Eine Osterkerze von der Jubla

Jedes Jahr fertigt die Stadt­s­ankt­gal­ler Jubla St. Martin Brug­gen Oster­ker­zen von Hand.Wieso das noch zeit­ge­mäss ist und die medi­ta­ti­ve Arbeit gut fürs Lachen und Erin­nern ist, ­erzäh­len die Jubla-Leiterinnen in ihrer Werk­statt im Keller des Pfar­rei­heims Bruggen.

Wann die Jubla St. Martin Brug­gen die erste Oster­ker­ze selbst mach­te, daran kann sich Nadia Macia­ri­el­lo nicht erin­nern. Eini­ge Exem­pla­re der vergan­ge­nen zwan­zig Jahre stehen aber im Keller des Pfarr­heims im St. Galler Stadt­teil Brug­gen aufge­reiht. «Das sind aber lange nicht alle», sagt Nadia Macia­ri­el­lo und legt das klei­ne Messer beisei­te, mit dem sie eben noch Formen aus einem grünen Wachs­pa­pier ausge­schnit­ten hat. Macia­ri­el­lo ist Mitte vier­zig, Präses bei Jung­wacht Blau­ring und trifft sich an diesem Abend mit den Leite­rin­nen und eini­gen Frei­wil­li­gen, um bis Ostern 300 Kerzen fertigzustellen.

Die Produk­ti­on der Oster­ker­zen dauert mehre­re Aben­de — die Jugend­li­chen arbei­ten und plau­dern mitein­an­der über alles, was sie gera­de beschäftigt.

Abküh­len an der kalten Luft

Auf Wachs­pa­pier wird klei­nen Karton­vor­la­gen entlang geschnit­ten, die klei­nen Einzel­tei­le werden vorsich­tig in der Mitte des Tisches ausge­legt und anschlies­send mit Finger­spit­zen­ge­fühl und Hand­schu­hen an die Kerzen ange­drückt. Zwei Jugend­li­che nehmen eini­ge Wachs­bö­gen und brin­gen sie hinaus in die kalte Febru­ar­luft. Nicht zu warm und nicht zu kalt dürfen sie werden, um sich opti­mal bear­bei­ten zu lassen. Aus dem Keller dringt Lachen. Die Leite­rin­nen erin­nern sich an verschie­de­ne Lager und erzäh­len von Schnee im Sommer, aben­teu­er­li­chen und selbst gebau­ten WC-Anlagen im Wald und langen Näch­ten am Lager­feu­er. «Gera­de wegen solcher Erin­ne­run­gen und Gesprä­che sind die Aben­de so schön, an denen wir gemein­sam Oster­ker­zen machen», sagt die 25-jährige Belin­da Bautis­ta, die zu den ­Ältes­ten in der Runde gehört. Sie vertritt den ­«Grau­ring», wie bei der Jubla die Ehema­li­gen heis­sen. Die übri­gen Leite­rin­nen sind an diesem Abend zwischen 13 und 22 Jahre alt. Im Keller des Pfar­rei­heims tref­fen sie sich von Febru­ar bis April für die Oster­ker­zen­pro­duk­ti­on einmal wöchentlich.

Gemein­sam Oster­ker­zen zu machen, ist immer auch Anlass, zu lachen und sich an ­Erleb­nis­se und Ausflü­ge mit der Jubla zu erin­nern. Es braucht aber auch Ausdau­er: Fast wöchent­lich tref­fen sich die Leite­rin­nen und Frei­wil­li­gen von Febru­ar bis April, bis die 300 Kerzen gefer­tigt sind.

Medi­ta­ti­ver Ausgleich

Verkauft werden die Kerzen im Claro-Laden gleich im Erdge­schoss des Pfar­rei­heims, nach der Oster­mes­se in der Kirche sowie über die Website der Jubla St. Martin Brug­gen je nach Modell für acht bis zehn Fran­ken. «Ich habe mich natür­lich gefragt, ob es noch zeit­ge­mäss ist, dass sich junge Leute abends zum Kerzen­ma­chen tref­fen. Vor allem, da wir wohl eine von sehr weni­gen Jublas sind, die das in einer Pfar­rei über­haupt noch machen», sagt Nadia Macia­ri­el­lo. Doch alle seien moti­viert gewe­sen. «Ich finde es einfach eine schö­ne Tradi­ti­on. Wir tref­fen uns, es ist medi­ta­tiv und dann ist da zusätz­lich noch der Ansporn, möglichst viele Kerzen zu verkau­fen», sagt etwa die 14-jährige Elena Brun­ner. Und die 22-jährige Alena Macia­ri­el­lo fügt an: «Ausser­dem ist es ein gene­ra­tio­nen­über­grei­fen­des Projekt, an dem alle zusam­men­kom­men können, die auf irgend­ei­ne Weise mit der Jubla verbun­den sind.»

Blau­ring Brug­gen entschei­det sich jedes Jahr für ein ande­res Motiv.
Das Symbol in diesem Jahr: der Regenbogen

Fotos und Osterkulissen

Die Einnah­men aus dem Kerzen­ver­kauf flies­sen in die Jubla-Kasse und werden für Lager oder beson­de­re Projek­te gebraucht. Vor eini­gen Jahren stell­te die Jubla St. Martin Brug­gen noch bis zu 500 Oster­ker­zen her. «Da es aber weni­ger Kirchen­be­su­che­rin­nen und ‑besu­cher gibt als früher, verkau­fen wir auch weni­ger Kerzen und müssen mehr auf unse­re Online-Kanäle setzen», sagt Nadia Macia­ri­el­lo und erzählt von Bestel­lun­gen, die sie beson­ders freu­en. Darun­ter sind zum Beispiel jene von Perso­nen, die schon länger aus der Stadt oder dem Quar­tier wegge­zo­gen sind, jedes Jahr aber eine Oster­ker­ze aus Brug­gen bestel­len. «Manch­mal bekom­men wir sogar Fotos der aufge­stell­ten und ange­zün­de­ten Kerzen vor einer Oster­ku­lis­se zuge­schickt. Es ist schön zu sehen, wie ande­re Perso­nen mit unse­ren Kerzen Ostern feiern», sagt sie.

Jede Kerze — ein Unikat.

Ein abstrak­tes Kreuz, aus dem Neues entsteht

Auch die jewei­li­gen Symbo­le auf den Kerzen entwirft die Jubla St. Martin Brug­gen im Team. In diesem Jahr ist das Symbol abstrakt und besteht aus einem dünnen, golde­nen und schräg ausein­an­der­ge­hen­den Kreuz. Dessen eine Hälf­te ist in den Farben des Regen­bo­gens als Zeichen des Frie­dens gestal­tet, die ande­re Hälf­te mündet in einen Baum mit jungen, hell­grü­nen Blät­tern. Diese symbo­li­sie­ren, dass stän­dig Neues entsteht. «Alle Perso­nen sollen in den Oster­ker­zen etwas entde­cken können, das ihnen Kraft gibt und auch optisch gefällt», sagt Nadia Macia­ri­el­lo. Rund 30 Minu­ten dauert es, bis eine Kerze von Hand gefer­tigt und verpackt ist. Die Aben­de im Keller werden sich bis Ostern also noch etwas ziehen – oder auch dank der vielen lusti­gen Anek­do­ten und Erin­ne­run­gen an gemein­sa­me Jubla-Erlebnisse wie im Flug vergehen.

Kerzen bestel­len: bruggen.blauring@gmail.com

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 23. März 2023

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