Seit neun Jahren engagiert sich Susi Winkler für den Bibelgarten Gossau und hegt über 100 Pflanzenarten. Bei ihrer Arbeit hat die Hobbygärtnerin einen einfachen Grundsatz: Sie härtet die Pflanzen bewusst ab, damit sie sie nicht «höfele» muss.
Susi Winkler stöbert gerne in alten Büchern. Nicht in irgendwelchen, sondern in Pflanzenbüchern. «Dort finde ich immer wieder nützliche und vor allem natürliche Tipps. Schneckenkörner oder Ähnliches gibt es bei mir nicht», sagt die 62-Jährige. Sie zeigt nacheinander auf mehrere Beete. Acht sind es an der Zahl. Darin spriessen die unterschiedlichsten Pflanzen, mal farbig und zart, mal stachlig und zäh. In den vergangenen Jahren hat Susi Winkler hier im Bibelgarten im Andreaspark in Gossau immer wieder ihren grünen Daumen bewiesen. Sie ist seit 2015 zuständig für das Fleckchen Natur mitten im Stadtzentrum, das 365 Tage im Jahr frei zugänglich ist. Unterstützung erhält sie dabei von Ursula Rehmann und Christoph Grzonka, welche sich ehrenamtlich im Team engagieren. Der Vierte im Bunde, Simon Sigg, organisiert regelmässig Führungen im Schaugarten. Dieser feiert im kommenden Jahr bereits sein 20-jähriges Bestehen.
Nicht immer gelingt Anzucht
Mit viel Herzblut kümmern sich die Hobbygärtner liebevoll um rund 110 Pflanzenarten – 70 davon werden in der Bibel erwähnt oder sind artenverwandt. Darunter sind auch Exoten wie ein Maulbeerbaum, ein Granatapfelbaum oder Senfkörner.

Im vergangenen Jahr versuchte sich Susi Winkler an Safran. Die Setzlinge hatte sie von der Safranzunft Mund im Wallis, «der einzige Ort, an dem in der Schweiz Safran wächst.» Susi Winkler bekommt von Bekannten oft Setzlinge oder Samen von alten Kulturpflanzen und probiert auch immer wieder die Anzucht von neuen Pflanzen. «Ich kann auch manchmal kreativ sein. Wenn ich etwas Neues höre, möchte ich es ausprobieren», sagt sie. Der Safran hat den erneuten Kälteeinbruch vor einigen Wochen allerdings nicht vertragen und ist zum Leidwesen von Susi Winkler eingegangen. «Das reut mich schon ein bisschen.»
Pflanzen abhärten
Susi Winkler hat ihre Leidenschaft gefunden. Dies war nicht immer so. Auf einem Bauernhof aufgewachsen, war die Mithilfe im Garten im Kindesalter ein notwendiges Muss. Erst nach der Geburt der eigenen Kinder habe sie wieder zu gärtnern begonnen. «Und es hat mir den Ärmel hineingezogen.» Die aufgestellte Frau ist aber keine typische Gärtnerin. Rosen mag sie nicht. «Die muss man ‹höfele›, das liegt mir nicht», sagt sie und ergänzt: «Blumen sind schön, wenn man sie nicht umständlich pflegen muss.» Vielmehr fasziniert sie der kleine Stachelrosenbaum, der «aussieht, als würde er brennen, wenn die Sonne ihn anscheint», oder das Beet mit den Wiesenblumen. Dieses wurde erst im vergangenen Jahr angelegt und hat eine wichtige Bedeutung: «Viele sehen gar nicht, was überhaupt hinter einer einfachen Wiese steckt», sagt Susi Winkler. «Wiesenblumen werden immer wichtiger und wir wollen damit einen Beitrag zur Biodiversität leisten.» Die Klimaerwärmung hingegen beeinflusst Susi Winklers Arbeit nicht. Sie ist eine Verfechterin davon, ihre Pflanzen abzuhärten. Wasser bekommen sie nur in den ersten beiden Jahren und das sehr spärlich. «Danach müssen die Wurzeln lang genug sein, um an das Grundwasser zu gelangen. Ich kann nicht jeden Tag die Pflanzen giessen», sagt sie. Dann verabschiedet sie sich. Sie hat noch einiges zu tun – die Frühlingsmonate sind für sie die intensivsten. Dann heisst es: Jäten, säen und zurückschneiden, was das Zeug hält, damit sich die Gäste auch in diesem Jahr wieder an vielen verschiedenen Pflanzenarten erfreuen können.
Text: Alessia Pagani
Bilder: Ana Kontoulis
Veröffentlichung: 27. Mai 2024