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«Ich muss mich nie alleine fühlen.»

Lore­na Torres steht kurz vor der Matu­ra. In ihrer Matu­ra­ar­beit unter­sucht die Tüba­che­rin den Nutzen des Glau­bens auf Thera­pien. Ein Thema, das ihr ­persön­lich sehr am Herzen liegt.

Ein Schreib­tisch, ein Bücher­re­gal, ein Bett – alles schön ordent­lich drapiert und aufge­räumt: Das Zimmer von Lore­na Torres sieht aus wie das vieler Kanti­schü­le­rin­nen. Hier hat die 18-Jährige in den vergan­ge­nen Mona­ten viele Stun­den verbracht, hat unzäh­li­ge Bücher, unter ande­rem von Anselm Grün, gele­sen, hat Inter­views mit Spital­seel­sor­gern tran­skri­biert und Zeile um Zeile auf ihrem Compu­ter geschrie­ben. Heraus­ge­kom­men ist eine Matu­ra­ar­beit mit dem Titel «Theo­lo­gie und Psycho­lo­gie: Wie der Glau­be unter­stüt­zend sein kann in der Thera­pie». Mit der Arbeit will Lore­na zeigen, wie der Glau­be in schwie­ri­gen Situa­tio­nen Hoff­nung geben kann. «Gott ist immer da, egal in welchem Tief ich gera­de stecke. Ich muss mich nie allei­ne fühlen.»

Persön­li­che Erfah­run­gen prägen

Lore­na Torres besucht die Kantons­schu­le am Burg­gra­ben in St. Gallen und schliesst das Gymna­si­um im Sommer ab. In der Frei­zeit ist sie gerne in der Natur unter­wegs und macht viel Sport. Erst kürz­lich hat sie Pila­tes für sich entdeckt. Zudem ist sie sehr musi­ka­lisch, spielt Cello und singt. Sie ist eine aufge­stell­te, sympa­thi­sche, junge Frau. Beim Inter­view lacht sie viel. Die Stim­mung ist ausge­las­sen. Aber Lore­na hatte, wie viele ande­re junge Menschen, auch weni­ger gute Tage. In solchen Momen­ten habe sie gemerkt, wie der Glau­be tragend sein kann. «Er gibt mir Orien­tie­rung und Unter­stüt­zung. Und neue Kraft in mir. Ich kann immer wieder zu Jesus kommen und mit ihm spre­chen.» Lore­na weiss, dass der Glau­be kein Allzweck­mit­tel gegen Verstim­mun­gen ist, «aber er kann uns eine ande­re Sicht­wei­se auf die Dinge geben. Wich­tig ist, dass ein Pati­ent bezie­hungs­wei­se eine Klien­tin offen ist, diese Perspek­ti­ve wahr­zu­neh­men». Lore­na Torres persön­lich fiel das nicht schwer. Dies ist wenig verwun­der­lich. Der Glau­be spielt seit jeher eine bedeu­ten­de Rolle in ihrem ­Leben. Sie ist in der Adoray-Bewegung in St. Gallen und Mitglied der Schönstatt-Jugend. Mitt­ler­wei­le ist sie dort in der ­Lager­lei­tung aktiv. Und auch ihre nahe Zukunft plant sie bei der katho­li­schen Kirche St. Gallen. Im Sommer star­tet sie ein Prak­ti­kum in der Admi­nis­tra­ti­on der flade und im Sekre­ta­ri­at der Dompfar­rei. «Ich freue mich sehr darauf.»

Inter­es­se aus dem Umfeld

In ihrer Matu­ra­ar­beit, die mit einer Best­no­te bewer­tet wurde, thema­ti­siert Lore­na Torres auch den sozia­len Aspekt des Glau­bens: «Glau­be hat immer auch mit Gemein­schaft zu tun. Wenn ich mich wohl­füh­le in einer Gemein­schaft, kann das posi­tiv wirken.» Lore­na Torres steht offen zu ihrem Glau­ben. Sie ist sich bewusst, dass das nicht nur auf Verständ­nis stösst. «Viele haben mitt­ler­wei­le eine nega­ti­ve Einstel­lung zur Kirche. Das ist scha­de.» Wie haben denn die Mitschü­le­rin­nen und Mitschü­ler auf die Themen­wahl reagiert? Lore­na Torres ­lächelt: «Es war sehr inter­es­sant. Viele in meinem Umfeld sind nicht reli­gi­ös, aber genau sie waren inter­es­siert und haben viele Fragen gestellt. Das finde ich natür­lich cool und wirkt moti­vie­rend.» Etwas unter­schei­det das ­Zimmer von Lore­na Torres dann eben doch von dem vieler Kanti­schülerinnen: Auf dem Pult liegt eine Bibel – ihre Mega­quelle: «Bei wich­ti­gen Entschei­dun­gen schla­ge ich sie auf und lese passen­de Bibelstellen.»

Text: Ales­sia Paga­ni
Bild: Urs Bucher
Veröf­fent­li­chung: 28. März 2025

«Ich empfinde meine jetzige Arbeit als sinnvoller.»

Nach einer Über­las­tungs­kri­se beschliesst Martin Rusch, seine Selbst­stän­dig­keit aufzu­ge­ben und Seel­sor­ger zu werden. Den Entschluss hat er nie bereut — im Gegenteil.

«Ich habe meine Arbeit sehr gerne gemacht. Was das betrifft, hätte ich keinen Wech­sel gebraucht», sagt Martin Rusch. Der gelern­te Schrei­ner hat die Holz­fach­schu­le in Biel absol­viert und sich im Jahr 2000 mit einem Planungs­büro für Archi­tek­tur und Innen­ar­chi­tek­tur selbst­stän­dig gemacht. In der Frei­zeit enga­gier­te sich Martin Rusch in der Berg­ret­tung, war ab 2000 als Obmann für die Einsatz­lei­tung zustän­dig. Was viele sich wünschen, wurde dem heute 51-Jährigen irgend­wann zu viel: der beruf­liche Erfolg. Mitten im Berufs­le­ben stehend, erlitt Martin Rusch 2006 eine Überlastungs­krise und spür­te, dass es mehr gibt als volle Auftragsbücher.

Dank­bar­keit überwiegt

Beim Inter­view sitzt Martin Rusch in einem Café in St. Gallen. Man merkt ihm an, dass er glück­lich ist und nicht mit dem Schick­sal hadert: «Die ganze Sache hatte viel Posi­ti­ves. Es ist gut so, wie es jetzt ist. Ich empfin­de meine jetzi­ge Arbeit als sinn­vol­ler.» Martin Rusch hat nach der Zwangs­ar­beits­pau­se umge­sat­telt: Gemein­sam mit seiner Frau hat er 2008 den vier­jäh­ri­gen Studi­en­gang Theo­lo­gie am Theologisch-pastoralen Bildungs­in­sti­tut in Zürich begon­nen. Von 2013 bis 2018 häng­te er ein Studi­um an der Theo­lo­gi­schen Hoch­schu­le in Chur an. «Im ersten Moment war das schon viel, aber es hat mir so gut gefal­len. Es hat einfach so sein müssen.» Im Jahr 2022 wurde Martin Rusch zum Diakon geweiht. Heute beglei­tet der zwei­fa­che Vater im Regens­amt des ­Bistums St. Gallen ange­hen­de Pries­ter, Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­ger oder Reli­gi­ons­päd­ago­gin­nen und ‑pädago­gen bei der Aus- und Weiter­bil­dung. «Ich bin einfach nur dank­bar, dass alles so gekom­men ist.» Seinen Sinn hat er darin gefun­den, die christ­li­che Botschaft mit den Mitmen­schen zu teilen und mit diesen unter­wegs zu sein.

Drei tragen­de Elemente

Unter­stüt­zung erhielt Martin Rusch stets von ­seiner Frau und den beiden Söhnen. «Es gab in all ­diesen Jahren drei Sachen, die mich aufge­fan­gen haben: eine tolle Frau und tolle Kinder bezie­hungs­wei­se Freun­de, tolle Ärzte und ein toller Glau­be.» Das Planungs­bü­ro konn­te Martin Rusch mitt­ler­wei­le seinem Mitar­bei­ter über­ge­ben. Für den Inner­r­höd­ler ein Glücks­fall. «Es ist schön zu wissen, dass es weiter­geht und dass das Unter­neh­men in guten Händen ist.» Rein­re­den möch­te er ihm nicht. Martin Rusch schaut nicht mehr zurück. Im Gegen­teil. Er freut sich auf alles, was kommt, beruf­lich und mit seinen Liebs­ten und Bekann­ten. «Wenn ich mit etwas abge­schlos­sen habe, dann habe ich abge­schlos­sen. Das war schon immer so.» 

Text: Ales­sia Paga­ni
Bild: ­Roger Fuchs
Veröf­fent­li­chung: 25. März 2025

«Und plötzlich merkt man: Das Leben bezieht sich nicht nur auf Leistung»

Renzo Andrea­ni war glück­lich in seinem Job und hätte ihn gerne noch länger ­gemacht. Doch nicht er selber, sondern ­ande­re haben entschie­den: 2019 wurde der heute 67-Jährige über­ra­schend als Gemein­de­prä­si­dent abgewählt.

Er muss­te inner­halb von knapp zwei Mona­ten seinen Schreib­tisch räumen, stand plötz­lich und unge­wollt ohne Berufs­all­tag da: Renzo Andrea­ni wird den 17. März 2019 nie mehr verges­sen. An diesem Tag wurde er uner­war­tet abge­wählt als Gemein­de­prä­si­dent von Heris­au. Die Stimm­be­rech­tig­ten bevor­zug­ten einen in der Gemein­de kaum bekann­ten Verwal­tungs­mit­ar­bei­ter – quasi ein Ange­stell­ter Andreanis.

Lied hilft aus dem ersten Tief

Für den Abge­wähl­ten, aber auch für sein nahes Umfeld kam alles völlig über­ra­schend. «Es war, als würde ich mit dem Auto gegen eine Beton­wand fahren. Es hat eine Zeit gebraucht, bis ich das einord­nen konn­te», sagt Andrea­ni rück­bli­ckend. Rich­tig reali­siert habe er seine Abwahl aber erst abends im Bett. «Als es ruhig um mich herum wurde und ich alles sacken lassen konn­te.» Im ersten Moment hat ihn vor allem seine Frau aufge­fan­gen. Sie war für ihn da und hatte ein offe­nes Ohr. Und sie hatte ein Lied parat für den gläu­bi­gen Chris­ten: «Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand» von Arno Pötzsch. Es hat Renzo Andrea­ni aus dem ersten Tief heraus­ge­holt. Er sagt: «In Krisen­mo­men­ten kommt man Gott wieder näher.»

«Defi­nie­ren uns über Leistung»

Von hundert unge­wollt auf null. Renzo Andrea­ni muss­te zwangs­läu­fig einen ganz neuen Weg einschla­gen. Die Mona­te nach der Abwahl waren schwie­rig für den 67-Jährigen. «Menschen und ich denke vor allem wir Männer defi­nie­ren uns gerne über unse­re Leis­tung. Wenn man so etwas erlebt, ist das nicht einfach. Es hat fast ein Jahr gedau­ert, bis ich wieder Tritt ge­funden habe und zuver­sicht­lich nach vorne blicken konn­te.» Ganz offen spricht er heute über diese Zeit und seine dama­li­ge Gefühls­la­ge. «Mitt­ler­wei­le kann ich das gut. Das war nicht immer der Fall.»

Renzo Andrea­ni, ehema­li­ger Gemein­de­prä­si­dent von Herisau

Neue Aufga­ben übernommen

Wie schwer ihm die Abwahl anfangs fiel, zeigt ein erstes kurzes State­ment in der Appen­zel­ler Zeitung: Er müsse das Resul­tat zuerst verar­bei­ten und sich Gedan­ken über seine Zukunft machen. Mitt­ler­wei­le hat er diese wieder gestal­tet und verplant: Der gelern­te Archi­tekt arbei­tet heute als Bera­ter im Immo­bi­li­en­be­reich. Seit zwei Jahren ist er stell­ver­tre­ten­der Präsi­dent der refor­mier­ten Kirch­ge­mein­de Appen­zel­ler ­Hinter­land und hat in dieser Funk­ti­on bei der Fusi­on von vier Kirch­ge­mein­den mitge­hol­fen. Ausser­dem ist er Mitglied im Kantons­rat Appenzell-Ausser­rhoden. Renzo Andrea­ni liebt es, mitzu­ge­stal­ten und mitzu­den­ken. Gerne hätte er noch vier Jahre als Gemein­de­prä­si­dent ange­hängt und Projek­te voran­ge­trie­ben. Es lag nicht in seiner Hand.

Frage nach dem Wesentlichen

Heute, mit mehre­ren Jahren Abstand, ist Renzo Andrea­ni glück­lich, so wie es ist, und spricht vom Besten, das ihm hätte passie­ren können. «Wir arbei­ten, gehen voran und immer läuft alles gut. Manch­mal vergisst man da das Wesent­li­che», sagt er und fährt fort: «Nach der Abwahl war ich gezwun­gen, meinen Werte­ka­ta­log zu hinter­fra­gen und zu über­le­gen, was denn für mich wich­ti­ge Werte sind – nämlich Fami­lie und Freun­de. Ich habe wieder einmal gelernt, dass Bezie­hun­gen das Wich­tigs­te sind. Und plötz­lich merkt man: Das Leben bezieht sich nicht nur auf Leis­tung.» Mitt­ler­wei­le nimmt Renzo Andrea­ni das Leben etwas ruhi­ger: Er geniesst seine zusätz­li­chen Stun­den Frei­zeit, verreist in den Sommer­mo­na­ten mit seiner Frau und geht gerne mit ihr in den Alpstein. «Ich liebe und schät­ze es, Gross­va­ter zu sein und Zeit mit der Fami­lie und meiner Frau zu verbrin­gen», sagt er. Mit sechs Kindern und fünf Enkel­kin­dern geht Renzo ­Andrea­ni hier die «Arbeit» nicht so schnell aus. 

Text: Ales­sia Paga­ni
Bild: Urs Bucher
Veröf­fent­li­chung: 25. März 2025

«Hans ist heute mein bester Weber»

Susan­ne und Hans Sutter-Wartenweiler aus Degers­heim führen im Klos­ter Magden­au ein ­eige­nes Webate­lier. Als sie mit 60 Jahren plötz­lich ohne Job daste­hen, erfül­len sie sich diesen lang­jäh­ri­gen Wunsch. Weben helfe einem gera­de auch in Krisen­si­tua­tio­nen, sagen sie.

Susan­ne Sutter-Wartenweiler öffnet eine der vielen Türen im Kreuz­gang des Klos­ters Magden­au. Schon steht sie mitten in ihrem Webate­lier, das sie zusam­men mit ihrem Mann Hans betreibt. Garn in allen Farben, Geschirr­tü­cher mit den Namen «Mond­licht», «Tulpen­feld» und «Geburts­tag, alle Freun­de sind gekom­men», selbst gemach­te Hemden, Schals und vieles mehr leuch­ten einem entge­gen. Der Blick fällt durch die Fens­ter in den Klos­ter­gar­ten. «­Jeden Monat gibt’s draus­sen im Garten ande­re Farben, die mich während des Webens inspi­rie­ren», sagt die 77-Jährige. Acht Webstüh­le, darun­ter moder­ne Model­le sowie über hundert­jäh­ri­ge histo­ri­sche Exem­pla­re, stehen in den drei Räumen des Webate­liers. Weben ist für Susan­ne Sutter-Wartenweiler etwas, das sich durch ihr ganzes Leben zieht und das Körper, Seele und Geist in Einklang bringt. Es ist eine Tätig­keit, die sie selbst in schwie­ri­gen Lebens­si­tua­tio­nen geret­tet hat und mit der sie ande­ren durch Krisen hilft. Das Webate­lier in Magden­au besu­chen nebst hand­werk­lich inter­es­sier­ten Perso­nen etwa auch Menschen, die von einem Burn-out betrof­fen sind oder die eine Sucht­er­kran­kung haben. «Wenn man das Gefühl hat, nichts mehr in seinem Leben auf die Reihe zu brin­gen und dass nichts mehr klappt, kann es unge­mein helfen, wenn man auf einmal so etwas Schö­nes wie ein Stück Stoff selbst herstellt», sagt sie.

Weben am Treppengeländer

Susan­ne Sutter-Wartenweiler ist fünf Jahre alt, als ihre Mutter einen klei­nen Webstuhl geschenkt bekommt. «Es war mein gröss­ter Wunsch, diesen zu benut­zen, aber das erlaub­te mir meine Mutter nicht», sagt sie und erzählt, wie sie daher am Trep­pen­ge­län­der Schnü­re spann­te und an diesen webte. Später als junge Frau bringt sie sich das Weben selber bei, macht eine Ausbil­dung zur Sozi­al­päd­ago­gin und anschlies­send zur Logo­therapeutin. Ob in Alters­hei­men, Insti­tu­tio­nen für Menschen mit einer Behin­de­rung oder für Menschen mit einer Sucht­er­kran­kung: Stets merkt sie, dass das Weben eine beru­hi­gen­de ­Wirkung auf die jewei­li­gen Perso­nen hat und diese zufrie­den macht. «Durch meine eige­ne Geschich­te konn­te ich mich immer in Menschen ­hinein­ver­set­zen, die sich in heraus­for­dern­den ­Lebens­si­tua­tio­nen befan­den», sagt sie.

In eine solche Situa­ti­on gerät auch Susan­ne Sutter-­Wartenweiler unver­mit­telt nach der Geburt ihres drit­ten Kindes. Die Plazen­ta löst sich nicht und muss opera­tiv während einer Voll­nar­ko­se entfernt werden. Am Ende der Narko­se beginnt Susan­ne Sutter-Wartenweiler nicht, selbstständig zu atmen. Rund zwei­ein­halb Minu­ten dauert es, bis sie wieder mit Sauer­stoff versorgt ist. «In diesem Moment hatte ich eine Nahtod­erfah­rung. Ich schweb­te über mir und sah mich selbst. Dann erblick­te ich die Buch­sta­ben des Wortes «Jesus» in falscher Reihen­fol­ge vor mir und konn­te sie nicht ordnen. Und eine Stim­me frag­te mich stän­dig nach dem Sinn. Aber ich konn­te keinen Sinn sehen, in nichts», sagt Susan­ne Sutter-Wartenweiler, die in Degers­heim in einer evangelisch-reformierten ­Fami­lie aufge­wach­sen ist und in deren Leben der Glau­be immer eine gros­se Rolle gespielt hat.

Den Sinn wiederfinden

Das Gefühl der Sinn­lo­sig­keit zieht sich durch die Wochen nach der Geburt und wird stär­ker. «­Wickeln, kochen, essen, putzen und das pausen­los», sagt sie. Eines Nachts steht sie auf dem Balkon und möch­te sich hinun­ter­stür­zen. «Da bat ich Gott um ein Zeichen, dass alles bald besser wird.» Am nächs­ten Morgen klin­gelt es. Vor der Haus­tü­re steht ein Mitglie­der der Heils­ar­mee. «Ich erzähl­te ihm alles, etwa wie schlecht es mir ging und dass ich den Sinn im Leben verlo­ren ­hätte», sagt sie. Der Mann habe sich aber kaum für ihre Geschich­te inter­es­siert. Er habe bloss gesagt, wenn es ihr so schlecht gehe, solle sie doch einfach mal ans Kreuz schau­en. Dort sei einer, der genau der Sinn­fra­ge wegen gestor­ben sei. «Danach ging es mir immer besser. Und nach 14 Tagen frag­te mich mein Mann, was nur passiert sei. Ich sei wie ausge­wech­selt. Der Grund dafür war, dass Gott mich klei­nen Menschen mit meiner Not tatsäch­lich gese­hen hatte.»

Ein gemein­sa­mes Projekt

Als beide 55 Jahre alt sind, bekom­men Susan­ne und Hans Sutter-Wartenweiler die Leitung des Hotels Pensi­on Heime­li in Hemberg des Verban­des für christ­li­che Hotels in der Schweiz ange­bo­ten. «Wir haben das einfach gewagt, weil wir uns schon immer nach einem gemein­sa­men Projekt gesehnt haben», sagt Susan­ne Sutter-Wartenweiler. Einer­seits sei es ein klas­si­sches Semi­nar­ho­tel gewe­sen. Ande­rer­seits ein Ort, an dem etwa Menschen mit einer Behin­de­rung gemein­sam die Feier­ta­ge über Weih­nach­ten und Ostern verbrin­gen konnten.

Mit 60 Jahren ohne Arbeit

Nach fünf Jahren, an Weih­nach­ten 2007, muss­ten Susan­ne und Hans Sutter-Wartenweiler ihren Gästen mittei­len, dass das Hotel verkauft worden sei und in Kürze geschlos­sen werde. «Das war ein sehr schwe­rer Moment. Die Gäste, die teils seit Jahren dort hinka­men, waren betrof­fen und trau­rig. Und ich und mein Mann stan­den mit 60 Jahren ohne Arbeit da», sagt sie. «Ich fand dann, es sei viel­leicht einfach der passen­de Moment, einen Traum wahr werden zu lassen und ein eige­nes Webate­lier zu grün­den.» Dieses rich­ten sie zunächst in Degers­heim ein. Bald spricht sie eine Bekann­te darauf an, dass die Schwes­tern im Klos­ter Magden­au seit Langem nach jeman­dem suchen, der den histo­ri­schen Webstuhl flicken und betrei­ben kann, und ob sie das nicht tun wolle. «Ich woll­te nicht. Aber ich ging dann des Frie­dens willen im Klos­ter Magden­au vorbei», sagt sie.

Der Ort, die Räume und der Blick in den blühen­den Klos­ter­gar­ten: Susan­ne und Hans Sutter-Wartenweiler sind sofort begeis­tert und ziehen 2017 mit ihrem Webate­lier ins Klos­ter. «Schwes­ter Rafae­la erzähl­te mir, dass sie acht Jahre lang ­gebe­tet habe, um jeman­den für den histo­ri­schen Webstuhl zu finden», sagt sie. Seit­her ist das Webate­lier jeden Mitt­woch oder nach Abspra­che auch an ande­ren Tagen für alle Inter­es­sier­ten geöff­net. Ein Halb­tag kostet 25 Fran­ken, hinzu kommen die Mate­ri­al­kos­ten wie etwa für Garn. Bevor die Teil­neh­men­den eintref­fen, rich­ten Susan­ne und Hans Sutter-Wartenweiler die Webstüh­le jeweils ein und ziehen die Fäden auf. «Ich liebe diese Vorbe­rei­tun­gen, denn alles muss perfekt sein», sagt sie.

Das Leben so nehmen

Ihren Mann Hans bezeich­net Susan­ne Sutter-Wartenweiler als ihren besten Weber. Auch an diesem Morgen sitzt er konzen­triert an einem Stück Stoff oder behebt tech­ni­sche Proble­me an den Webstüh­len. Einmal löst sich ein Gewicht an einem der Rahmen und muss wieder einge­hängt werden. Ein ande­res Mal hilft er einer Teil­neh­me­rin beim Umspan­nen. Diese erzählt, wie sie die Visi­ten­kar­te des Webate­liers zwei Jahre lang aufbe­wahrt habe, bis sie sich endlich die Mitt­woch­mor­gen fürs Weben habe frei­schaf­fen können. Am Nach­mit­tag hat sich zudem noch eine Ärztin aus München ange­kün­digt, die gleich an vier aufein­an­der­fol­gen­den Tagen in Magden­au weben möch­te. «Wir sind 77 Jahre alt. Unse­re Produk­te laufen im Klos­ter­la­den so gut, dass wir mit Weben kaum nach­kom­men», sagt Susan­ne Sutter-Wartenweiler. «Wir machen das, was uns glück­lich macht. Dafür muss man das Leben so nehmen, wie es kommt, und Vertrau­en haben», sagt sie und nennt zum Abschied einen gros­sen Wunsch: dass sich bald eine Nach­fol­ge fürs Webate­lier findet. «Denn das ist in der heuti­gen Zeit gar nicht so einfach.»

www.kloster-magdenau.ch/Magdenau-besuchen/Webatelier/

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 21. März 2025

Film «Die Heldin»: «Man ­leidet mit»

Der Film «Heldin» nimmt die Zuschaue­rin­nen und Zuschau­er mit auf die stres­si­ge Nacht­schicht einer Pfle­ge­fach­frau. Der St. Galler Spital­seel­sor­ger Sepp Koller erklärt, wie nahe der Film wirk­lich an der Reali­tät ist.

Sie hetzt von einem Pati­en­ten zum nächs­ten, verab­reicht hier ein Medi­ka­ment, hat dort ein offe­nes Ohr: Im Film «Heldin» der Regis­seu­rin Petra Volpe tauchen die Zuschaue­rin­nen und Zuschau­er in den hekti­schen Arbeits­all­tag einer Pfle­ge­fach­frau ein. Pflicht­be­wusst versucht sie alle ihr oblie­gen­den Aufga­ben zu erle­di­gen und doch kommt es schliess­lich zu einem folgen­schwe­ren Fehler. Die Geschich­te spielt an einem fikti­ven Spital in der Schweiz – könn­te aber auch in St. Gallen statt­fin­den, wie Spital­seel­sor­ger Sepp Koller erklärt: «Der Film ist nahe an der Reali­tät und gibt einen Eindruck, wie der Spital­alltag aussieht.» Koller arbei­tet seit acht ­Jahren am Kantons­spi­tal St. Gallen und ist nebst seiner Arbeit als Seel­sor­ger auch Teil des spital­in­ter­nen Care Teams. Der 55-Jährige hat sich den Film kürz­lich im Kino ange­schaut und hat eine dezi­dier­te Meinung darüber: «Der Spital­alltag ist prägnant darge­stellt. Es wird vieles so gezeigt, wie es tatsäch­lich ist. Aber der Film ist etwas überzeichnet.»

Spital­seel­sor­ger Sepp Koller: «Der Spital­alltag ist prägnant darge­stellt. Es wird vieles so gezeigt, wie es tatsäch­lich ist. Aber der Film ist etwas überzeichnet.»

Emotio­nal berührend

Regis­seu­rin Petra Volpe bezeich­net den Film, der an der Berli­na­le Premie­re feier­te, in einem Inter­view mit dem NDR als «Liebes­er­klä­rung an die Pfle­gen­den». Den Fokus setzt sie auf Haupt­dar­stel­le­rin Leonie Benesch. Die Bilder sind eher düster, die Szene­rie wirkt teil­wei­se fast ein wenig bedroh­lich. Die Umset­zung gefällt Sepp Koller: «Ich finde es sehr gut, dass der Film emotio­nal berührt. Man fühlt sich schnell mit der Schau­spie­le­rin verbun­den, leidet am Schluss sogar mit ihr mit.» Der Spital­seel­sor­ger spricht aber auch von einer einsei­ti­gen Fokus­sie­rung: «Es dreht sich alles um den Dienst dieser Pfle­ge­fach­frau. Ande­re Diszi­pli­nen – also alle Diens­te im Support wie die Seel­sor­ge, das Care Team, die Sozia­len Diens­te, das Ethik­fo­rum, die Psycho­so­ma­tik und Psycho­on­ko­lo­gie – kommen nicht vor. In der Reali­tät arbei­ten diese Berei­che eng mitein­an­der zusam­men und unter­stüt­zen sich in schwie­ri­gen Situa­tio­nen», sagt Sepp Koller. Er schätzt, dass dies so gewollt ist, und verweist auf den Film­ti­tel: «Als hätte die Regis­seu­rin getreu dem Namen des Films ein Helden­epos schaf­fen wollen. Und das ist ihr sehr gut gelun­gen». Sepp Koller spricht auch irri­tie­ren­de Szenen im Film an, etwa als eine betag­te Frau ruhig ster­be und die Pfle­ge­fach­frau das Reani­ma­ti­ons­team aufbie­tet, da es der Sohn im Moment der Trau­er nicht begrei­fen kann.

Der Film ist eine Liebes­er­klä­rung an die Pflegenden.

Wert­schät­zung steigern

Trotz inhalt­li­cher Irri­ta­tio­nen und Fokus­sie­rung auf eine Person ist Sepp Koller froh, den Film gese­hen zu haben, und er hofft, dass es ihm eini­ge gleich­tun: «Es lohnt sich. Schön und posi­tiv ist auch, dass der Film sicher­lich die Wert­schät­zung für die Arbeit der Pflegefachpersonen stärkt. Sie hätten das verdient, weil sie wirk­lich viele Stress­si­tua­tio­nen zu bewäl­ti­gen haben.» Als Spital­seel­sor­ger ist Sepp Koller nicht nur für die Betreu­ung der Pati­en­ten und deren Ange­hö­ri­gen zustän­dig, sondern auch für die Mitar­bei­ten­den. Er hat die Coro­na­pan­de­mie und die Massen­ent­las­sun­gen vom vergan­ge­nen Herbst am Kantons­spi­tal St. Gallen miter­lebt und weiss, wie sehr diese Ereig­nis­se den Spital­all­tag der Pfle­ge­fach­per­so­nen zusätz­lich belas­tet hatten. Während der Pande­mie war der Bedarf kurz­zei­tig stark gestie­gen. Rund 30 Prozent des Pensums wand­ten die Spital­seelsorgenden damals für die Mitar­bei­ten­den auf. Mitt­ler­wei­le ist die Zahl wieder gesun­ken. «Im Gesund­heits­sys­tem ist es stres­sig, das gehört dazu. Manche können besser damit umge­hen, ande­re weni­ger gut. Ich würde mir einfach wünschen, dass die Arbeit der Pfle­ge­per­so­nen noch mehr geschätzt wird», so Koller. Die Pfle­ge­initia­ti­ve sei ein erster wich­ti­ger Schritt dahin­ge­hend gewe­sen. «Der Film zeigt uns allen anschau­lich, was die Pfle­ge­kräf­te für eine wert­volle Arbeit leis­ten. Sie hätten auf ganzer Linie mehr Unter­stüt­zung und Wert­schät­zung verdient.»

Text: Ales­sia Pagani

Bild: zVg

Veröf­fent­licht: 19.03. 2025

Von Wünschen

Erin­nern Sie sich noch an Wünsche, die Sie als Kind hatten? An Wünsche, bei ­denen man schon damals ahnte, dass sie eher ausser­halb des vernünf­tig Vorstell­ba­ren liegen?

Kinder-Wünsche wie: jeden Tag Geburts­tag haben, nie enden wollen­de Sommer­fe­ri­en, jeder­zeit frei verfüg­ba­re Süssig­kei­ten, einen ganzen Stall voller Hams­ter, eine uner­reich­ba­re Jugend­lie­be? Vermut­lich waren auch ein paar Wünsche dabei, die glück­li­cher­wei­se nicht in Erfül­lung gegan­gen sind − wären mann oder frau even­tu­ell heute mit einem Popstar verhei­ra­tet oder hätte  immer noch einen Stall betag­ter Haus­tie­re zu betreuen.

Reali­tä­ten

Bei manch kind­li­chen Wünschen ist uns aus erwach­se­ner Perspek­ti­ve nicht mehr klar, worin deren ursprüng­li­che Faszi­na­ti­on lag. Bei späte­ren Wünschen, die viel­leicht eher Lebens­vi­sio­nen waren, mag es anders ausse­hen. Wünsche, die der Reali­tät zum Opfer fielen, die mone­tä­ren oder ander­wei­tig vernünf­ti­gen Grün­den nicht stand­hiel­ten und deshalb aus unse­rem Sicht­feld verschwan­den. «Das Leben ist kein Pony­hof und erst recht kein Wunsch­kon­zert.» Viel­leicht wurde so aus einem Astro­nau­ten­traum ein geer­de­ter Physik­leh­rer? Etwas Wehmut liegt in der Suche nach den verlo­re­nen Wünschen, und manch­mal spürt man in der ehrli­chen Rück­schau eine Rest­sehn­sucht, die diesen Lebens­wün­schen zugrun­de lag. Diese Sehn­sucht aber ist es, die uns auch als Erwach­se­ne den Mut aufbrin­gen lässt, noch mal Neues zu wagen, unmög­lich Erschei­nen­des zumin­dest anzu­den­ken und die Welt für mich und ande­re ein biss­chen zu verändern.

Hoff­nun­gen

Sehn­sucht braucht Raum, muss durch Herz und Verstand, um Kräf­te und Hoff­nung frei­zu­set­zen. Wieder entdeckt, könn­te sie helfen, Lebens­träu­me zu leben, anstatt das Leben zu träumen.

Text: Vera Maria Rösch, Seel­sor­ge­rin katho­li­sche Kirche Regi­on Rorschach

Bild: zVg

Veröf­fent­li­chung: 14. März 2025

Kiosk

Ein «BestOf» der Beiträ­ge aus verschie­de­nen Pfarr­blät­tern gibt es ab sofort auf einer gemein­sa­men Online-Plattform. Sie geben Einblick in die Viel­falt der katho­li­schen Kirche in der Schweiz.

Auf der Platt­form https://skpv.ch/kiosk/ gibt es neu einen farbi­gen und unter­halt­sa­men Über­blick über span­nen­de Projek­te und Menschen, kirch­li­che Fragen, Glau­bens­ver­tie­fung und spiri­tu­el­le Refle­xio­nen bietet der neue «Kiosk» auf der Platt­form des Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Pres­se­ver­eins SKPV. Sie finden hier Arti­kel aus allen Pfarr­blät­tern der Deutschschweiz.

Text: Sylvia Stam / ssi

Bild: zvg

Veröf­fent­li­chung: 10.03.2025

Bischof Markus Büchel

Dossier Bischof Markus Büchel

Das Pfar­rei­fo­rum blickt zurück auf die Amts­zeit von Bischof Markus Büchel. Wie beur­tei­len Persön­lich­kei­ten aus Kirche, Poli­tik, Kultur und Gesell­schaft die Amts­zeit? Was ist ihnen in Erin­ne­rung geblie­ben? Das Dossier wird in den kommen­den Wochen laufend ergänzt.

Ab 1995 wirk­te Markus Büchel als Bischofs­vi­kar, Leiter des Pasto­ral­am­tes und Resi­den­ti­al­ka­no­ni­kus, am 4. Juli 2006 wurde er zum Bischof von St.Gallen gewählt. Bild von 2004, Regi­na Kühne

Auf Haus­be­such bei den Bischöfen
«Es kam von Herzen»

«Ich bin Bischof Markus dank­bar für das freund­schaft­li­che Mitein­an­der und die selbst­ver­ständ­lich geleb­te Ökume­ne auf Augen­hö­he», sagt Pfar­rer Martin Schmidt, Präsi­dent der evangelisch-refomierten Kirche des Kantons St.Gallen, «Ich habe immer gespürt, dass ihm die Ökume­ne wich­tig ist und nicht einfach nur eine Verpflich­tung. Es kam von Herzen.» Als Beispiel für das freund­li­che Mitein­an­der nennt er die Einla­dung nach «Nacht der Lich­ter» in seine Wohnung. «Sich nach der Feier auf ein Glas Wein zu tref­fen und zusam­men zu sein, das ist Bischof Markus Büchel.»

Wurzeln in der Seelsorge

Der Kirchen­rats­prä­si­dent lobt auch die Zusam­men­ar­beit bei stra­te­gi­schen Fragen: «Beim gemein­sa­mes Auftre­ten den staat­li­chen Behör­den gegen­über konn­ten wir immer auf seine Loya­li­tät zählen. Beson­ders in Erin­ne­rung geblie­ben ist mir die gemein­sa­me Feier des Refor­ma­ti­ons­ge­den­kens vor sieben Jahren — Bischof Markus hat im Patro­nats­ko­mi­tee mitge­wirkt — das war alles ande­re als eine Selbst­ver­ständ­lich­keit.» Der Bischof liess es sich auch nicht nehmen, bei einer unkon­ven­tio­nel­len Jubi­lä­ums­ak­ti­on mitzu­wir­ken: Gemein­sam mit dem refor­mier­ten Kirchen­prä­si­den­ten «riss» er symbo­lisch auf dem Klos­ter­platz eine Mauer nieder — ein Symbol für die alte Schied­mau­er, die damals den Klos­ter­be­zirk von der refor­mier­ten Stadt trennte.

«Die Jahre als Seel­sor­ger haben ihn geprägt, das hat man gespürt», hält Martin Schmidt fest, «Das wurde zum Beispiel deut­lich bei den Gesprä­chen zur Spital­seel­sor­ge und deren Anstel­lung: Ihm war es wich­tig, dass die Spital­seel­sor­ge­rin­nen und Spital­seel­sor­ger in der Orts­seel­sor­ge veran­kert sind.» (ssi, 21. Febru­ar 2025)

 

 

 

Bischof Markus Büchel lud die Gläu­bi­gen ein, sich bei der Umfra­ge zur Bischofs­syn­ode 2023 in Rom zu betei­li­gen. Bild: Regi­na Kühne



Auf Hausbesuch bei den Bischöfen

Bischof Markus mit Rosma­rie Koller 2008 am Fest im Pfalz­kel­ler, das der Katho­li­sche Frau­en­bund St.Gallen-Appenzell für die Frau­en der loka­len Frau­en­ge­mein­schaf­ten orga­ni­siert hatte. (Bild: zVg)

Die Appen­zel­le­rin Rosma­rie Koller erin­nert sich an ihre Begeg­nun­gen als Präsi­den­tin des Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des mit Bischof Markus. Die Schwei­zer Bischö­fe hat sie fast alle persön­lich besucht. Bischof Markus hat sie beson­ders beeindruckt. 

Appen­zel­le­rin Rosma­rie
Koller erin­nert sich an ihre Begeg­nun­gen als Präsi­den­tin des
Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des mit Bischof Markus. Die
Schwei­zer Bischö­fe hat sie fast alle persön­lich besucht. Bischof Markus
hat sie beson­ders beeindruck
Appen­zel­le­rin Rosma­rie
Koller erin­nert sich an ihre Begeg­nun­gen als Präsi­den­tin des
Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des mit Bischof Markus. Die
Schwei­zer Bischö­fe hat sie fast alle persön­lich besucht. Bischof Markus
hat sie beson­ders beeindruck

«Im Bistum St.Gallen hatten und haben wir mit Bischof Markus himm­li­sche Zustän­de», sagt Rosma­rie Koller. Die 72-Jährige war von 2004 bis 2009 Präsi­den­tin des Katho­li­schen Frau­en­bun­des St.Gallen-Appenzell und danach bis 2016 Präsi­den­tin des Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des. In letz­te­re Amts­zeit fällt etwa die Demons­tra­ti­on der Alli­anz «Es reicht!» 2014, zu der nebst dem Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bund unter ande­rem auch die christ­li­che Sozi­al­be­we­gung (KAB) und die Herbert Haag Stif­tung für Frei­heit in der Kirche gehörten. 

 

Brücken bauen statt niederreissen

Rund 3000 Perso­nen aus der ganzen Schweiz demons­trier­ten damals gegen die Zustän­de im Bistum Chur. Sie forder­ten, dort einen Admi­nis­tra­tor einzu­set­zen, «der das Vertrau­en der Mehr­heit der Gläu­bi­gen geniesst», ein kirch­li­ches Denken, «das keiner­lei Ausgren­zung und Diskri­mi­nie­rung von Menschen duldet», sowie einen Umgang mit den Resul­ta­ten der Fami­li­en­um­fra­ge, der «ermu­ti­gen­de Konse­quen­zen für die Betrof­fe­nen nach sich zieht.» Bischof Markus, der zu diesem Zeit­punkt Präsi­dent der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz war, nahm die Forde­run­gen gemäss einem Bericht auf kath.ch auf dem Klos­ter­platz mit den Worten entge­gen: «Möge es uns gelin­gen, Brücken zu bauen und nicht Brücken nieder­zu­reis­sen.» Er sei sicht­lich bewegt gewe­sen. Die Veran­stal­tung habe gezeigt, dass sich viele Menschen um die Kirche kümmer­ten. «So ist er uns immer begeg­net: Mensch­lich, authen­tisch und auf Augen­hö­he. Man hatte das Gefühl, dass er einem zuhört und die Anlie­gen ernst nimmt», sagt Rosma­rie Koller. Nur eines hätte sie sich mehr gewünscht: Dass er bei der Schwei­ze­ri­schen Bischofs­kon­fe­renz etwas mehr auf den Tisch klopft. 

 

Gleich­be­rech­ti­gung und Mitbestimmung

Als Rosmarie Koller Präsi­den­tin des Schwei­ze­ri­schen Frau­en­bun­des wurde, besuch­te sie alle Bischö­fe der Schweiz persön­lich, ausser Bischof Huon­der. Er habe sich gewei­gert, sie zu empfan­gen. «Ich kann sagen, dass wir es mit Bischof Markus wirk­lich gut getrof­fen haben», sagt sie und erzählt, wie sie ihn durch ihr Enga­ge­ment im Seel­sor­ge­rat schon vor seiner Zeit als Bischof gekannt hatte. «Ich wuss­te, dass er ein Bischof sein würde, der hinter den Anlie­gen der Frau­en steht», sagt sie. Dafür brau­che es ein Verständ­nis dafür, welche Rolle Frau­en in der Kirche spie­len. Das Kirchen­le­ben hänge von den Frau­en und ihrem Enga­ge­ment ab. Auch den Glau­ben würden haupt­säch­lich die Frau­en in den Fami­li­en weiter­ge­ben. «Unse­re wich­tigs­te Forde­rung ist also bis heute die Gleich­be­rech­ti­gung und Mitbe­stim­mung der Frau­en in der Kirche», sagt sie. Bischof Markus sei dem immer offen begeg­net. Im Bistum St.Gallen könn­ten Seel­sor­ge­rin­nen beispiels­wei­se taufen und beer­di­gen. «Eini­ges, wenn auch lange nicht genug, ist erreicht.»

 

Ein Zeichen der Wertschätzung

Eines der schöns­ten Erin­ne­run­gen mit Bischof Markus, ist für Rosma­rie Koller das Fest 2008, das der Katho­li­sche Frau­en­bund St.Gallen-Appenzell für die zahl­rei­chen Frau­en orga­ni­sier­te, die sich in den loka­len Frau­en­ge­mein­schaf­ten enga­gier­ten. «Es kamen rund 500 Frau­en aus dem ganzen Bistum. Wir feier­ten zusam­men mit Bischof Markus. Das war ein star­kes Zeichen der Wert­schät­zung», sagt sie.  Nach einer gemein­sa­men Vesper in der Kathe­dra­le waren die Frau­en im Pfalz­kel­ler zum Apéro gela­den. Bischof Markus habe sich Zeit genom­men und auch dort den Frau­en zuge­hört. «Er war sicht­lich beein­druckt von dieser geball­ten Frau­en­power», sagt sie. Das Foto oben von Rosma­rie Koller und Bischof Markus stammt von jenem Tag. Sie sagt: «Es ist es das einzi­ge, das es von uns gemein­sam gibt.» (nar, 21. Febru­ar 2025)

 

Mit Humor unter Fasnächtlern

«Am besten ist Bischof Markus in seinen Predig­ten immer dann, wenn er in frei­er Rede spon­tan auf Situa­tio­nen einge­hen kann», sagt Martin Gehrer. Der 68-Jährige hat in seinen Funk­tio­nen als St. Galler Regie­rungs­rat und Admi­nis­tra­ti­ons­rats­prä­si­dent des Katho­li­schen Konfes­si­ons­teils des Kantons St. Gallen regel­mäs­sig mit Bischof Markus zu tun gehabt. «Von Beginn an bis heute sind es die Menschen­freund­lich­keit und die Gesel­lig­keit, die mir als Erstes zu Bischof Markus einfal­len», sagt er und erzählt vom Neujahrs­an­lass, zu dem Bischof ­Markus jeweils Rich­te­rin­nen und Rich­ter, Kirchen­ver­tre­te­rin­nen und ‑vertre­ter der verschie­de­nen Reli­gio­nen sowie Behör­den­mit­glie­der einlädt. «Das ist ein Anlass, zu dem man gerne hingeht.» Es sei auch schon vorge­kom­men, dass sich an die hundert Perso­nen nach dem offi­zi­el­len Programm in der Wohnung von Bischof ­Markus zum Apéro einge­fun­den hätten. «Am Ende sassen wir bis weit nach Mitter­nacht im klei­nen Kreis im hinte­ren Stüb­chen und disku­tier­ten noch immer über Gott und die Welt», sagt er. Auch beein­dru­cke ihn, an wie vielen Veran­stal­tun­gen Bischof Markus anzu­tref­fen sei. ­Martin Gehrer erwähnt als Schnit­zel­bänk­ler die Fasnacht. «Dort habe ich Bischof Markus oft gese­hen, so auch in diesem Jahr. Er kann sehr gut über sich selber lachen und nimmt die Schnit­zel­bän­ke, die sich an ihn rich­ten, mit viel Humor an.» Nur einmal hat Martin Gehrer vor einem Tref­fen mit Bischof Markus etwas Bammel gehabt, wie er es selbst sagt. Nach einer Amts­pe­ri­ode als Admi­nis­tra­ti­ons­rats­prä­si­dent beschloss er, zurück­zu­tre­ten. «Bischof Markus hat verständ­nis­voll reagiert», sagt er und kommt zurück auf die Predig­ten und Seel­sor­ge. Diese seien charak­te­ris­tisch für Bischof Markus. «Man spürt seinen tiefen Glau­ben. Zugleich ist Bischof Markus nicht abge­ho­ben. Es gelingt ihm immer, den Glau­ben nieder­schwel­lig zu vermit­teln, so, dass ihn alle verste­hen.» (Nina Rudnicki)

Bischof Markus Büchel spricht bei der Inter­re­li­giö­sen Feier am Eidge­nös­si­schen Bettag 2011 auf dem Klos­ter­platz. (Bild: Regi­na Kühne)

Auf Haus­be­such bei den Bischöfen
Abendessen mit dem Bischof

Inner­halb weni­ger Minu­ten ist das Eis gebro­chen: Vor etwa zehn Jahren verlost das Pfar­rei­fo­rum ein «Abend­essen mit Bischof Markus Büchel». Allein die Tatsa­che, dass sich der Bischof darauf einlässt, ist ein Signal. Zahl­rei­che Leser*innen machen mit, unter allen Einsen­dun­gen werden fünf glück­li­che Gewinner*innen gezo­gen. Der Abend star­tet mit dem Apéro in der Bischofs­woh­nung. Beim ersten Anstos­sen ist bei den  Gästen noch Zurück­hal­tung zu spüren, der eine oder ande­re ist noch etwas einge­schüch­tert. Doch Bischof Markus schafft es sofort, das Eis zu brechen, eine witzi­ge Bemer­kung hier, ein gutge­laun­ter Spruch da. Eine Stun­de später beim Essen im Restau­rant ist der Bischof mit den Gewinner*innen im inten­si­ven Austausch. Es werden viele Fragen gestellt. Der Bischof nimmt sich für jede Zeit. Fast scheint es, als würde sich die Grup­pe schon lange kennen.
 
Schnell in Kontakt
 
Bischof Markus Büchel ist ein Menschen­freund. Egal ob Profes­so­rin, Land­wirt oder Minis­trant, es ist «typisch Bischof Markus», mit allen Menschen schnell in Kontakt zu kommen — so etwas sucht man bei vielen Bischö­fen vergeb­lich. Hier begeg­net man einem frohen, aufge­schlos­se­nen Kirchen­ver­tre­ter, dem es nicht um ihn selber geht. Die gros­se Stär­ke ist viel­leicht auch zugleich eine Schwä­che: Während sich ande­re Bischö­fe und Kirchenvertreter*innen enga­giert und mit Verve in öffent­li­che Diskus­sio­nen einbrin­gen, eige­ne Themen lancie­ren, bevor­zug­te es Bischof Markus, sich zurück­zu­hal­ten. Da blieb auch manche Chan­ce unge­nutzt. Bei Medi­en­an­fra­gen — auch bei vom Pfar­rei­fo­rum dauer­te es oft, bis eine Zusa­ge kam, man spür­te, dass der Fokus und das Herz­blut von Bischof Markus bei ande­ren Aufga­ben lag. Jedoch beim Inter­view selbst war er wieder ganz in seiner Rolle: Kontakt­freu­dig, zu Scher­zen aufge­legt, auch gegen­über der Foto­gra­fin, mit der zwischen zwei Fotos auch noch das eine odere ande­re persön­li­che State­ment entlockte.
 
Keine Gour­met­kü­che
 
Ein Anlass hat die Redak­ti­on beson­ders beein­druckt: Anläss­lich des 70. Geburts­tags von Bischof Markus Büchel trifft sich die Redak­ti­on mit dem Bischof zum Abend­essen — anstatt eines Inter­views tauscht sich die Redak­ti­on in einem locke­ren Gesprä­che mit ihm aus. Ein Zitat aus diesem Text von 2019, das Bischof Markus Büchel tref­fend beschreibt: «Der Jubi­lar mag seinen runden Geburts­tag nicht gerne an die gros­se Glocke hängen. «Ich feie­re eigent­lich wie jedes Jahr: Am 10. August tref­fe ich mich mit Geschwis­tern, Nich­ten, Neffen und deren Kindern am Boden­see zu einer klei­nen Fami­li­en­fei­er.» Ein eigent­li­ches Geburts­tags­lieb­lings­es­sen will der Bischof keines nennen. «Es muss keine Gour­met­kü­che sein. Mindes­tens eben­so mundet mir einfa­che Haus­manns­kost in Kombi­na­ti­on mit einem feinen Trop­fen», sagt er und hebt sein Wein­glas. (ssi, 24. Febru­ar 2025)

 

Mit Bischof Markus auf der Wallfahrt nach Lourdes

Bischof Markus Büchel in Lour­des (Aufnah­me von 2015, Bild: Mari­an­ne Baldinger-Lang)

Menschen­freund­lich und zu Späs­sen aufge­legt: So erle­be man Bischof Markus jeweils während der Wall­fahrt nach Lour­des, sagt Judith Gähwi­ler, Präsi­den­tin des Lour­des­pil­ger­ver­ei­nes St.Gallen und Umge­bung.  Auch in diesem Jahr ist er bei der Reise mit dabei.

Menschen­freund­lich und
zu Späs­sen aufge­legt: So erle­be man Bischof Markus jeweils während der
Wahl­fahrt nach Lour­des, sagt Judith Gähwi­ler, Präsi­den­tin des
Lour­des­pil­ger­ver­ei­nes St.Gallen und Umge­bung.  Auch in diesem Jahr ist
er bei der Reise mit dabei.
Menschen­freund­lich und
zu Späs­sen aufge­legt: So erle­be man Bischof Markus jeweils während der
Wahl­fahrt nach Lour­des, sagt Judith Gähwi­ler, Präsi­den­tin des
Lour­des­pil­ger­ver­ei­nes St.Gallen und Umge­bung.  Auch in diesem Jahr ist
er bei der Reise mit dabei.

«Von einer Wall­fahrt nach Lour­des kommt man einfach zufrie­de­ner nach Hause zurück», sagt Judith Gähwi­ler, Präsi­den­tin des Lour­des­pil­ger­ver­eins St.Gallen und Umge­bung. Lour­des sei ein Kraft­ort und ermög­li­che den Pilge­rin­nen und Pilgern viele einzig­ar­ti­ge Erleb­nis­se. Dazu gehört gemäss Judith Gähwi­ler auch, den jewei­li­gen Bischof, der die Deutsch­schwei­zer Reisen­den beglei­tet, zu erle­ben und kennen­zu­ler­nen. Abwech­selnd sind die Bischö­fe von Basel, Chur und St.Gallen mit dabei. In diesem Jahr wird vom 9. bis 15 Mai noch einmal Bischof Markus mit nach Lour­des reisen. Judith Gähwi­ler erin­nert sich an die letz­te Lour­des­wall­fahrt mit ihm: «Er ist menschen­freund­lich und leut­se­lig und es macht Spass, mit ihm zu reden. Er ist einer wie alle ande­ren auch», sagt sie. Er über­nach­te auch in densel­ben Hotels. An eini­ge Späs­se dies­be­züg­lich könne sie sich noch gut erin­nern. Die Hotel­zim­mer würden auch immer enger, habe er beispiels­wei­se gesagt. «Aber am meis­ten berührt mich, dass er einen auch später bei Begeg­nun­gen wie etwa bei der St.Galler Kathe­dra­le wieder­erkennt und mit einem redet», sagt sie. Von Lour­des könn­te sie indes­sen viel erzäh­len: Etwa von den 30’000 gemein­sam Beten­den, den Gebe­ten in allen mögli­chen Spra­chen oder der wohl zehn­spu­ri­gen Prozes­si­on. Bei dieser würden die Italie­ne­rin­nen und Italie­ner, auch wenn sie weit hinten gestar­tet seien, jedes Mal am Ende zuvor­derst laufen. «Und dann gehört es natür­lich zu jeder Lour­des­wall­fahrt dazu, dass man sein Gebets­büch­lein vom jewei­li­gen Bischof unter­schrei­ben lässt. Das ist eine schö­ne Erin­ne­rung.» (nar, 25. Febru­ar 2025)

 

Im Einsatz für das kulturelle Erbe

Das Gespräch mit der ehema­li­gen St. Galler Regie­rungs­rä­tin Kath­rin Hilber über Bischof Markus führt in die Medien­datenbank. Dort finden sich Zeitungs­ar­ti­kel über das Erdbe­ben in der nord­ita­lie­ni­schen Regi­on ­Friaul 1979 oder über die Qumran-Rollen. Bei Letz­te­ren handelt es sich um jahr­tau­sen­de­al­te Schrift­rol­len vom Toten Meer, die als Urtex­te der Bibel gelten. «Es sind vor allem die gemein­sa­men Reisen und der Einsatz für das kultu­rel­le Erbe, die mich mit Bischof Markus verbin­den», sagt die eins­ti­ge Kultur­di­rek­to­rin Kath­rin Hilber. Die Räume der St. Galler Regie­rung im Klos­ter­be­zirk befän­den sich auf demsel­ben Stock­werk wie die Wohnung des Bischofs. «Dadurch sind wir uns regel­mäs­sig begeg­net, auch wenn Bischof ­Markus und ich während meinen 16 Jahren als Regie­rungs­rä­tin weni­ge beruf­li­che Berüh­rungs­punk­te hatten», sagt sie.

Zum Gallus­tag nach Italien

Zu den Ausnah­men gehö­ren die erwähn­ten Qumran-Rollen und die Paten­schaft mit dem Ort ­Moggio im Friaul. «Seit fast 900 Jahren bestehen Bezie­hun­gen zwischen dem Kanton St. Gallen und der Regi­on Friaul und zum dorti­gen Gallus­klos­ter von Moggio», sagte Kath­rin Hilber in einem Tagblatt­ar­ti­kel von 2003. Dieser berich­te­te über die Eröff­nung einer Grup­pen­aus­stel­lung mit Kunst­schaf­fen­den aus dem Friaul im Regie­rungs­ge­bäu­de. Kath­rin Hilber ging auf die Grün­dung des Gallus­klos­ters von Moggio im Jahr 1120 ein und erwähn­te, wie die Bezie­hung nach dem kata­stro­pha­len Erdbe­ben von 1976 im Friaul neu belebt wurde. Nebst vielen ande­ren betei­lig­te sich auch das Bistum St. Gallen an Hilfs­ak­tio­nen. So entstand eine Part­ner­schaft mit zahl­rei­chen Austausch­pro­jek­ten. «Einmal reis­te ich zusam­men mit Bischof Markus nach Moggio, um mit den Menschen dort am 16. Okto­ber den Gallus­tag zu feiern. Solch kultu­rel­ler und gesell­schaft­li­cher Austausch ist Bischof Markus bis heute wich­tig», sagt sie. Eindrück­lich sei auch die Reise 1998 zu den Fund­stät­ten der Qumran-Rollen in Isra­el mit Bischof Markus gewe­sen. Zu diesem Zeit­punkt wirk­te er unter ande­rem als Bischofs­vi­kar, also als Stell­ver­tre­ter des Bischofs. Im darauf­fol­gen­den Jahr kamen die origi­na­len Schrift­rol­len für eine Ausstel­lung nach St. Gallen, die mit 65’000 viel mehr Perso­nen besuch­ten als erwar­tet. Kath­rin Hilber sagt: «Sich mit Würde und Ernst­haf­tig­keit für unser Welt­erbe einzu­set­zen, ist nicht selbst­ver­ständ­lich, für Bischof Markus aber schon.» (Nina Rudnicki)

Bischof Markus (gelbes T‑Shirt) während der Qumran-Reise nach Isra­el. (Bilder: zVg)


Erlebnisse eines Bischof-Fans

Bischof Markus über­nahm auch schon spon­tan die Predigt in der Kathe­dra­le, als er erfuhr, dass Phil­ipp Wechs­ler Lekto­ren­dienst hat. Das gehört zu den schöns­ten Erleb­nis­sen, wie der Watt­wi­ler und Bischof-Fan Phil­ipp Wechs­ler sagt. 

 

Ein Leben ohne die St.Galler Kathe­dra­le: Das ist für Phil­ipp Wechs­ler aus Watt­wil nur schwer vorstell­bar. In seiner Frei­zeit fährt er daher so oft wie möglich in die Kantons­haupt­stadt. Die Kathe­dra­le, vor allem aber auch die Menschen dort sowie die Begeg­nun­gen mit dem Bischof geben ihm Kraft und Lebens­freu­de, sagt er. 

 

Hey Phil­ipp, wirst du jetzt berühmt? Eine Mitar­bei­te­rin der Katho­li­schen Kirche im Lebens­raum St.Gallen geht durch den Gang in der St.Galler Kathe­dra­le. Sie nickt Phil­ipp Wechs­ler zu und lacht, als sie ihn beim Foto­shoo­ting erblickt. Der 53-jährige Watt­wi­ler ist hier bekannt. Jeden Donners­tag fährt er, wann immer möglich, in die Kantons­haupt­stadt. Dort verbringt er seinen frei­en Tag, besucht zunächst die Kathe­dra­le, schlen­dert durch die Altstadt, trifft Bekann­te auf einen Schwatz. An den Sonn­ta­gen ist er in der Kathe­dra­le zudem regel­mä­ßig Lektor. Für diesen Dienst lebt er. „Ich bin einfach unglaub­lich stolz darauf. Ausser­dem gehört es für mich zu den schöns­ten Erleb­nis­sen, gemein­sam mit Bischof Markus feiern zu können“, sagt Phil­ipp Wechs­ler, der sich selbst als Bischof-Fan beschreibt. Er erin­nert sich an den dies­jäh­ri­gen Pfingst­got­tes­dienst, als beim Einzug in die Kathe­dra­le mit Orgel­mu­sik alles in seinem Körper anfing zu krib­beln. Und er erzählt von einem Gottes­dienst vor eini­gen Jahren, als Bischof Markus über­ra­schend die Predigt über­nom­men habe, als er erfuhr, dass Phil­ipp Wechs­ler Lekto­ren­dienst hat. „Das gehört für mich zum Besten, was ich erle­ben kann“, sagt er.

Aufge­wach­sen ist Phil­ipp Wechs­ler als mitt­le­res von drei Kindern in Lich­ten­steig. Heute arbei­tet er im Coop in Jona, wohin er täglich außer donners­tags per Zug pendelt. Die katho­li­sche Tradi­ti­on sei in seiner Fami­lie immer wich­tig gewe­sen. So habe er in der Kirche auch eine seiner besten Freun­din­nen gefun­den. „Ihr verdan­ke ich es auch, dass ich in die Kathe­dra­le gekom­men bin“, sagt Phil­ipp Wechs­ler. „Sie ist hier Seel­sor­ge­rin und als sie nach St.Gallen wech­sel­te, frag­te sie mich, wie ich es fände, hier Lektor zu sein.“ Heute könne er sich nichts Schö­ne­res vorstel­len. „Von der Harmo­nie, über die Menschen bis zur Orgel stimmt hier einfach alles“, sagt er und dreht sich im Kirchen­bank dem hinte­ren Teil der Kathe­dra­le zu, wo sich das Instru­ment befin­det. Orgel­mu­sik ist eine weite­re Leiden­schaft von Phil­ipp Wechs­ler. Vor zwei Jahren reis­te er nach Passau, um im Dom St. Stephan die größ­te Domor­gel der Welt zu sehen. „Sobald ich Orgel­mu­sik höre, kann ich nicht anders, als lange sitzen­zu­blei­ben und zuzu­hö­ren. Mein Körper geht mit der Musik mit“, sagt er.

Dann ist es Zeit, aufzu­ste­hen und aus der Kathe­dra­le hinaus auf den Klos­ter­platz zu treten. Phil­ipp Wechs­ler möch­te sich noch etwas durch die Stadt trei­ben lassen und schau­en, wen er trifft. Beim Abschied kommt er noch einmal auf das Thema Reisen zu spre­chen. Nebst Passau habe ihn auch Isra­el sehr beein­druckt. Dort war er zusam­men mit der Pilger­grup­pe Lich­ten­steig. Nebst seiner besten Freun­din sei auch Bischof Markus mit dabei gewe­sen. „Was wir da alles erlebt haben“, sagt er. „Von Spiri­tu­el­lem und Reli­giö­sem, über Span­nun­gen zwischen Paläs­ti­nen­sern und Israe­lis und einem Anschlag mit Pflas­ter­stei­nen auf unse­ren Bus. Da rutsch­te mir das Herz in die Hose und wir haben alle eine Nacht lang kaum geschla­fen.“ (nar, erschie­nen im Pfar­rei­fo­rum 10/2021)

Texte: Redak­ti­on Pfarreiforum

Bilder: Regi­na Kühne, Ana Kontou­lis, zVg

Veröf­fent­licht: ab 21. Febru­ar 2025

Weitere Beiträge

Mit Fussball Grenzen überwinden

Mit einem Fuss­ball­tur­nier ein Zeichen gegen Rassis­mus setzen: Wie das funk­tio­niert, erzählt der St. Galler Moha­med Abdil­lahi. Mit dem FC Soma­lia orga­ni­siert er im März während der Akti­ons­ta­ge gegen Rassis­mus des Kantons St.Gallen das Fair Play Fussballturnier.

«Fuss­ball ist wie eine Spra­che», sagt Moha­med Abdil­lahi. Der 41-Jährige enga­giert sich im Vorstand des FC Soma­lia in St. Gallen und orga­ni­siert mit seinem Team seit zehn Jahren das Fair Play Fuss­ball­tur­nier gegen Rassis­mus. Dieses findet jeweils im Rahmen der kanto­na­len Akti­ons­ta­ge gegen Rassis­mus vom 10. bis 23. März statt. Als Spra­che bezeich­net Moha­med Abdil­lahi Fuss­ball, weil die Sport­art eine gemein­sa­me Basis in unse­rer viel­fäl­ti­gen Gesell­schaft bildet und kultu­rel­le Gren­zen über­win­det. «Auf dem Feld geht es nur um das Gemein­sa­me, das Spiel und um Fair­ness. Haut­far­be, Reli­gi­on und Herkunft spie­len dabei keine Rolle. Es gibt keine Vorur­tei­le», sagt er.

Ein Turnier für Kinder

Moha­med Abdil­lahi lebt seit 2012 in der Schweiz. Er war vor dem jahr­zehn­te­lan­gen Bürger­krieg in seiner Heimat geflüch­tet. Nach einem Deutsch­kurs fand er Arbeit im Kantonsspital St. Gallen, wo er bis heute arbei­tet. «Fuss­ball hat mir dabei gehol­fen, hier anzu­kom­men», sagt er und erzählt, wie er nach einem Jahr in St. Gallen mit Freun­den den FC Soma­lia grün­de­te. Kurz darauf orga­ni­sier­te dieser zusam­men mit dem SC Brühl ein Fuss­ball­tur­nier für Kinder. Auch die Stadt St. Gallen unter­stütz­te das Projekt, aus dem sich schliess­lich das Fair Play Turnier für Erwach­se­ne gegen Rassis­mus entwi­ckel­te. Im Schnitt spie­len an diesem 13 Teams verschie­de­ner Natio­nen aus der ganzen Umge­bung mit. Dazu gehö­ren Teams mit jungen Flüchtlingen aus loka­len und regio­na­len Flücht­lings­hei­men, Mann­schaf­ten von Migran­ten­ver­ei­nen oder der Alter­na­ti­ven Fuss­ball Liga St. Gallen. In Letz­te­rer spie­len über 20 Teams, wie etwa nebst dem FC Soma­lia auch der FC Eggers­riet oder der FC Mörschwil. Die Alter­na­ti­ve Liga funk­tio­niert ohne Spiel­lei­tung. «Ohne Fair Play und gegen­sei­ti­gen Respekt würde das nicht funk­tio­nie­ren», sagt Moha­med Abdillahi.

Ausgleich zum Alltag

Der FC Soma­lia trai­niert abwech­selnd im Westen von St. Gallen beim Schul­haus Engel­wies sowie im Osten der Stadt im Stadi­on Espen­moos. Fuss­ball zu spie­len ist für Moha­med Abdil­lahi ein Ausgleich zu seinem Alltag. Schon als Kind habe er den Sport geliebt. Am Fair Play Turnier im März freut er sich nebst den Spie­len selbst am meis­ten auf die Stim­mung. «Es hat immer viele Zuschau­er und Freun­de und Fami­li­en im Publi­kum. Die Stim­mung ist entspannt», sagt er und fügt an: «Ein High­light ist immer auch das soma­li­sche Essen wie Sambusa, also Teig­ta­schen mit Hack­fleisch, das die Fami­li­en selber zubereiten.»

Akti­ons­ta­ge gegen Rassis­mus, 10. bis 23. März 2025, mit ­zahl­rei­chen Veran­stal­tun­gen und Aktio­nen im ganzen Kanton St.Gallen. Infos: www.gegenrassismus.sg.ch

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 7. März 2025

Editorial Märzausgabe

Ich war sofort gebannt, als ich kürz­lich die Folge über Jeongkwan Snim der Serie Chef’s Table sah. Jeongkwan Snim ist eine südko­rea­ni­sche buddhis­ti­sche Nonne, die in einem Klos­ter 300 Kilo­me­ter südlich von Seoul lebt und für die dorti­gen Nonnen und Mönche kocht. In der Serie ist sie in fast unbe­rühr­ter Natur zu sehen, wie sie Kohl fermen­tiert und so Kimchi herstellt oder wie sie Soja­sauce über zehn Jahre reifen lässt. Die wich­tigs­ten Zuta­ten vieler ihrer Gerich­te sind Salz und Zeit. Alles berei­tet sie mit Acht­sam­keit und Respekt gegen­über der Schöp­fung zu. Diese Tradi­ti­on fürs bewuss­te Kochen findet man auch in christ­li­chen Klös­tern. Die Zuta­ten kommen oft aus dem eige­nen Garten und werden mit einer Haltung des Dankes zube­rei­tet. Die Mahl­zei­ten sind ein gemein­schaft­li­cher Akt des Teilens. In unse­rem schnel­len Alltag bleibt dafür hinge­gen oftmals wenig Zeit. Am 5. März beginnt die Fasten­zeit. Für viele Menschen ist das Anlass, sich zumin­dest für eine Weile von über­flüs­si­gem Konsum zu befrei­en. Wir könn­ten diese Zeit auch dafür nutzen, einmal über unse­re eige­ne Art und Weise, wie wir kochen und essen, nach­zu­den­ken. Inso­fern kann bewusst kochen ein Weg sein, zu erken­nen, dass weni­ger manch­mal mehr ist.

Text: Nina Rudnicki

Bild: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 4. März 2025

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