für diesen Schritt», sagt Sarah Paciarelli. «Solche Aussagen führen einzig dazu, dass betroffene Frauen kriminalisiert und stigmatisiert werden.»

Zwei Initiativen lanciert
Dass das Recht auf Selbstbestimmung nicht selbstverständlich ist, zeigen nicht nur Entwicklungen in den USA, sondern auch in Europa und selbst in der Schweiz. In Polen dürfen Frauen nur bei Todesgefahr, nach einer Vergewaltigung oder Inzest einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen. Das polnische Abtreibungsgesetz gehört zu den strengsten in Europa. In der Schweiz wurden aktuell mit «Lebensfähige Babys retten» und «Einmal darüber schlafen» zwei Initiativen lanciert, die die Fristenlösung in der Schweiz beschneiden wollen. Die Fristenlösung gilt in der Schweiz seit 2002 und überlässt den Entscheid über eine Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche der Frau. Zur Diskussion stand ausserdem die Herzschlag-Initiative, die in der Schweiz ein Abtreibungsverbot nach der sechsten Schwangerschaftswoche vorsah. Allerdings wurde dieses Vorhaben vorerst zurückgezogen.
Solidaritätsfond gegründet
Dass sich Frauen meist nicht leichtfertig für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, zeigen auch die Zahlen des Bundesamtes für Statistik. In der Schweiz nehmen sechs von 1000 Frauen einen Schwangerschaftsabbruch vor. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört die Schweiz damit zu den Ländern mit den niedrigsten Abtreibungsraten. Seit 2001 ist für den SKF daher klar, dass er den Entscheid der Frau überlassen möchte. Noch vor Einführung der Fristenlösung hielt er dies in seinem Positionspapier fest. In den 1970er-Jahren gründete der SKF auch den Solidaritätsfond für Mutter und Kind. Dieser wurde laut Sarah Paciarelli als Reaktion darauf gegründet, dass damals die erste Abstimmung für eine Fristenregelung scheiterte. «So konnten Mütter, die in Not geraten waren, finanzielle Unterstützung beantragen», sagt sie. Den Fonds gibt es noch. In der Ostschweiz finden Frauen in unterschiedlichsten Situationen zudem bei dem Beratungsangebot «Mütter in Not» der SKF-Sektion St. Gallen-Appenzell eine Anlaufstelle. «Aus katholischer Sicht setzen wir uns natürlich und in erster Linie für den Schutz von ungeborenem Leben ein», sagt Sarah Paciarelli. «Aber es gibt Situationen, in denen sich Frauen für eine Abtreibung entscheiden. Das gilt es zu respektieren.»
Text: Nina Rudnicki
Bilder: zVg. / pixabay.com
Veröffentlichung: 26. August 2022