News

«Hans ist heute mein bester Weber»

Susan­ne und Hans Sutter-Wartenweiler aus Degers­heim führen im Klos­ter Magden­au ein ­eige­nes Webate­lier. Als sie mit 60 Jahren plötz­lich ohne Job daste­hen, erfül­len sie sich diesen lang­jäh­ri­gen Wunsch. Weben helfe einem gera­de auch in Krisen­si­tua­tio­nen, sagen sie.

Susan­ne Sutter-Wartenweiler öffnet eine der vielen Türen im Kreuz­gang des Klos­ters Magden­au. Schon steht sie mitten in ihrem Webate­lier, das sie zusam­men mit ihrem Mann Hans betreibt. Garn in allen Farben, Geschirr­tü­cher mit den Namen «Mond­licht», «Tulpen­feld» und «Geburts­tag, alle Freun­de sind gekom­men», selbst gemach­te Hemden, Schals und vieles mehr leuch­ten einem entge­gen. Der Blick fällt durch die Fens­ter in den Klos­ter­gar­ten. «­Jeden Monat gibt’s draus­sen im Garten ande­re Farben, die mich während des Webens inspi­rie­ren», sagt die 77-Jährige. Acht Webstüh­le, darun­ter moder­ne Model­le sowie über hundert­jäh­ri­ge histo­ri­sche Exem­pla­re, stehen in den drei Räumen des Webate­liers. Weben ist für Susan­ne Sutter-Wartenweiler etwas, das sich durch ihr ganzes Leben zieht und das Körper, Seele und Geist in Einklang bringt. Es ist eine Tätig­keit, die sie selbst in schwie­ri­gen Lebens­si­tua­tio­nen geret­tet hat und mit der sie ande­ren durch Krisen hilft. Das Webate­lier in Magden­au besu­chen nebst hand­werk­lich inter­es­sier­ten Perso­nen etwa auch Menschen, die von einem Burn-out betrof­fen sind oder die eine Sucht­er­kran­kung haben. «Wenn man das Gefühl hat, nichts mehr in seinem Leben auf die Reihe zu brin­gen und dass nichts mehr klappt, kann es unge­mein helfen, wenn man auf einmal so etwas Schö­nes wie ein Stück Stoff selbst herstellt», sagt sie.

Weben am Treppengeländer

Susan­ne Sutter-Wartenweiler ist fünf Jahre alt, als ihre Mutter einen klei­nen Webstuhl geschenkt bekommt. «Es war mein gröss­ter Wunsch, diesen zu benut­zen, aber das erlaub­te mir meine Mutter nicht», sagt sie und erzählt, wie sie daher am Trep­pen­ge­län­der Schnü­re spann­te und an diesen webte. Später als junge Frau bringt sie sich das Weben selber bei, macht eine Ausbil­dung zur Sozi­al­päd­ago­gin und anschlies­send zur Logo­therapeutin. Ob in Alters­hei­men, Insti­tu­tio­nen für Menschen mit einer Behin­de­rung oder für Menschen mit einer Sucht­er­kran­kung: Stets merkt sie, dass das Weben eine beru­hi­gen­de ­Wirkung auf die jewei­li­gen Perso­nen hat und diese zufrie­den macht. «Durch meine eige­ne Geschich­te konn­te ich mich immer in Menschen ­hinein­ver­set­zen, die sich in heraus­for­dern­den ­Lebens­si­tua­tio­nen befan­den», sagt sie.

In eine solche Situa­ti­on gerät auch Susan­ne Sutter-­Wartenweiler unver­mit­telt nach der Geburt ihres drit­ten Kindes. Die Plazen­ta löst sich nicht und muss opera­tiv während einer Voll­nar­ko­se entfernt werden. Am Ende der Narko­se beginnt Susan­ne Sutter-Wartenweiler nicht, selbstständig zu atmen. Rund zwei­ein­halb Minu­ten dauert es, bis sie wieder mit Sauer­stoff versorgt ist. «In diesem Moment hatte ich eine Nahtod­erfah­rung. Ich schweb­te über mir und sah mich selbst. Dann erblick­te ich die Buch­sta­ben des Wortes «Jesus» in falscher Reihen­fol­ge vor mir und konn­te sie nicht ordnen. Und eine Stim­me frag­te mich stän­dig nach dem Sinn. Aber ich konn­te keinen Sinn sehen, in nichts», sagt Susan­ne Sutter-Wartenweiler, die in Degers­heim in einer evangelisch-reformierten ­Fami­lie aufge­wach­sen ist und in deren Leben der Glau­be immer eine gros­se Rolle gespielt hat.

Den Sinn wiederfinden

Das Gefühl der Sinn­lo­sig­keit zieht sich durch die Wochen nach der Geburt und wird stär­ker. «­Wickeln, kochen, essen, putzen und das pausen­los», sagt sie. Eines Nachts steht sie auf dem Balkon und möch­te sich hinun­ter­stür­zen. «Da bat ich Gott um ein Zeichen, dass alles bald besser wird.» Am nächs­ten Morgen klin­gelt es. Vor der Haus­tü­re steht ein Mitglie­der der Heils­ar­mee. «Ich erzähl­te ihm alles, etwa wie schlecht es mir ging und dass ich den Sinn im Leben verlo­ren ­hätte», sagt sie. Der Mann habe sich aber kaum für ihre Geschich­te inter­es­siert. Er habe bloss gesagt, wenn es ihr so schlecht gehe, solle sie doch einfach mal ans Kreuz schau­en. Dort sei einer, der genau der Sinn­fra­ge wegen gestor­ben sei. «Danach ging es mir immer besser. Und nach 14 Tagen frag­te mich mein Mann, was nur passiert sei. Ich sei wie ausge­wech­selt. Der Grund dafür war, dass Gott mich klei­nen Menschen mit meiner Not tatsäch­lich gese­hen hatte.»

Ein gemein­sa­mes Projekt

Als beide 55 Jahre alt sind, bekom­men Susan­ne und Hans Sutter-Wartenweiler die Leitung des Hotels Pensi­on Heime­li in Hemberg des Verban­des für christ­li­che Hotels in der Schweiz ange­bo­ten. «Wir haben das einfach gewagt, weil wir uns schon immer nach einem gemein­sa­men Projekt gesehnt haben», sagt Susan­ne Sutter-Wartenweiler. Einer­seits sei es ein klas­si­sches Semi­nar­ho­tel gewe­sen. Ande­rer­seits ein Ort, an dem etwa Menschen mit einer Behin­de­rung gemein­sam die Feier­ta­ge über Weih­nach­ten und Ostern verbrin­gen konnten.

Mit 60 Jahren ohne Arbeit

Nach fünf Jahren, an Weih­nach­ten 2007, muss­ten Susan­ne und Hans Sutter-Wartenweiler ihren Gästen mittei­len, dass das Hotel verkauft worden sei und in Kürze geschlos­sen werde. «Das war ein sehr schwe­rer Moment. Die Gäste, die teils seit Jahren dort hinka­men, waren betrof­fen und trau­rig. Und ich und mein Mann stan­den mit 60 Jahren ohne Arbeit da», sagt sie. «Ich fand dann, es sei viel­leicht einfach der passen­de Moment, einen Traum wahr werden zu lassen und ein eige­nes Webate­lier zu grün­den.» Dieses rich­ten sie zunächst in Degers­heim ein. Bald spricht sie eine Bekann­te darauf an, dass die Schwes­tern im Klos­ter Magden­au seit Langem nach jeman­dem suchen, der den histo­ri­schen Webstuhl flicken und betrei­ben kann, und ob sie das nicht tun wolle. «Ich woll­te nicht. Aber ich ging dann des Frie­dens willen im Klos­ter Magden­au vorbei», sagt sie.

Der Ort, die Räume und der Blick in den blühen­den Klos­ter­gar­ten: Susan­ne und Hans Sutter-Wartenweiler sind sofort begeis­tert und ziehen 2017 mit ihrem Webate­lier ins Klos­ter. «Schwes­ter Rafae­la erzähl­te mir, dass sie acht Jahre lang ­gebe­tet habe, um jeman­den für den histo­ri­schen Webstuhl zu finden», sagt sie. Seit­her ist das Webate­lier jeden Mitt­woch oder nach Abspra­che auch an ande­ren Tagen für alle Inter­es­sier­ten geöff­net. Ein Halb­tag kostet 25 Fran­ken, hinzu kommen die Mate­ri­al­kos­ten wie etwa für Garn. Bevor die Teil­neh­men­den eintref­fen, rich­ten Susan­ne und Hans Sutter-Wartenweiler die Webstüh­le jeweils ein und ziehen die Fäden auf. «Ich liebe diese Vorbe­rei­tun­gen, denn alles muss perfekt sein», sagt sie.

Das Leben so nehmen

Ihren Mann Hans bezeich­net Susan­ne Sutter-Wartenweiler als ihren besten Weber. Auch an diesem Morgen sitzt er konzen­triert an einem Stück Stoff oder behebt tech­ni­sche Proble­me an den Webstüh­len. Einmal löst sich ein Gewicht an einem der Rahmen und muss wieder einge­hängt werden. Ein ande­res Mal hilft er einer Teil­neh­me­rin beim Umspan­nen. Diese erzählt, wie sie die Visi­ten­kar­te des Webate­liers zwei Jahre lang aufbe­wahrt habe, bis sie sich endlich die Mitt­woch­mor­gen fürs Weben habe frei­schaf­fen können. Am Nach­mit­tag hat sich zudem noch eine Ärztin aus München ange­kün­digt, die gleich an vier aufein­an­der­fol­gen­den Tagen in Magden­au weben möch­te. «Wir sind 77 Jahre alt. Unse­re Produk­te laufen im Klos­ter­la­den so gut, dass wir mit Weben kaum nach­kom­men», sagt Susan­ne Sutter-Wartenweiler. «Wir machen das, was uns glück­lich macht. Dafür muss man das Leben so nehmen, wie es kommt, und Vertrau­en haben», sagt sie und nennt zum Abschied einen gros­sen Wunsch: dass sich bald eine Nach­fol­ge fürs Webate­lier findet. «Denn das ist in der heuti­gen Zeit gar nicht so einfach.»

www.kloster-magdenau.ch/Magdenau-besuchen/Webatelier/

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 21. März 2025

Film «Die Heldin»: «Man ­leidet mit»

Der Film «Heldin» nimmt die Zuschaue­rin­nen und Zuschau­er mit auf die stres­si­ge Nacht­schicht einer Pfle­ge­fach­frau. Der St. Galler Spital­seel­sor­ger Sepp Koller erklärt, wie nahe der Film wirk­lich an der Reali­tät ist.

Sie hetzt von einem Pati­en­ten zum nächs­ten, verab­reicht hier ein Medi­ka­ment, hat dort ein offe­nes Ohr: Im Film «Heldin» der Regis­seu­rin Petra Volpe tauchen die Zuschaue­rin­nen und Zuschau­er in den hekti­schen Arbeits­all­tag einer Pfle­ge­fach­frau ein. Pflicht­be­wusst versucht sie alle ihr oblie­gen­den Aufga­ben zu erle­di­gen und doch kommt es schliess­lich zu einem folgen­schwe­ren Fehler. Die Geschich­te spielt an einem fikti­ven Spital in der Schweiz – könn­te aber auch in St. Gallen statt­fin­den, wie Spital­seel­sor­ger Sepp Koller erklärt: «Der Film ist nahe an der Reali­tät und gibt einen Eindruck, wie der Spital­alltag aussieht.» Koller arbei­tet seit acht ­Jahren am Kantons­spi­tal St. Gallen und ist nebst seiner Arbeit als Seel­sor­ger auch Teil des spital­in­ter­nen Care Teams. Der 55-Jährige hat sich den Film kürz­lich im Kino ange­schaut und hat eine dezi­dier­te Meinung darüber: «Der Spital­alltag ist prägnant darge­stellt. Es wird vieles so gezeigt, wie es tatsäch­lich ist. Aber der Film ist etwas überzeichnet.»

Spital­seel­sor­ger Sepp Koller: «Der Spital­alltag ist prägnant darge­stellt. Es wird vieles so gezeigt, wie es tatsäch­lich ist. Aber der Film ist etwas überzeichnet.»

Emotio­nal berührend

Regis­seu­rin Petra Volpe bezeich­net den Film, der an der Berli­na­le Premie­re feier­te, in einem Inter­view mit dem NDR als «Liebes­er­klä­rung an die Pfle­gen­den». Den Fokus setzt sie auf Haupt­dar­stel­le­rin Leonie Benesch. Die Bilder sind eher düster, die Szene­rie wirkt teil­wei­se fast ein wenig bedroh­lich. Die Umset­zung gefällt Sepp Koller: «Ich finde es sehr gut, dass der Film emotio­nal berührt. Man fühlt sich schnell mit der Schau­spie­le­rin verbun­den, leidet am Schluss sogar mit ihr mit.» Der Spital­seel­sor­ger spricht aber auch von einer einsei­ti­gen Fokus­sie­rung: «Es dreht sich alles um den Dienst dieser Pfle­ge­fach­frau. Ande­re Diszi­pli­nen – also alle Diens­te im Support wie die Seel­sor­ge, das Care Team, die Sozia­len Diens­te, das Ethik­fo­rum, die Psycho­so­ma­tik und Psycho­on­ko­lo­gie – kommen nicht vor. In der Reali­tät arbei­ten diese Berei­che eng mitein­an­der zusam­men und unter­stüt­zen sich in schwie­ri­gen Situa­tio­nen», sagt Sepp Koller. Er schätzt, dass dies so gewollt ist, und verweist auf den Film­ti­tel: «Als hätte die Regis­seu­rin getreu dem Namen des Films ein Helden­epos schaf­fen wollen. Und das ist ihr sehr gut gelun­gen». Sepp Koller spricht auch irri­tie­ren­de Szenen im Film an, etwa als eine betag­te Frau ruhig ster­be und die Pfle­ge­fach­frau das Reani­ma­ti­ons­team aufbie­tet, da es der Sohn im Moment der Trau­er nicht begrei­fen kann.

Der Film ist eine Liebes­er­klä­rung an die Pflegenden.

Wert­schät­zung steigern

Trotz inhalt­li­cher Irri­ta­tio­nen und Fokus­sie­rung auf eine Person ist Sepp Koller froh, den Film gese­hen zu haben, und er hofft, dass es ihm eini­ge gleich­tun: «Es lohnt sich. Schön und posi­tiv ist auch, dass der Film sicher­lich die Wert­schät­zung für die Arbeit der Pflegefachpersonen stärkt. Sie hätten das verdient, weil sie wirk­lich viele Stress­si­tua­tio­nen zu bewäl­ti­gen haben.» Als Spital­seel­sor­ger ist Sepp Koller nicht nur für die Betreu­ung der Pati­en­ten und deren Ange­hö­ri­gen zustän­dig, sondern auch für die Mitar­bei­ten­den. Er hat die Coro­na­pan­de­mie und die Massen­ent­las­sun­gen vom vergan­ge­nen Herbst am Kantons­spi­tal St. Gallen miter­lebt und weiss, wie sehr diese Ereig­nis­se den Spital­all­tag der Pfle­ge­fach­per­so­nen zusätz­lich belas­tet hatten. Während der Pande­mie war der Bedarf kurz­zei­tig stark gestie­gen. Rund 30 Prozent des Pensums wand­ten die Spital­seelsorgenden damals für die Mitar­bei­ten­den auf. Mitt­ler­wei­le ist die Zahl wieder gesun­ken. «Im Gesund­heits­sys­tem ist es stres­sig, das gehört dazu. Manche können besser damit umge­hen, ande­re weni­ger gut. Ich würde mir einfach wünschen, dass die Arbeit der Pfle­ge­per­so­nen noch mehr geschätzt wird», so Koller. Die Pfle­ge­initia­ti­ve sei ein erster wich­ti­ger Schritt dahin­ge­hend gewe­sen. «Der Film zeigt uns allen anschau­lich, was die Pfle­ge­kräf­te für eine wert­volle Arbeit leis­ten. Sie hätten auf ganzer Linie mehr Unter­stüt­zung und Wert­schät­zung verdient.»

Text: Ales­sia Pagani

Bild: zVg

Veröf­fent­licht: 19.03. 2025

Bischof Markus Büchel

Dossier Bischof Markus Büchel

Das Pfar­rei­fo­rum blickt zurück auf die Amts­zeit von Bischof Markus Büchel. Wie beur­tei­len Persön­lich­kei­ten aus Kirche, Poli­tik, Kultur und Gesell­schaft die Amts­zeit? Was ist ihnen in Erin­ne­rung geblie­ben? Das Dossier wird in den kommen­den Wochen laufend ergänzt.

Ab 1995 wirk­te Markus Büchel als Bischofs­vi­kar, Leiter des Pasto­ral­am­tes und Resi­den­ti­al­ka­no­ni­kus, am 4. Juli 2006 wurde er zum Bischof von St.Gallen gewählt. Bild von 2004, Regi­na Kühne

Auf Haus­be­such bei den Bischöfen
«Es kam von Herzen»

«Ich bin Bischof Markus dank­bar für das freund­schaft­li­che Mitein­an­der und die selbst­ver­ständ­lich geleb­te Ökume­ne auf Augen­hö­he», sagt Pfar­rer Martin Schmidt, Präsi­dent der evangelisch-refomierten Kirche des Kantons St.Gallen, «Ich habe immer gespürt, dass ihm die Ökume­ne wich­tig ist und nicht einfach nur eine Verpflich­tung. Es kam von Herzen.» Als Beispiel für das freund­li­che Mitein­an­der nennt er die Einla­dung nach «Nacht der Lich­ter» in seine Wohnung. «Sich nach der Feier auf ein Glas Wein zu tref­fen und zusam­men zu sein, das ist Bischof Markus Büchel.»

Wurzeln in der Seelsorge

Der Kirchen­rats­prä­si­dent lobt auch die Zusam­men­ar­beit bei stra­te­gi­schen Fragen: «Beim gemein­sa­mes Auftre­ten den staat­li­chen Behör­den gegen­über konn­ten wir immer auf seine Loya­li­tät zählen. Beson­ders in Erin­ne­rung geblie­ben ist mir die gemein­sa­me Feier des Refor­ma­ti­ons­ge­den­kens vor sieben Jahren — Bischof Markus hat im Patro­nats­ko­mi­tee mitge­wirkt — das war alles ande­re als eine Selbst­ver­ständ­lich­keit.» Der Bischof liess es sich auch nicht nehmen, bei einer unkon­ven­tio­nel­len Jubi­lä­ums­ak­ti­on mitzu­wir­ken: Gemein­sam mit dem refor­mier­ten Kirchen­prä­si­den­ten «riss» er symbo­lisch auf dem Klos­ter­platz eine Mauer nieder — ein Symbol für die alte Schied­mau­er, die damals den Klos­ter­be­zirk von der refor­mier­ten Stadt trennte.

«Die Jahre als Seel­sor­ger haben ihn geprägt, das hat man gespürt», hält Martin Schmidt fest, «Das wurde zum Beispiel deut­lich bei den Gesprä­chen zur Spital­seel­sor­ge und deren Anstel­lung: Ihm war es wich­tig, dass die Spital­seel­sor­ge­rin­nen und Spital­seel­sor­ger in der Orts­seel­sor­ge veran­kert sind.» (ssi, 21. Febru­ar 2025)

 

 

 

Bischof Markus Büchel lud die Gläu­bi­gen ein, sich bei der Umfra­ge zur Bischofs­syn­ode 2023 in Rom zu betei­li­gen. Bild: Regi­na Kühne



Auf Hausbesuch bei den Bischöfen

Bischof Markus mit Rosma­rie Koller 2008 am Fest im Pfalz­kel­ler, das der Katho­li­sche Frau­en­bund St.Gallen-Appenzell für die Frau­en der loka­len Frau­en­ge­mein­schaf­ten orga­ni­siert hatte. (Bild: zVg)

Die Appen­zel­le­rin Rosma­rie Koller erin­nert sich an ihre Begeg­nun­gen als Präsi­den­tin des Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des mit Bischof Markus. Die Schwei­zer Bischö­fe hat sie fast alle persön­lich besucht. Bischof Markus hat sie beson­ders beeindruckt. 

Appen­zel­le­rin Rosma­rie
Koller erin­nert sich an ihre Begeg­nun­gen als Präsi­den­tin des
Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des mit Bischof Markus. Die
Schwei­zer Bischö­fe hat sie fast alle persön­lich besucht. Bischof Markus
hat sie beson­ders beeindruck
Appen­zel­le­rin Rosma­rie
Koller erin­nert sich an ihre Begeg­nun­gen als Präsi­den­tin des
Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des mit Bischof Markus. Die
Schwei­zer Bischö­fe hat sie fast alle persön­lich besucht. Bischof Markus
hat sie beson­ders beeindruck

«Im Bistum St.Gallen hatten und haben wir mit Bischof Markus himm­li­sche Zustän­de», sagt Rosma­rie Koller. Die 72-Jährige war von 2004 bis 2009 Präsi­den­tin des Katho­li­schen Frau­en­bun­des St.Gallen-Appenzell und danach bis 2016 Präsi­den­tin des Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bun­des. In letz­te­re Amts­zeit fällt etwa die Demons­tra­ti­on der Alli­anz «Es reicht!» 2014, zu der nebst dem Schwei­ze­ri­schen Katho­li­schen Frau­en­bund unter ande­rem auch die christ­li­che Sozi­al­be­we­gung (KAB) und die Herbert Haag Stif­tung für Frei­heit in der Kirche gehörten. 

 

Brücken bauen statt niederreissen

Rund 3000 Perso­nen aus der ganzen Schweiz demons­trier­ten damals gegen die Zustän­de im Bistum Chur. Sie forder­ten, dort einen Admi­nis­tra­tor einzu­set­zen, «der das Vertrau­en der Mehr­heit der Gläu­bi­gen geniesst», ein kirch­li­ches Denken, «das keiner­lei Ausgren­zung und Diskri­mi­nie­rung von Menschen duldet», sowie einen Umgang mit den Resul­ta­ten der Fami­li­en­um­fra­ge, der «ermu­ti­gen­de Konse­quen­zen für die Betrof­fe­nen nach sich zieht.» Bischof Markus, der zu diesem Zeit­punkt Präsi­dent der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz war, nahm die Forde­run­gen gemäss einem Bericht auf kath.ch auf dem Klos­ter­platz mit den Worten entge­gen: «Möge es uns gelin­gen, Brücken zu bauen und nicht Brücken nieder­zu­reis­sen.» Er sei sicht­lich bewegt gewe­sen. Die Veran­stal­tung habe gezeigt, dass sich viele Menschen um die Kirche kümmer­ten. «So ist er uns immer begeg­net: Mensch­lich, authen­tisch und auf Augen­hö­he. Man hatte das Gefühl, dass er einem zuhört und die Anlie­gen ernst nimmt», sagt Rosma­rie Koller. Nur eines hätte sie sich mehr gewünscht: Dass er bei der Schwei­ze­ri­schen Bischofs­kon­fe­renz etwas mehr auf den Tisch klopft. 

 

Gleich­be­rech­ti­gung und Mitbestimmung

Als Rosmarie Koller Präsi­den­tin des Schwei­ze­ri­schen Frau­en­bun­des wurde, besuch­te sie alle Bischö­fe der Schweiz persön­lich, ausser Bischof Huon­der. Er habe sich gewei­gert, sie zu empfan­gen. «Ich kann sagen, dass wir es mit Bischof Markus wirk­lich gut getrof­fen haben», sagt sie und erzählt, wie sie ihn durch ihr Enga­ge­ment im Seel­sor­ge­rat schon vor seiner Zeit als Bischof gekannt hatte. «Ich wuss­te, dass er ein Bischof sein würde, der hinter den Anlie­gen der Frau­en steht», sagt sie. Dafür brau­che es ein Verständ­nis dafür, welche Rolle Frau­en in der Kirche spie­len. Das Kirchen­le­ben hänge von den Frau­en und ihrem Enga­ge­ment ab. Auch den Glau­ben würden haupt­säch­lich die Frau­en in den Fami­li­en weiter­ge­ben. «Unse­re wich­tigs­te Forde­rung ist also bis heute die Gleich­be­rech­ti­gung und Mitbe­stim­mung der Frau­en in der Kirche», sagt sie. Bischof Markus sei dem immer offen begeg­net. Im Bistum St.Gallen könn­ten Seel­sor­ge­rin­nen beispiels­wei­se taufen und beer­di­gen. «Eini­ges, wenn auch lange nicht genug, ist erreicht.»

 

Ein Zeichen der Wertschätzung

Eines der schöns­ten Erin­ne­run­gen mit Bischof Markus, ist für Rosma­rie Koller das Fest 2008, das der Katho­li­sche Frau­en­bund St.Gallen-Appenzell für die zahl­rei­chen Frau­en orga­ni­sier­te, die sich in den loka­len Frau­en­ge­mein­schaf­ten enga­gier­ten. «Es kamen rund 500 Frau­en aus dem ganzen Bistum. Wir feier­ten zusam­men mit Bischof Markus. Das war ein star­kes Zeichen der Wert­schät­zung», sagt sie.  Nach einer gemein­sa­men Vesper in der Kathe­dra­le waren die Frau­en im Pfalz­kel­ler zum Apéro gela­den. Bischof Markus habe sich Zeit genom­men und auch dort den Frau­en zuge­hört. «Er war sicht­lich beein­druckt von dieser geball­ten Frau­en­power», sagt sie. Das Foto oben von Rosma­rie Koller und Bischof Markus stammt von jenem Tag. Sie sagt: «Es ist es das einzi­ge, das es von uns gemein­sam gibt.» (nar, 21. Febru­ar 2025)

 

Mit Humor unter Fasnächtlern

«Am besten ist Bischof Markus in seinen Predig­ten immer dann, wenn er in frei­er Rede spon­tan auf Situa­tio­nen einge­hen kann», sagt Martin Gehrer. Der 68-Jährige hat in seinen Funk­tio­nen als St. Galler Regie­rungs­rat und Admi­nis­tra­ti­ons­rats­prä­si­dent des Katho­li­schen Konfes­si­ons­teils des Kantons St. Gallen regel­mäs­sig mit Bischof Markus zu tun gehabt. «Von Beginn an bis heute sind es die Menschen­freund­lich­keit und die Gesel­lig­keit, die mir als Erstes zu Bischof Markus einfal­len», sagt er und erzählt vom Neujahrs­an­lass, zu dem Bischof ­Markus jeweils Rich­te­rin­nen und Rich­ter, Kirchen­ver­tre­te­rin­nen und ‑vertre­ter der verschie­de­nen Reli­gio­nen sowie Behör­den­mit­glie­der einlädt. «Das ist ein Anlass, zu dem man gerne hingeht.» Es sei auch schon vorge­kom­men, dass sich an die hundert Perso­nen nach dem offi­zi­el­len Programm in der Wohnung von Bischof ­Markus zum Apéro einge­fun­den hätten. «Am Ende sassen wir bis weit nach Mitter­nacht im klei­nen Kreis im hinte­ren Stüb­chen und disku­tier­ten noch immer über Gott und die Welt», sagt er. Auch beein­dru­cke ihn, an wie vielen Veran­stal­tun­gen Bischof Markus anzu­tref­fen sei. ­Martin Gehrer erwähnt als Schnit­zel­bänk­ler die Fasnacht. «Dort habe ich Bischof Markus oft gese­hen, so auch in diesem Jahr. Er kann sehr gut über sich selber lachen und nimmt die Schnit­zel­bän­ke, die sich an ihn rich­ten, mit viel Humor an.» Nur einmal hat Martin Gehrer vor einem Tref­fen mit Bischof Markus etwas Bammel gehabt, wie er es selbst sagt. Nach einer Amts­pe­ri­ode als Admi­nis­tra­ti­ons­rats­prä­si­dent beschloss er, zurück­zu­tre­ten. «Bischof Markus hat verständ­nis­voll reagiert», sagt er und kommt zurück auf die Predig­ten und Seel­sor­ge. Diese seien charak­te­ris­tisch für Bischof Markus. «Man spürt seinen tiefen Glau­ben. Zugleich ist Bischof Markus nicht abge­ho­ben. Es gelingt ihm immer, den Glau­ben nieder­schwel­lig zu vermit­teln, so, dass ihn alle verste­hen.» (Nina Rudnicki)

Bischof Markus Büchel spricht bei der Inter­re­li­giö­sen Feier am Eidge­nös­si­schen Bettag 2011 auf dem Klos­ter­platz. (Bild: Regi­na Kühne)

Auf Haus­be­such bei den Bischöfen
Abendessen mit dem Bischof

Inner­halb weni­ger Minu­ten ist das Eis gebro­chen: Vor etwa zehn Jahren verlost das Pfar­rei­fo­rum ein «Abend­essen mit Bischof Markus Büchel». Allein die Tatsa­che, dass sich der Bischof darauf einlässt, ist ein Signal. Zahl­rei­che Leser*innen machen mit, unter allen Einsen­dun­gen werden fünf glück­li­che Gewinner*innen gezo­gen. Der Abend star­tet mit dem Apéro in der Bischofs­woh­nung. Beim ersten Anstos­sen ist bei den  Gästen noch Zurück­hal­tung zu spüren, der eine oder ande­re ist noch etwas einge­schüch­tert. Doch Bischof Markus schafft es sofort, das Eis zu brechen, eine witzi­ge Bemer­kung hier, ein gutge­laun­ter Spruch da. Eine Stun­de später beim Essen im Restau­rant ist der Bischof mit den Gewinner*innen im inten­si­ven Austausch. Es werden viele Fragen gestellt. Der Bischof nimmt sich für jede Zeit. Fast scheint es, als würde sich die Grup­pe schon lange kennen.
 
Schnell in Kontakt
 
Bischof Markus Büchel ist ein Menschen­freund. Egal ob Profes­so­rin, Land­wirt oder Minis­trant, es ist «typisch Bischof Markus», mit allen Menschen schnell in Kontakt zu kommen — so etwas sucht man bei vielen Bischö­fen vergeb­lich. Hier begeg­net man einem frohen, aufge­schlos­se­nen Kirchen­ver­tre­ter, dem es nicht um ihn selber geht. Die gros­se Stär­ke ist viel­leicht auch zugleich eine Schwä­che: Während sich ande­re Bischö­fe und Kirchenvertreter*innen enga­giert und mit Verve in öffent­li­che Diskus­sio­nen einbrin­gen, eige­ne Themen lancie­ren, bevor­zug­te es Bischof Markus, sich zurück­zu­hal­ten. Da blieb auch manche Chan­ce unge­nutzt. Bei Medi­en­an­fra­gen — auch bei vom Pfar­rei­fo­rum dauer­te es oft, bis eine Zusa­ge kam, man spür­te, dass der Fokus und das Herz­blut von Bischof Markus bei ande­ren Aufga­ben lag. Jedoch beim Inter­view selbst war er wieder ganz in seiner Rolle: Kontakt­freu­dig, zu Scher­zen aufge­legt, auch gegen­über der Foto­gra­fin, mit der zwischen zwei Fotos auch noch das eine odere ande­re persön­li­che State­ment entlockte.
 
Keine Gour­met­kü­che
 
Ein Anlass hat die Redak­ti­on beson­ders beein­druckt: Anläss­lich des 70. Geburts­tags von Bischof Markus Büchel trifft sich die Redak­ti­on mit dem Bischof zum Abend­essen — anstatt eines Inter­views tauscht sich die Redak­ti­on in einem locke­ren Gesprä­che mit ihm aus. Ein Zitat aus diesem Text von 2019, das Bischof Markus Büchel tref­fend beschreibt: «Der Jubi­lar mag seinen runden Geburts­tag nicht gerne an die gros­se Glocke hängen. «Ich feie­re eigent­lich wie jedes Jahr: Am 10. August tref­fe ich mich mit Geschwis­tern, Nich­ten, Neffen und deren Kindern am Boden­see zu einer klei­nen Fami­li­en­fei­er.» Ein eigent­li­ches Geburts­tags­lieb­lings­es­sen will der Bischof keines nennen. «Es muss keine Gour­met­kü­che sein. Mindes­tens eben­so mundet mir einfa­che Haus­manns­kost in Kombi­na­ti­on mit einem feinen Trop­fen», sagt er und hebt sein Wein­glas. (ssi, 24. Febru­ar 2025)

 

Mit Bischof Markus auf der Wallfahrt nach Lourdes

Bischof Markus Büchel in Lour­des (Aufnah­me von 2015, Bild: Mari­an­ne Baldinger-Lang)

Menschen­freund­lich und zu Späs­sen aufge­legt: So erle­be man Bischof Markus jeweils während der Wall­fahrt nach Lour­des, sagt Judith Gähwi­ler, Präsi­den­tin des Lour­des­pil­ger­ver­ei­nes St.Gallen und Umge­bung.  Auch in diesem Jahr ist er bei der Reise mit dabei.

Menschen­freund­lich und
zu Späs­sen aufge­legt: So erle­be man Bischof Markus jeweils während der
Wahl­fahrt nach Lour­des, sagt Judith Gähwi­ler, Präsi­den­tin des
Lour­des­pil­ger­ver­ei­nes St.Gallen und Umge­bung.  Auch in diesem Jahr ist
er bei der Reise mit dabei.
Menschen­freund­lich und
zu Späs­sen aufge­legt: So erle­be man Bischof Markus jeweils während der
Wahl­fahrt nach Lour­des, sagt Judith Gähwi­ler, Präsi­den­tin des
Lour­des­pil­ger­ver­ei­nes St.Gallen und Umge­bung.  Auch in diesem Jahr ist
er bei der Reise mit dabei.

«Von einer Wall­fahrt nach Lour­des kommt man einfach zufrie­de­ner nach Hause zurück», sagt Judith Gähwi­ler, Präsi­den­tin des Lour­des­pil­ger­ver­eins St.Gallen und Umge­bung. Lour­des sei ein Kraft­ort und ermög­li­che den Pilge­rin­nen und Pilgern viele einzig­ar­ti­ge Erleb­nis­se. Dazu gehört gemäss Judith Gähwi­ler auch, den jewei­li­gen Bischof, der die Deutsch­schwei­zer Reisen­den beglei­tet, zu erle­ben und kennen­zu­ler­nen. Abwech­selnd sind die Bischö­fe von Basel, Chur und St.Gallen mit dabei. In diesem Jahr wird vom 9. bis 15 Mai noch einmal Bischof Markus mit nach Lour­des reisen. Judith Gähwi­ler erin­nert sich an die letz­te Lour­des­wall­fahrt mit ihm: «Er ist menschen­freund­lich und leut­se­lig und es macht Spass, mit ihm zu reden. Er ist einer wie alle ande­ren auch», sagt sie. Er über­nach­te auch in densel­ben Hotels. An eini­ge Späs­se dies­be­züg­lich könne sie sich noch gut erin­nern. Die Hotel­zim­mer würden auch immer enger, habe er beispiels­wei­se gesagt. «Aber am meis­ten berührt mich, dass er einen auch später bei Begeg­nun­gen wie etwa bei der St.Galler Kathe­dra­le wieder­erkennt und mit einem redet», sagt sie. Von Lour­des könn­te sie indes­sen viel erzäh­len: Etwa von den 30’000 gemein­sam Beten­den, den Gebe­ten in allen mögli­chen Spra­chen oder der wohl zehn­spu­ri­gen Prozes­si­on. Bei dieser würden die Italie­ne­rin­nen und Italie­ner, auch wenn sie weit hinten gestar­tet seien, jedes Mal am Ende zuvor­derst laufen. «Und dann gehört es natür­lich zu jeder Lour­des­wall­fahrt dazu, dass man sein Gebets­büch­lein vom jewei­li­gen Bischof unter­schrei­ben lässt. Das ist eine schö­ne Erin­ne­rung.» (nar, 25. Febru­ar 2025)

 

Im Einsatz für das kulturelle Erbe

Das Gespräch mit der ehema­li­gen St. Galler Regie­rungs­rä­tin Kath­rin Hilber über Bischof Markus führt in die Medien­datenbank. Dort finden sich Zeitungs­ar­ti­kel über das Erdbe­ben in der nord­ita­lie­ni­schen Regi­on ­Friaul 1979 oder über die Qumran-Rollen. Bei Letz­te­ren handelt es sich um jahr­tau­sen­de­al­te Schrift­rol­len vom Toten Meer, die als Urtex­te der Bibel gelten. «Es sind vor allem die gemein­sa­men Reisen und der Einsatz für das kultu­rel­le Erbe, die mich mit Bischof Markus verbin­den», sagt die eins­ti­ge Kultur­di­rek­to­rin Kath­rin Hilber. Die Räume der St. Galler Regie­rung im Klos­ter­be­zirk befän­den sich auf demsel­ben Stock­werk wie die Wohnung des Bischofs. «Dadurch sind wir uns regel­mäs­sig begeg­net, auch wenn Bischof ­Markus und ich während meinen 16 Jahren als Regie­rungs­rä­tin weni­ge beruf­li­che Berüh­rungs­punk­te hatten», sagt sie.

Zum Gallus­tag nach Italien

Zu den Ausnah­men gehö­ren die erwähn­ten Qumran-Rollen und die Paten­schaft mit dem Ort ­Moggio im Friaul. «Seit fast 900 Jahren bestehen Bezie­hun­gen zwischen dem Kanton St. Gallen und der Regi­on Friaul und zum dorti­gen Gallus­klos­ter von Moggio», sagte Kath­rin Hilber in einem Tagblatt­ar­ti­kel von 2003. Dieser berich­te­te über die Eröff­nung einer Grup­pen­aus­stel­lung mit Kunst­schaf­fen­den aus dem Friaul im Regie­rungs­ge­bäu­de. Kath­rin Hilber ging auf die Grün­dung des Gallus­klos­ters von Moggio im Jahr 1120 ein und erwähn­te, wie die Bezie­hung nach dem kata­stro­pha­len Erdbe­ben von 1976 im Friaul neu belebt wurde. Nebst vielen ande­ren betei­lig­te sich auch das Bistum St. Gallen an Hilfs­ak­tio­nen. So entstand eine Part­ner­schaft mit zahl­rei­chen Austausch­pro­jek­ten. «Einmal reis­te ich zusam­men mit Bischof Markus nach Moggio, um mit den Menschen dort am 16. Okto­ber den Gallus­tag zu feiern. Solch kultu­rel­ler und gesell­schaft­li­cher Austausch ist Bischof Markus bis heute wich­tig», sagt sie. Eindrück­lich sei auch die Reise 1998 zu den Fund­stät­ten der Qumran-Rollen in Isra­el mit Bischof Markus gewe­sen. Zu diesem Zeit­punkt wirk­te er unter ande­rem als Bischofs­vi­kar, also als Stell­ver­tre­ter des Bischofs. Im darauf­fol­gen­den Jahr kamen die origi­na­len Schrift­rol­len für eine Ausstel­lung nach St. Gallen, die mit 65’000 viel mehr Perso­nen besuch­ten als erwar­tet. Kath­rin Hilber sagt: «Sich mit Würde und Ernst­haf­tig­keit für unser Welt­erbe einzu­set­zen, ist nicht selbst­ver­ständ­lich, für Bischof Markus aber schon.» (Nina Rudnicki)

Bischof Markus (gelbes T‑Shirt) während der Qumran-Reise nach Isra­el. (Bilder: zVg)


Erlebnisse eines Bischof-Fans

Bischof Markus über­nahm auch schon spon­tan die Predigt in der Kathe­dra­le, als er erfuhr, dass Phil­ipp Wechs­ler Lekto­ren­dienst hat. Das gehört zu den schöns­ten Erleb­nis­sen, wie der Watt­wi­ler und Bischof-Fan Phil­ipp Wechs­ler sagt. 

 

Ein Leben ohne die St.Galler Kathe­dra­le: Das ist für Phil­ipp Wechs­ler aus Watt­wil nur schwer vorstell­bar. In seiner Frei­zeit fährt er daher so oft wie möglich in die Kantons­haupt­stadt. Die Kathe­dra­le, vor allem aber auch die Menschen dort sowie die Begeg­nun­gen mit dem Bischof geben ihm Kraft und Lebens­freu­de, sagt er. 

 

Hey Phil­ipp, wirst du jetzt berühmt? Eine Mitar­bei­te­rin der Katho­li­schen Kirche im Lebens­raum St.Gallen geht durch den Gang in der St.Galler Kathe­dra­le. Sie nickt Phil­ipp Wechs­ler zu und lacht, als sie ihn beim Foto­shoo­ting erblickt. Der 53-jährige Watt­wi­ler ist hier bekannt. Jeden Donners­tag fährt er, wann immer möglich, in die Kantons­haupt­stadt. Dort verbringt er seinen frei­en Tag, besucht zunächst die Kathe­dra­le, schlen­dert durch die Altstadt, trifft Bekann­te auf einen Schwatz. An den Sonn­ta­gen ist er in der Kathe­dra­le zudem regel­mä­ßig Lektor. Für diesen Dienst lebt er. „Ich bin einfach unglaub­lich stolz darauf. Ausser­dem gehört es für mich zu den schöns­ten Erleb­nis­sen, gemein­sam mit Bischof Markus feiern zu können“, sagt Phil­ipp Wechs­ler, der sich selbst als Bischof-Fan beschreibt. Er erin­nert sich an den dies­jäh­ri­gen Pfingst­got­tes­dienst, als beim Einzug in die Kathe­dra­le mit Orgel­mu­sik alles in seinem Körper anfing zu krib­beln. Und er erzählt von einem Gottes­dienst vor eini­gen Jahren, als Bischof Markus über­ra­schend die Predigt über­nom­men habe, als er erfuhr, dass Phil­ipp Wechs­ler Lekto­ren­dienst hat. „Das gehört für mich zum Besten, was ich erle­ben kann“, sagt er.

Aufge­wach­sen ist Phil­ipp Wechs­ler als mitt­le­res von drei Kindern in Lich­ten­steig. Heute arbei­tet er im Coop in Jona, wohin er täglich außer donners­tags per Zug pendelt. Die katho­li­sche Tradi­ti­on sei in seiner Fami­lie immer wich­tig gewe­sen. So habe er in der Kirche auch eine seiner besten Freun­din­nen gefun­den. „Ihr verdan­ke ich es auch, dass ich in die Kathe­dra­le gekom­men bin“, sagt Phil­ipp Wechs­ler. „Sie ist hier Seel­sor­ge­rin und als sie nach St.Gallen wech­sel­te, frag­te sie mich, wie ich es fände, hier Lektor zu sein.“ Heute könne er sich nichts Schö­ne­res vorstel­len. „Von der Harmo­nie, über die Menschen bis zur Orgel stimmt hier einfach alles“, sagt er und dreht sich im Kirchen­bank dem hinte­ren Teil der Kathe­dra­le zu, wo sich das Instru­ment befin­det. Orgel­mu­sik ist eine weite­re Leiden­schaft von Phil­ipp Wechs­ler. Vor zwei Jahren reis­te er nach Passau, um im Dom St. Stephan die größ­te Domor­gel der Welt zu sehen. „Sobald ich Orgel­mu­sik höre, kann ich nicht anders, als lange sitzen­zu­blei­ben und zuzu­hö­ren. Mein Körper geht mit der Musik mit“, sagt er.

Dann ist es Zeit, aufzu­ste­hen und aus der Kathe­dra­le hinaus auf den Klos­ter­platz zu treten. Phil­ipp Wechs­ler möch­te sich noch etwas durch die Stadt trei­ben lassen und schau­en, wen er trifft. Beim Abschied kommt er noch einmal auf das Thema Reisen zu spre­chen. Nebst Passau habe ihn auch Isra­el sehr beein­druckt. Dort war er zusam­men mit der Pilger­grup­pe Lich­ten­steig. Nebst seiner besten Freun­din sei auch Bischof Markus mit dabei gewe­sen. „Was wir da alles erlebt haben“, sagt er. „Von Spiri­tu­el­lem und Reli­giö­sem, über Span­nun­gen zwischen Paläs­ti­nen­sern und Israe­lis und einem Anschlag mit Pflas­ter­stei­nen auf unse­ren Bus. Da rutsch­te mir das Herz in die Hose und wir haben alle eine Nacht lang kaum geschla­fen.“ (nar, erschie­nen im Pfar­rei­fo­rum 10/2021)

Texte: Redak­ti­on Pfarreiforum

Bilder: Regi­na Kühne, Ana Kontou­lis, zVg

Veröf­fent­licht: ab 21. Febru­ar 2025

Weitere Beiträge

Mit Fussball Grenzen überwinden

Mit einem Fuss­ball­tur­nier ein Zeichen gegen Rassis­mus setzen: Wie das funk­tio­niert, erzählt der St. Galler Moha­med Abdil­lahi. Mit dem FC Soma­lia orga­ni­siert er im März während der Akti­ons­ta­ge gegen Rassis­mus des Kantons St.Gallen das Fair Play Fussballturnier.

«Fuss­ball ist wie eine Spra­che», sagt Moha­med Abdil­lahi. Der 41-Jährige enga­giert sich im Vorstand des FC Soma­lia in St. Gallen und orga­ni­siert mit seinem Team seit zehn Jahren das Fair Play Fuss­ball­tur­nier gegen Rassis­mus. Dieses findet jeweils im Rahmen der kanto­na­len Akti­ons­ta­ge gegen Rassis­mus vom 10. bis 23. März statt. Als Spra­che bezeich­net Moha­med Abdil­lahi Fuss­ball, weil die Sport­art eine gemein­sa­me Basis in unse­rer viel­fäl­ti­gen Gesell­schaft bildet und kultu­rel­le Gren­zen über­win­det. «Auf dem Feld geht es nur um das Gemein­sa­me, das Spiel und um Fair­ness. Haut­far­be, Reli­gi­on und Herkunft spie­len dabei keine Rolle. Es gibt keine Vorur­tei­le», sagt er.

Ein Turnier für Kinder

Moha­med Abdil­lahi lebt seit 2012 in der Schweiz. Er war vor dem jahr­zehn­te­lan­gen Bürger­krieg in seiner Heimat geflüch­tet. Nach einem Deutsch­kurs fand er Arbeit im Kantonsspital St. Gallen, wo er bis heute arbei­tet. «Fuss­ball hat mir dabei gehol­fen, hier anzu­kom­men», sagt er und erzählt, wie er nach einem Jahr in St. Gallen mit Freun­den den FC Soma­lia grün­de­te. Kurz darauf orga­ni­sier­te dieser zusam­men mit dem SC Brühl ein Fuss­ball­tur­nier für Kinder. Auch die Stadt St. Gallen unter­stütz­te das Projekt, aus dem sich schliess­lich das Fair Play Turnier für Erwach­se­ne gegen Rassis­mus entwi­ckel­te. Im Schnitt spie­len an diesem 13 Teams verschie­de­ner Natio­nen aus der ganzen Umge­bung mit. Dazu gehö­ren Teams mit jungen Flüchtlingen aus loka­len und regio­na­len Flücht­lings­hei­men, Mann­schaf­ten von Migran­ten­ver­ei­nen oder der Alter­na­ti­ven Fuss­ball Liga St. Gallen. In Letz­te­rer spie­len über 20 Teams, wie etwa nebst dem FC Soma­lia auch der FC Eggers­riet oder der FC Mörschwil. Die Alter­na­ti­ve Liga funk­tio­niert ohne Spiel­lei­tung. «Ohne Fair Play und gegen­sei­ti­gen Respekt würde das nicht funk­tio­nie­ren», sagt Moha­med Abdillahi.

Ausgleich zum Alltag

Der FC Soma­lia trai­niert abwech­selnd im Westen von St. Gallen beim Schul­haus Engel­wies sowie im Osten der Stadt im Stadi­on Espen­moos. Fuss­ball zu spie­len ist für Moha­med Abdil­lahi ein Ausgleich zu seinem Alltag. Schon als Kind habe er den Sport geliebt. Am Fair Play Turnier im März freut er sich nebst den Spie­len selbst am meis­ten auf die Stim­mung. «Es hat immer viele Zuschau­er und Freun­de und Fami­li­en im Publi­kum. Die Stim­mung ist entspannt», sagt er und fügt an: «Ein High­light ist immer auch das soma­li­sche Essen wie Sambusa, also Teig­ta­schen mit Hack­fleisch, das die Fami­li­en selber zubereiten.»

Akti­ons­ta­ge gegen Rassis­mus, 10. bis 23. März 2025, mit ­zahl­rei­chen Veran­stal­tun­gen und Aktio­nen im ganzen Kanton St.Gallen. Infos: www.gegenrassismus.sg.ch

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 7. März 2025

Wertekompass für Kantonsräte

Rama­dan für Kinder und die Zukunft des Reli­gi­ons­un­ter­richts: Mit diesen und vielen weite­ren Fragen und Themen in der Schnitt­flä­che zwischen Poli­tik und Reli­gi­on beschäf­tigt sich die Ethik­grup­pe des St. Galler Kantons­par­la­ments. Diese gibt es seit 25 Jahren.

«Wir können nicht gegen gros­se Macht­ha­ber kämp­fen, aber wir können in unse­rem Umfeld die Situa­ti­on verbes­sern», sagt Luzia Krempl-Gnädinger. Die 54-Jährige poli­ti­siert seit 2019 im St. Galler Kantons­rat. Zu Beginn noch für die CVP, seit deren Zusam­men­schluss mit der BDP im Jahr 2021 für Die Mitte. Seit ihrer Wahl ins Kantons­par­la­ment präsi­diert Luzia Krempl die Ethik­grup­pe des Kantons­ra­tes, Co-Präsident ist Jascha Müller von der EVP. Die Ethik­grup­pe wurde vor 25 Jahren ins Leben geru­fen und besteht momen­tan aus 25 Mitglie­dern sämt­li­cher Partei­en. Teil­neh­men können alle Mitglie­der des Kantons­ra­tes, welche sich für Ethik interessieren. 

Die St. Galler Mitte-Kantonsrätin Luzia Krempl-Gnädinger ist seit Beginn ihrer Amts­zeit im Jahr 2019 Mitglied in der Ethikgruppe.

«Die meis­ten blei­ben lange dabei. Mich wird das Enga­ge­ment beglei­ten, bis ich im Kantons­rat aufhö­re», sagt Luzia Krempl. Sich um ethi­sche Fragen Gedan­ken zu machen, bezeich­net die Goldach­erin als Teil ihrer Kultur und ihrer persön­li­chen Haltung. «Das gehört für mich einfach zum Leben dazu.»

Viele Schnitt­punk­te

Einer, der auch schon seit rund zehn Jahren in der Ethik­grup­pe mitar­bei­tet, ist FDP-Kantonsrat Rolf Huber. «Auch wenn wir in einem säku­lä­ren Staat leben, soll­te eine Verbin­dung zwischen Kirche und Poli­tik da sein. Es gibt viele Schnitt­punk­te», sagt er. Die Ethik­grup­pe prüft laut Statu­ten Sach­vor­la­gen und allge­mei­ne poli­ti­sche Fragen aller Art unter dem Blick­win­kel der christ­li­chen Ethik. Sie hat die Möglich­keit, selbst Vorla­gen ins Parla­ment einzu­brin­gen. Dies kam in den vergan­ge­nen fünf Jahren gemäss der Präsi­den­tin aller­dings nicht vor. «Es geht vor allem auch darum, Infor­ma­tio­nen einzu­ho­len und Lobby­ar­beit zu betrei­ben», sagt Krempl und nennt als Beispiel das neue Volks­schul­ge­setz, mit dem sich das St. Galler Kantons­par­la­ment seit eini­ger Zeit beschäf­tigt, und hier insbe­son­de­re der Reli­gi­ons­un­ter­richt. Bei einem Tref­fen mit Reli­gi­ons­lehr­per­so­nen hätte sie deren Bedürf­nis­se abge­holt. Diese wurden in der Ethik­grup­pe bespro­chen und von den Mitglie­dern in die Frak­tio­nen getra­gen. «Wir wollen verste­hen, wie wir und die ande­ren ticken und das Verständ­nis für poli­ti­sche Vorgän­ge stei­gern», sagt Rolf Huber. 

Rolf Huber von der FDP ist seit rund zehn Jahren Teil der Ethik­grup­pe des Kantons­ra­tes St. Gallen. Diese trage viel zum gegen­sei­ti­gen Verständ­nis bei.

Als weite­re Beispie­le nennt er die Thema­ti­ken «musli­mi­sche Gräber» oder «Rama­dan für Kinder». Rolf Huber sagt: «In der Ethik­grup­pe können Sorgen und Nöte mitge­teilt werden.»

Zusam­men­ar­beit vertieft

Clau­dia Martin nennt die Ethik­grup­pe eine wert­vol­le Ergän­zung ihres Werte­kom­pas­ses. Die SVP-Kantonsrätin ist seit 2013 im Rat und trat zwei Jahre später der Ethik­grup­pe bei. Diese trägt auch zur Zusam­men­ar­beit im Parla­ment bei, findet die 47-Jährige. «In der Ethik­grup­pe haben wir einen gemein­sa­men Nenner. Das tut gut. Ich erfah­re einen ande­ren Zugang zu Mitglie­dern des Kantons­ra­tes, die auch in der Grup­pe mitar­bei­ten. Es ist einfa­cher.» Das Enga­ge­ment gebe ihr Inputs für Instru­men­te im Umgang mit ande­ren, sagt die Berufs­fach­schul­leh­re­rin und Politikerin. 

SVP-Politikerin Clau­dia Martin schätzt die Ethik­grup­pe unter ande­rem, weil sie ihr Inputs im Umgang mit ande­ren gibt und die Zusam­men­ar­beit im Parla­ment vereinfacht.

Auf die Frage, was denn für sie genau Ethik bedeu­te, über­legt Luzia Krempl kurz: «Es geht darum, dass wir alle Menschen gleich achten, egal welche Herkunft oder welche Voraus­set­zun­gen sie haben, und dass wir nicht ande­re – auch die Natur und Tiere – mit unse­rem Verhal­ten schä­di­gen.» Es stehe immer die Frage im Raum, wie das Zusam­men­le­ben verbes­sert werden kann, sagt auch Rolf Huber.

Inter­re­li­giö­ses Treffen

In der Regel trifft sich die Ethik­grup­pe einmal im Jahr mit den Vertre­tun­gen der gros­sen Reli­gi­ons­grup­pen, nament­lich Bischof Markus Büchel, mit dem evang.-ref. Kirchenratspräsidenten Martin Schmidt, dem St. Galler Rabbi­ner Shlo­mo Tikoch­in­ski und dem Präsidenten des Dach­ver­ban­des isla­mi­scher Gemein­schaf­ten in der Ostschweiz, Yakup Gürgün. Ein Mal jähr­lich orga­ni­siert die Ethik­grup­pe einen Vortrag oder eine Podi­ums­dis­kus­si­on zu einem poli­tisch und ethisch aktu­el­len Thema. Zudem wird zu Beginn jedes Amts­jah­res von refor­mier­ten und katho­li­schen Seel­sor­gen­den ein Besin­nungs­an­lass in der Lauren­zen­kir­che in St. Gallen orga­ni­siert. Dieser wird gemäss Krempl von vielen Kantons­rä­tin­nen und Kantons­rä­ten besucht. Das freut sie beson­ders: «Die Kirchen und auch die Ethik­grup­pe können ein Gegen­pol zur Poli­tik sein, in der oft hart über Sach­vor­la­gen debat­tiert wird. Das finde ich wich­tig», sagt Luzia Krempl. «Und es zeigt, dass unse­re Arbeit geschätzt und das Thema Ethik als wich­tig erach­tet wird.»

Text: Ales­sia Paga­ni
Bilder: Kanton St. Gallen / zVg. 

Die Markthalle als Vorbild

Soll man in der Kirche Kaffee trin­ken, Konzer­te veran­stal­ten und Vereins­tref­fen durch­füh­ren? Ja, findet Markus Schö­bi, Pfar­rer in der Seel­sor­ge­ein­heit Magden­au. Er erzählt, wie seit der Umge­stal­tung der Kirche Bruder Klaus in Wolferts­wil das Pfar­rei­le­ben aufge­blüht ist.

Ein Kirchen­ca­fé, ein Konzert mit dem Hackbrett-Virtuosen Nico­las Senn im aktu­el­len Jahr und ein Treff­punkt für verschie­de­ne Grup­pen der Pfar­rei: Das alles und vieles mehr findet nebst den Gottes­diens­ten Platz in der umge­stal­te­ten Kirche Bruder Klaus in Wolferts­wil. Vor gut einem Jahr wurden dort im Rahmen einer Sanie­rung die Kirchen­bän­ke entfernt und durch Stüh­le ersetzt. Pfar­rer Markus Schö­bi ist von den Verän­de­run­gen begeis­tert, die sich seit­her im Pfar­rei­le­ben bemerk­bar machen. Die Begeis­te­rung steckt an, man könn­te ihm lange zuhö­ren. Zunächst sagt er aber: «Die Kirche ist trotz Umge­stal­tung aber kein Party­raum. Das waren im Vorfeld eini­ge Befürch­tun­gen und damit hätte auch ich Mühe. Aber warum soll­te eine Kirche nicht eine Art Markt­platz sein?» Markus Schö­bi erzählt aus der Zeit des frühen Chris­ten­tums ab dem 4. Jahr­hun­dert. So hätten sich die Menschen damals bewusst dafür entschie­den, die Kirchen in Form von Basi­li­ken statt in Form von Tempeln zu bauen. «Und eine Basi­li­ka wurde unter ande­rem für Versamm­lun­gen und als Markt­hal­le genutzt», sagt er.

Luftig und offen

Aus Rück­mel­dun­gen weiss Markus Schö­bi, dass in der Bevöl­ke­rung gera­de der gewon­ne­ne Raum gut ankommt. «Alles kann lufti­ger und offe­ner einge­rich­tet werden», sagt er und erwähnt die Advents­zeit, die dies­be­züg­lich im vergan­ge­nen Jahr ein Höhe­punkt gewe­sen sei. «Den Altar­be­reich mit der Krip­pe haben wir als medi­ta­ti­ven Bereich gestal­tet. Im mitt­le­ren Bereich hatten verschie­de­ne Fami­li­en einen Advents­ka­len­der aufge­baut», sagt er. Dieser habe aus aufein­an­der­ge­sta­pel­ten Holz­kis­ten bestan­den, deren Inne­res jede Fami­lie mit Dingen wie Schnee­flo­cken, klei­nen Häusern, Ster­nen und Lich­tern geschmückt habe. Der hinte­re Teil der Kirche dien­te mit eini­gen Tischen als «Chile­ka­fi» und Treff­punkt während des Advents.

Vorbild für andere

Die Kirche in Wolferts­wil ist über die Regi­on hinaus als Beispiel für eine gelun­ge­ne Umge­stal­tung bekannt. «In vielen Seel­sor­ge­ein­hei­ten wird darüber disku­tiert, wie man Pfar­rei­hei­me und Kirchen neu nutzen und den verän­der­ten Bedürf­nis­sen anpas­sen soll», sagt Markus Schö­bi. So habe sich kürz­lich bereits der St. Galler Kirch­ge­mein­de­ver­band die umge­stal­te­te Kirche ange­schaut. Und in diesem Jahr plane der Sakristanen­ver­band eine Tagung in der Kirche in Wolfertswil.

Gott und der Alltag

Wärmer und heime­li­ger: So nimmt Markus Schö­bi die Kirche Bruder Klaus auch dann wahr, wenn er mit seiner Pfar­rei Gottes­dienst feiert. Der Altar und der Taber­na­kel – das golde­ne «Schatz­käst­chen», in dem die geweih­ten Hosti­en aufbe­wahrt werden – stehen nicht mehr wie früher hinten im Chor­raum, sondern sind vorne im Chor­bo­gen plat­ziert. «Ich bin dadurch viel näher bei den Gottes­dienst­be­su­che­rin­nen und ‑besu­chern und fühle mich auch beim Predi­gen viel wohler», sagt der 61-Jährige. Eine Kirche, die den Zahlen der Mitfei­ern­den gerecht wird und in der es Platz für profa­ne Anläs­se gibt. «Mir gefällt das so», sagt Markus Schö­bi. «Es gibt keinen Grund, den Alltag vor Gott zu verber­gen. Im Gegen­teil, der Alltag muss wieder vermehrt mit Gott in Verbin­dung gebracht werden.»

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 25. Febru­ar 2025

Der Pfarrer kocht für Gäste

Der Appen­zel­ler Pfar­rer Lukas Hidber ist leiden­schaft­li­cher Koch. Inspi­ra­ti­on für seine ­Gerich­te findet er rund um die Welt. Kochen und Essen verbin­det und stif­tet Gemein­schaft, sagt der 53-Jährige und lädt Inter­es­sier­te daher regel­mäs­sig zu Koch­aben­den bei sich zu Hause ein.

Durchs Essen versteht man sich, auch wenn man auf den ersten Blick gar nichts gemein­sam hat», sagt Lukas Hidber, Pfar­rer in Appen­zell. Seit zehn Jahren kocht der 53-Jährige regel­mäs­sig bei sich zu Hause für eine Runde von maxi­mal sechs Perso­nen. Über Face­book können sich Inter­es­sier­te spon­tan anmel­den. Ein Granatapfel-Drink, eine kalte Gurken­sup­pe mit Senfg­lace, gegrill­te Kaki mit Ruco­la und Mais, Gnoc­chi aus Ricot­ta oder eine Birnen­crê­pe: Das sind eini­ge von vielen verschie­dens­ten Gerich­ten, die Lukas Hidber schon aufge­tischt hat. Kochen bezeich­net er zusam­men mit dem Reisen als seine Leiden­schaft. An die zwan­zig Kurse hat er bei der Schwei­zer Köchin Anne­ma­rie Wild­ei­sen besucht. Ist er im Ausland unter­wegs, findet er über­all Inspi­ra­ti­on für neue Rezep­te. In seiner Wohnung zeugen Koch­bü­cher und Andenken etwa in Form von klei­nen Scha­len, Bechern und Figu­ren von seinen Reisen meist durch Südeu­ro­pa und den Nahen Osten.

Sich nach Jahren begegnen

Die Idee für die Koch­aben­de hatte Lukas Hidber, als er 2015 von Kalt­brunn als Pfar­rer nach Appen­zell wech­sel­te. «Ich frag­te mich, ob und wer kommen wird, wenn ich auf Face­book so eine offe­ne Einla­dung veröf­fent­li­chen würde», sagt er und erzählt, wie schnell die Plät­ze voll gewe­sen seien und daraus eine Serie entstan­den sei. Seine Gäste soll­ten jeweils eine gewis­se Offen­heit mitbrin­gen, weil man im Vorfeld nicht wisse, wie die Grup­pe zusam­men­ge­setzt sein wird. «Ich hatte schon Gäste aus den verschie­dens­ten Ostschwei­zer Regio­nen mit verschie­dens­ten Hinter­grün­den. Dadurch entstan­den span­nen­de und über­ra­schen­de Gesprä­che», sagt er. Ande­re Male hätten sich berüh­ren­de Begeg­nun­gen erge­ben, etwa als sich zwei Mütter bei ihm begeg­net seien, die vor vielen Jahren zur selben Zeit im Spital ihre Kinder zur Welt gebracht und sich seit­her nicht mehr gese­hen hätten.

Wer woher kommt

Begeg­nun­gen schaf­fen und der Gemein­schaft etwas zurück­ge­ben: Das ist die Idee, die hinter den Koch­aben­den von Lukas Hidber steckt. Die Aben­de begin­nen jeweils mit einem Apéro, bei dem sich die Gäste kennen­ler­nen können. «Ich habe fest­ge­stellt, wie wich­tig das gera­de in Appen­zell ist. Die Menschen hier möch­ten immer als Erstes wissen, wer woher kommt und ob es viel­leicht gemein­sa­me Verwand­te, Bekann­te oder Freun­de gibt. Ist das geklärt, beginnt der eigent­li­che Abend», sagt Lukas Hidber, der im Sargan­ser­land aufge­wach­sen ist. Während die Gäste am Tisch Platz nehmen, beginnt er in der offe­nen Küche die Gänge anzu­rich­ten. Vieles hat er schon im Vorfeld vorbe­rei­tet. «Mir ist wich­tig, dass die Gäste wirk­lich zu Gast sind und es viel Zeit für Gesprä­che gibt», sagt er.

Verschie­de­nes zusammenbringen

Lukas Hidber lädt regel­mäs­sig am Sonntag- oder Montag­abend ein, ausser in den kommen­den Wochen in der Fasten­zeit. «Es ist die Zeit, in der wir in unser Inne­res gehen und die Spiri­tua­li­tät stär­ker in den Fokus rückt. Sie ist auch Anlass, uns bewusst aufs Wesent­li­che zu besin­nen.» Sich als Teil einer Gemein­schaft zu wissen sei während der Fasten­zeit das tragen­de Element. Und als gemein­schafts­stif­tend bezeich­net er jene Momen­te, in denen man mit ande­ren am Tisch sitzt, isst und redet. «Das ist auch etwas sehr Jesuanisches», sagt er und nennt als Beispiel die Veran­stal­tung «Gemein­sam kochen mit Espe­ci­ta» mit Einhei­mi­schen sowie Migran­tin­nen und Migran­ten. Espe­ci­ta ist die Lebens­mit­tel­aus­ga­be der Seel­sor­ge­ein­heit in Appen­zell. «Wenn Kochen und Essen Menschen aus verschie­dens­ten Ländern und Kultu­ren zusam­men­bringt und sich etwas Gemein­sa­mes entde­cken lässt, spricht das für sich.»

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 21. Febru­ar 2025

Giftgrün, mit ­Linsen und viel Geschmack

Wie haben unse­re Gross­el­tern gekocht und wie tun wir das heute? Und wer hat über­haupt noch Zeit, stun­den­lang Toma­ten­sauce einzu­ko­chen? Ein Besuch bei Köchin und Ernäh­rungs­exper­tin Marti­na Enderlin in Bühler zeigt, wie wir auch mit knap­per Zeit, gesun­de Gerich­te zube­rei­ten können. Das geht mit weni­gen Zuta­ten und passt als Vorsatz in die Fastenzeit.

Schon im Trep­pen­haus riecht es fein nach Essen. Es geht die Stufen hinauf, vorbei an einem Blumen­la­den und einem Kosme­tik­stu­dio. Im Dach­stock des alten Gebäu­des an der Dorf­stras­se 108 mitten in Bühler hat Marti­na Enderlin ihr Küchen­stu­dio einge­rich­tet. Die gar gekoch­ten roten Linsen hat sie gera­de abge­tropft. In einer Brat­pfan­ne brut­zeln Poulet­strei­fen mit fein geschnit­te­nen Lauch­strei­fen. «Im Fokus stehen bei mir immer die Prote­ine, die wir anstel­le von Zucker und Weizen viel häufi­ger essen soll­ten», sagt die 38-Jährige. Sie ist ausge­bil­de­te Köchin, Ernäh­rungs­coach sowie Musi­ke­rin und Mitglied der Enderlin Chicks. Diese sind hier­zu­lan­de für ihre Mundart-Lieder und ihren Coun­try-Folk aus dem Appen­zel­ler­land bekannt.

In ihrem Studio «Küchen­freun­de» gibt sie norma­ler­wei­se Koch­kur­se rund um das Thema gesun­de Ernäh­rung sowie Coachings zu inne­ren Ess- und Verhal­tens­mus­tern. An diesem Vormit­tag hat sie für das Pfar­rei­fo­rum aller­dings ein Gericht entwor­fen. Dieses soll in die Fasten­zeit passen, so der Wunsch der Redak­ti­on. Denn wer nicht gleich rich­tig fasten möch­te, könn­te die kommen­den Wochen bis Ostern auch einmal zum Anlass nehmen, bewuss­ter zu kochen, sich auf weni­ger Zuta­ten zu beschrän­ken und sich dafür mehr auf die einzel­nen Geschmä­cker einzulassen.

Ernäh­rungs­lu­xus mit Donuts

Eine Prote­in­bowl soll es sein. Nebst Linsen, Poulet- und Lauch­strei­fen ergänzt Marti­na Enderlin diese mit Feta und gerös­te­ten Sonnenblumen- und Kürbis­ker­nen, etwas Öl, Essig, Salz und Pfef­fer. «Ich neige schon seit Länge­rem dazu, ausser mit frischen Kräu­tern nur wenig zu würzen. So schmeckt man die einzel­nen Zuta­ten eines Gerich­tes besser heraus», sagt sie und fügt an: «Weni­ger ist meis­tens mehr und eine gute Küche muss nicht unbe­dingt zeitaufwendig sein.» Gerös­te­te Kerne etwa könne man in grös­se­ren Mengen als Reser­ve vorbe­rei­ten. Eine Bowl lasse sich kalt oder warm servie­ren, so spare man je nach­dem Zeit ein und könne Spei­sen auch schon im Vorfeld zube­rei­ten. «Unser Alltag heute ist schnell­le­big. Kaum jemand hat Zeit, stun­den­lang Toma­ten­sauce einzu­ko­chen. Dieser häus­li­che Aspekt von Kochen ist verlo­ren gegan­gen», sagt sie. Hinzu komme, dass wir von einem Ernäh­rungs­lu­xus umge­ben seien. Wer in einen Super­markt gehe, finde dort ein so gros­ses Ange­bot an Nahrungs­mit­teln, dass der eigent­li­che Aspekt von Kochen und Essen, nämlich sich gesund und bewusst zu ernäh­ren, schnell in den Hinter­grund rücke. «Dabei gibt es eine einfa­che Faust­re­gel, die uns helfen würde: Alles, was schnell gemacht und weich ist, soll­ten wir weglas­sen», sagt sie und nennt als Beispiel die Donuts, die sich bereits am Morgen im Super­markt neben­an neben den Gipfeli im Regal stapeln würden.

Mit Stan­gen­sel­le­rie in den Tag

Apro­pos Gipfeli: Während die Bowl noch etwas abkühlt und zieht, schnappt sich Marti­na Enderlin den Stan­gen­sel­le­rie, einen Apfel und den Entsaf­ter. «Idea­ler­wei­se wäre ein Glas davon unser Gipfeli am Morgen», sagt sie. Schon spru­delt der gift­grü­ne, super­ge­sun­de Saft in den Auffang­be­häl­ter. In Wein­glä­sern serviert, erin­nert er beina­he an einen Cock­tail. Der Stan­gen­sel­le­rie­saft schmeckt gesund und gar nicht so schlecht wie erwar­tet. Im Gegen­teil: Mit jedem Schluck wird er besser und ist am Ende rich­tig gut. Einmal im Jahr zu fasten oder sich bewusst zu ernäh­ren, kann Marti­na Enderlin allen empfeh­len, weil es helfe, seine eige­nen Muster zu reflek­tie­ren. Sie selbst hat einmal an einer beglei­te­ten Fasten­wo­che mitge­macht. «Ich fand es eine inter­es­san­te und harte Erfah­rung zugleich», sagt sie und erwähnt zum einen das Körper­li­che wie das Gefühl fürs Kauen, das sie verlo­ren habe, sowie das gestei­ger­te Verlan­gen zu trin­ken. «Zum ande­ren wurde ich emotio­nal durch­läs­si­ger. Die Zeit, die ich sonst zum Essen brauch­te, muss­te ich auf einmal anders füllen», sagt sie.

Wie in Gross­mutters Küche

Das Thema gesun­de Ernäh­rung beglei­tet Marti­na Enderlin, seit sie als junge Frau eine Lehre als Köchin im Appen­zel­ler­hof in Spei­cher mach­te. «Ich war die Einzi­ge in meiner Klas­se, die in einem Biore­stau­rant arbei­te­te. Das ganze Jahr Lattich zube­rei­ten zu müssen, fand ich damals zwar nicht so cool. Ich habe dadurch aber viel Wert­vol­les gelernt, das mich geprägt hat.» Später arbei­te­te sie in einem Gault-Millau-Sternerestaurant, bevor sie sich zu einer Ausbil­dung als Coach entschloss. Heute biete sie verschie­dens­te Koch- und Gesund­heits­kur­se an, die vom Fermen­tie­ren über die Darm­ge­sund­heit und ganz­heit­li­che gesun­de Ernäh­rung bis zu Gross­mutters Küche reichen. In Bezug auf letz­te­ren Kurs sagt sie: «Würden wir uns so ernäh­ren wie unse­re Vorfah­ren, wären wir gesünder.»

Freu­de und Neugier teilen

Marti­na Enderlin füllt die Bowl in klei­ne Gläser um. Für alle gibt es eines zum Probie­ren. Aufs Hunger­ge­fühl achten und sich fragen, «wie, wie viel und warum esse ich» ist einer der Tipps, den sie ihren Kurs­be­su­che­rin­nen und Kurs­be­su­chern mit auf den Weg gibt. «Auch in der Gemein­schaft essen, kann dabei helfen», sagt sie: «Etwa dann, wenn man die Neugier und Freu­de am Auspro­bie­ren mitein­an­der teilt.»

Infos auf www.kuechenfreunde.ch

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 20. Febru­ar 2025

Bruder Meinrad-Ausstellung

Das Klos­ter Einsie­deln würdigt Bruder Mein­rad (1848–1925) aus Altstät­ten SG mit einem ­Gedenk­jahr und zeigt eine neue Ausstel­lung und einen Film über den Rhein­ta­ler «Schnei­der­bru­der». Diese sollen Impul­se setzen, dass Bruder Mein­rad vom Papst selig­ge­spro­chen wird.

Das Klos­ter Einsie­deln hat für das Gedenk­jahr eine neue Ausstel­lung konzipiert.

» Zum Doku­men­tar­film Bruder Mein­rad (Link zu YouTube)

«Bitte beim Gitter klin­geln!», steht bei der Pfor­te. Gleich dahin­ter star­tet die Ausstel­lung. Mehre­re Schau­ta­feln, Bücher, viele Fotos und eine Nähma­schi­ne. An letz­te­rer war Bruder Mein­rad oft anzu­tref­fen. Gebo­ren und aufge­wach­sen in Altstät­ten, zog es den gelern­ten Schnei­der Josef Gebhard Eugs­ter nach Einsie­deln. Im Klos­ter wirk­te Bruder Mein­rad als «Schnei­der­bru­der». Anläss­lich des 100. Todes­ta­ges am 14. Juni 2025 bringt das Klos­ter Einsie­den mit verschie­de­nen Akti­vi­tä­ten (siehe Kasten) das Leben und Wirken des Rhein­ta­ler Mönchs näher. Seine wich­tigs­ten Eigen­schaf­ten sind schnell aufge­zählt: Bruder Mein­rad beein­druck­te mit seiner über­ra­gen­den Freund­lich­keit, Beschei­den­heit und Ausstrah­lung. Diese ist auch auf dem über hundert Jahre alten Foto zu erken­nen, das einem in der Ausstel­lung mehr­mals begeg­net. Auch wenn Bruder Mein­rad fünf­zig Jahre in der Bene­dik­ti­ner­ab­tei Maria Einsie­deln lebte und wirk­te, habe er sich zum Rhein­tal verbun­den gefühlt, wird gleich auf der ersten Tafel betont. In der Ausstel­lung werden eini­ge Bezü­ge zur Ostschweiz herge­stellt. «Br. Mein­rad», steht auf einer Tür zwischen zwei Schau­ta­feln. Was verbirgt sich dahin­ter? Etwas zaghaft öffnet man die Tür und steht in einer ganz priva­ten Umgebung.

Was erwar­tet einen hinter dieser Tür?

In der Zelle von Br. Meinrad

Es handelt sich nicht um die Zelle von Bruder Mein­rad, denn diese ist aufgrund von Umbau­ar­bei­ten nicht mehr erhal­ten. Aber in diesem Raum lässt sich erah­nen, wie er gelebt hat. Hier steht auch der Lehn­stuhl, in dem Bruder Mein­rad gestor­ben ist. Die Zelle, als ein beson­de­rer «Gebets­raum» konzi­piert, ist das High­light der Ausstel­lung: In dem klei­nen Zimmer über­all verteilt liegen Gebe­te von Bruder Mein­rad. Sie bezie­hen sich auf verschie­de­ne Situa­tio­nen im Alltag und laden ein zur Besinnung.

Mit Freund­lich­keit punkten

«Super­he­roes» bekom­men auf Social Media heute gros­se Aufmerk­sam­keit, auch Heili­ge haben oft den «Superheroes»-Status. Doch Bruder Mein­rad war aus einem ganz ande­ren Holz geschnitzt und viel­leicht macht ihn gera­de das zum idea­len Vorbild für die Gegen­wart. Die Texte auf den Ausstel­lungs­ta­fel machen deut­lich: Der Rhein­ta­ler Bene­dik­ti­ner hat die Heilig­keit im Alltag gelebt, er ist kein spek­ta­ku­lä­rer Heili­ger. Er führ­te ein ganz gewöhn­li­ches und beschei­de­nes Leben. Gera­de das macht ihn zum Vorbild und lässt ihn authen­ti­scher wirken als manch gros­ser Glaubensheld.

Die Zelle ist als Gebets­raum gestal­tet und lädt ein, über sich, Gott und den Glau­ben nachzudenken.

Warten auf ein Wunder

Teil der Ausstel­lung ist eine Wand mit zahl­rei­chen Votiv­ta­feln: Gläu­bi­ge bedan­ken sich bei der Gottes­mut­ter und dem Bruder Mein­rad für seine Fürspra­che bei Gott. Doch das Klos­ter Einsie­deln wartet auf ein Wunder. Dieses ist notwen­dig für die Selig­spre­chung von Bruder Mein­rad. Am Grab von Bruder Mein­rad beten auch heute viele Gläu­bi­ge. Die Besu­che­rin­nen und Besu­cher werden einge­la­den, wunder­sa­me Gebets­er­hö­run­gen beim Klos­ter zu melden. Inner­halb der Einsied­ler Bene­dik­ti­ner­ge­mein­schaft und der Wunsch der Gläu­bi­gen lies­sen Abt Igna­ti­us Staub bereits 1939 den Selig­spre­chungs­pro­zess einlei­ten. Aber hat der Rhein­ta­ler Mönch den offi­zi­el­len «Selig»-Stempel nötig? Viel­leicht passt es noch viel besser zu Bruder Mein­rad wie es jetzt ist. Es ist eine klei­ne, aber feine Ausstel­lung. Sie liefert einen guten Grund für einen Ausflug nach Einsie­den in diesem Jahr.

Zahl­rei­che Votiv­ta­feln zeigen, wie wich­tig Bruder Mein­rad für viele Gläu­bi­ge war und ist.

«Bruder-Meinrad-Tage» und ein neuer Film

Im Gedenk­jahr findet jeweils am 14. Tag eines jeden Monats ein «Bruder-Meinrad-Tag» statt. Ziel dieser Gedenk­ta­ge ist es, an den einzel­nen Tagen verschie­de­ne Aspek­te seines Lebens und seiner Botschaft zu entde­cken. Für das Gedenk­jahr wurde ein neuer Dokumentar-Film (50 Minu­ten) produ­ziert, er ist auch auf YouTube zu finden, Link via: www.pfarreiforum.ch/brudermeinrad. Die Ausstel­lung ist täglich geöff­net, Sonn- und Feier­ta­ge: 10.30 bis 18.30 Uhr, Montag bis Sams­tag: 8.00 bis 18.30 Uhr, der Eintritt ist kostenlos.

→ www.bruder-meinrad.ch

Doku­men­tar­film Bruder Mein­rad (Link zu YouTube)

Text: Stephan Sigg

Bild: ssi / zVg.

Veröf­fent­licht: 18.02.2025

Vom Papst geehrt

Seit Jahr­zehn­ten enga­giert sich Ildi­kó von Raks­sanyi als Kirchen­mu­si­ke­rin im Bistum St. Gallen. Nun hat die 76-Jährige dafür eine Aner­ken­nung von Papst Fran­zis­kus erhalten.

«Solan­ge ich Musik machen kann, lebe ich», sagt Ildi­kó von Raks­sanyi. Was im ersten Moment und aus vielen Mündern komisch tönt, ist in diesem Fall durch­aus plau­si­bel. Denn Musik ist das Leben der 76-Jährigen. Nun wurde Ildi­kó von Raks­sanyi eine beson­de­re Ehre zuteil: Für ihr lang­jäh­ri­ges Enga­ge­ment als Kirchen­mu­si­ke­rin hat sie im vergan­ge­nen Jahr die Benemerenti-Medaille erhal­ten. Es handelt sich dabei um eine päpst­li­che Aner­ken­nung für Verdiens­te um die katho­li­sche Kirche. Beremer­en­ti ist latei­nisch und heisst «dem Wohl­ver­dien­ten». Und das passt: Seit über 60 Jahren enga­giert sie sich als Musi­ke­rin, hat zu aktivs­ten Zeiten fünf Kirchen­chö­re gelei­tet, hat Hunder­ten von Kindern und Erwach­se­nen das Singen beigebracht, hat zahl­rei­che Gottes­diens­te mit der Orgel beglei­tet und Sing­kur­se für die Pro Senec­tu­te abgehalten.

Idiy­ko von Raks­sanyi an der Orgel in der Kirche Niederwil

Beschei­den­heit als Tugend

Noch heute, rund ein halbes Jahr nach der Verlei­hung, kann Ildi­kó von Raks­sanyi die Ehre noch immer nicht glau­ben: «Es ist unbe­schreib­lich, dass ich so etwas erhal­te. Ich mache doch nur Musik und spie­le Orgel. Ich bin dank­bar, dass ich das über­haupt machen darf», sagt sie beschei­den. Beschei­den­heit und Demut, so Ildi­kó von Raks­sanyi auf Nach­fra­ge, seien für sie die wich­tigs­ten Tugen­den im Leben eines Menschen. «Ich nehme mich nicht zu wich­tig.» Beschei­den­heit zeigt sie auch, wenn sie sagt: «Wir Lehrer dürfen uns nicht über die Schü­ler stel­len. Wir sind nicht besser als sie – wir haben nur immer und immer das Glei­che geübt.» Ihre musi­ka­li­sche Ader hat Ildi­kó von Raks­sanyi früh entdeckt. Sie ist in Buda­pest in einer ökume­ni­schen, katho­lisch gepräg­ten Fami­lie aufge­wach­sen und hat mit sieben Jahren mit dem Orgel­spiel begon­nen. Weil sie als Adeli­ge und Chris­tin im kommu­nis­ti­schen Ungarn verfolgt wurde, floh sie 1972 nach Deutsch­land. Dort war sie in verschie­de­nen musi­ka­li­schen Berei­chen tätig und grün­de­te unter ande­rem 1978 das Kodaly-Institut in Düssel­dorf. In den 1980er-Jahren leite­te sie in Düssel­dorf den städ­ti­schen Musik­ver­ein mit zirka 300 Mitgliedern.1988 zog Ildi­kó von Raks­sanyi ins Fürs­ten­tum Liech­ten­stein, und auch hier über­nahm sie Lehr­auf­trä­ge und arbei­te­te als Orga­nis­tin und Chor­lei­te­rin. Heute lebt sie in Vaduz. Wenn Ildi­kó von Raks­sanyi in all den Jahren Orgel gespielt hat, hat sie sich oft selber mit der eige­nen Stim­me beglei­tet – eine Eigen­heit der Musi­ke­rin. Etwas hat sich aller­dings geän­dert: «Jetzt mit bald 80 Jahren befreie ich mich von den Zwän­gen und spie­le frei­er. Ich liebe es, zu impro­vi­sie­ren. Ich bin ein frei­heits­lie­ben­der Mensch.»

Idiy­ko von Raks­sanyi erhielt 2024 eine päpst­li­che Medaille.

Alters­heim ist Herzensangelegenheit

Beson­ders am Herzen lagen ihr in den vergan­ge­nen Jahren die Besu­che im Alters­heim in Lauter­ach (Vorarl­berg). Und die Arbeit mit den Kindern. Ildi­kó von Raks­sanyi erzählt, wie sie noch heute Kontakt zu ehema­li­gen Schü­le­rin­nen hat, dass mitt­ler­wei­le bereits deren Enkel­kin­der bei ihr in den Unter­richt kommen und wie auch sie stets von der «Cool­ness» der Jungen profi­tier­te. «Ich hatte immer die besten Schü­le­rin­nen und Schü­ler.» Ildi­kó von Raks­sanyi meint damit nicht unbe­dingt das Können – «sondern ihre Freu­de und Moti­va­ti­on.» Nicht nur musi­ka­lisch enga­giert sich Ildi­kó von Raks­sanyi für Kinder. Sie war in Liech­ten­stein auch an der Grün­dung des Kinder­sor­gen­te­le­fons betei­ligt. Privat ist sie tief im Glau­ben veran­kert. Ildi­kó von Raks­sanyi betet täglich den Rosen­kranz und das Vater­un­ser – «für Menschen, die es schwer haben und nicht so gut sind», wie sie sagt. In diesen Tagen wendet sie sich vermehrt auch mit eige­nen Anlie­gen an Gott. Sie leidet seit Kurzem unter Tinni­tus. «Manch­mal frage ich mich schon, wieso Gott das zulässt.» Das Alter, es geht auch an der positivdenkenden Frau nicht spur­los vorbei.

Text: Ales­sia Paga­ni
Bild: Urs Bucher

Veröf­fent­li­chung: 03. Febru­ar 2025

Pfarrblatt im Bistum St.Gallen
Webergasse 9
9000 St.Gallen

+41 71 230 05 31
info@pfarreiforum.ch