«Der katholische Glaube ist meine Kultur und meine freie Entscheidung. Glauben ist für mich eine Aktion, die von Herzen und aus tiefster Überzeugung kommt», sagt Psychotherapeutin Caterina Corea. Dem Pfarreiforum erzählt die 46-Jährige, warum sie katholisch ist und wieso sie sich – auch angesichts der Missbrauchsstudie – in der Kirche engagiert.
Caterina Corea kommt knapp vor dem Termin an das Treffen. «Ein Notfall in der Klinik», entschuldigt sie sich. Man merkt schnell: Die Entschuldigung kommt von Herzen. Caterina Corea strahlt eine Wärme und ein Wohlwollen aus, die jede Wartezeit vergessen lassen. Die 46-jährige Psychotherapeutin ist seit zehn Jahren in der Klinik Teufen Group mit Standorten in Teufen und Rorschach tätig. Es ist eine anspruchsvolle Tätigkeit und eine fordernde Zeit. Nicht selten arbeitet die gebürtige Italienerin sechs Tage die Woche. «Seit der Pandemie hat die Zahl der Patientinnen und Patienten nochmals zugenommen», sagt Caterina Corea. Physisch sucht sie den Ausgleich im Sport und in der Gesellschaft. Caterina Corea spielt gerne Golf und Tennis.

Psychisch ist es der Glaube, der Caterina Corea Halt gibt: «Er gibt mir die seelische Kraft für die ganze Woche», sagt sie. Den katholischen Glauben bezeichnet sie als ihren Polarstern im Alltag. «An ihm orientiere ich mich und richte mein Verhalten und meine Entscheidungen nach ihm aus.»
«Bewusster, reifer Glaube»
Caterina Corea hat sich bewusst für die katholische Kirche entschieden. Ihre Verbindung zum Glauben ist mit den Jahren immer stärker geworden. Aus der Tradition, als Kind mit der Grossmutter die Gottesdienste zu besuchen, sei im Laufe der Jahre «ein bewusster und reifer Glaube» geworden. «Der katholische Glaube ist meine Kultur und meine freie Entscheidung. Glauben ist für mich eine Aktion, die von Herzen und aus tiefster Überzeugung kommt.» Auch weil sie habe erfahren können, was Gott für sie bedeute: «Nämlich Liebe und Freiheit», erklärt Corea.

Heute gehören die sonntäglichen Besuche der italienischen Messe in Goldach für Caterina Corea zur Pflicht. Wenn sie einen Gottesdienst verpasst, besucht sie die Messe in Deutsch. Als Vorbild vorangehen, nennt sie das. Denn für Caterina Corea ist der Glaube nichts Abstraktes. «Wir müssen ihn leben und ihn manifestieren. Wir Katholiken sind aufgerufen, unseren Glauben weiterzugeben. Jeder von uns sollte ein Vorbild sein und den Glauben auch wirklich leben.»
Selbstständig in Italien
Caterina Corea ist vor zwölf Jahren in die Schweiz gekommen. Dass der Weg sie nach Rorschach führen sollte, war nicht geplant. Corea ist in Kalabrien im Süden Italiens aufgewachsen. Sie war selbstständig mit zwei eigenen Praxen und hat sich politisch engagiert. Mit 33 Jahren stand Caterina Corea voll im Leben. Dann sehnte sie sich nach einer Veränderung und ging auf Reisen. Eine davon führte sie zu ihrem Bruder an den Bodensee.

Don Piero Corea ist Pfarrer bei der Missione Cattolica Italiana der Katholischen Kirche Region St. Gallen-Rorschach. Caterina Corea fühlte sich sogleich wohl in der Schweiz. «Alle die Werte, für die ich einstehe und die mir wichtig sind, etwa Pünktlichkeit und Ordentlichkeit, werden hier gross geschrieben. Ich fühlte mich angekommen», sagt sie und ergänzt: «In Italien haben sie mich wegen meinem Drang zur Pünktlichkeit und Ordentlichkeit immer ‹la svizzera›, die Schweizerin, genannt.» Caterina Corea lacht – und das Lachen ist so ansteckend, dass man gerne mitlacht.
Ein Zuhause in der Ferne
Der Start in der Ferne sei kein einfacher gewesen, das Eingewöhnen ein schleichender Prozess. «Rückblickend war es streng, ich konnte die Sprache nicht und hatte keine Freunde. Ich musste von null an neu anfangen. Aber ich bin mit Überzeugung hiergeblieben. Ich habe mir ein soziales Netzwerk aufgebaut und fühle mich hier einfach wohl.» Die Missione Cattolica Italiana hat den Einstieg ins neue Leben einfacher gemacht. In der Gemeinschaft hat sie schnell neue Kontakte geknüpft. «Mit der Missione Cattolica hatte ich ein Zuhause in der Ferne. Sie hat mir die Ankunft erleichtert. Ich spürte die Wurzeln, die mich mit Italien und den Menschen dort verbindet», so Caterina Corea und ergänzt: «Die Messen waren für mich ein sicherer Ort. Ein Ort, der für alle offen war. Ein Ort, der den Fluss von Wissen und Menschen ermöglichte.»

Die Missione Cattolica Italiana der Katholischen Kirche Region St. Gallen-Rorschach ist eine lebhafte und aktive Gemeinschaft. Sie zählt gemäss Caterina Corea rund 15 000 Mitglieder und ist offen für Menschen unterschiedlicher Herkunft. So besuchen auch Portugiesen, Spanier und Schweizer regelmässig Veranstaltungen der Missione Cattolica Italiana.
Plattform für Frauen
Caterina Corea ist dankbar für das grosse Engagement. Und sie will etwas zurückgeben. Vor einigen Monaten hat die erfolgreiche Geschäftsfrau eine neue Veranstaltungsreihe für Frauen initiiert. Diese findet jeweils am ersten Dienstag und am vierten Donnerstag eines Monats statt und soll eine Plattform für Austausch bieten. «Damit soll allen Frauen und deren Sorgen, Ängsten und Freuden ein Platz gegeben werden. Es geht auch darum zu reflektieren, wie wir im Leben weiterkommen.» An der Veranstaltung werden verschiedene Themen angesprochen wie etwa die Themen Beziehungen, alte Muster oder die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Bei der ersten Durchführung waren bereits 40 Frauen anwesend. «Das hat mich total überrascht. Auch, dass die Gespräche derart reichhaltig waren. Dies braucht ein gewisses Mass an Vertrauen. Erstaunlicherweise war das von Anfang an da», sagt Caterina Corea.
Glaube wurde gestärkt
Egal, wie stressig ihr Alltag ist, Caterina Corea lebt den Glauben jeden Tag und engagiert sich gerne und mit Herzblut für die Kirche. «Wir alle haben eine Gabe von Gott erhalten und die Frage ist doch: Was können wir damit tun. Wir können nur unsere Talente und Gaben weitergeben – und unsere Zeit. Ich habe zwar nicht viel Zeit, aber diese gebe ich gerne.» Angesprochen auf die Missbrauchsstudie wird Caterina Corea nachdenklicher. Diese habe sie traurig gemacht, aber nicht erschüttert. «Wo es Menschen gibt, machen diese immer Fehler.» Klar sei, dass es nun Konsequenzen brauche. Verallgemeinern will Caterina Corea nicht, auch vermindert sich dadurch nicht ihr Wohlwollen gegenüber der Kirche. Im Gegenteil. Caterina Corea sagt: «Die Missbrauchsstudie hat mich in meinem Glauben noch gestärkt.»

In schwierigen Zeiten – und diese durchlebe sie durchaus auch – denke sie immer an das Versprechen, das Jesus an Simon Petrus macht: «Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.» (Evangelium, Matheus Kap. 16,18) «Wenn der Glaube stark genug ist, wird er nicht kapitulieren», sagt Caterina Corea. «Und ich bin überzeugt: Am Schluss ist der Glaube stärker als unsere Ängste.»
Text: Alessia Pagani
Bilder: Ana Kontoulis
Veröffentlichung: 23.01.2024