Mit dem Pfarreigremium Niederglatt hat der 38-jährige Daniel Inauen den «Engelzauber» initiiert – eine Schnitzeljagd in und um das Dorf. An wen sie sich richtet und warum sich der Finanzcontroller in der Kirche engagiert.
«Jeder kann ein Engel sein, ein Schutzengel zum Beispiel», sagt Daniel Inauen. Der 38-Jährige steht in der Kirche Niederglatt, ein für die Grösse des Dorfes – es zählt rund 300 Einwohnerinnen und Einwohner – stattlicher Bau. Die Frage nach dem typischen Aussehen eines Himmelsboten lässt ihn ein wenig grübeln – und schliesslich ratlos zurück. Stattdessen zeigt Inauen an die Decke. Auf einem bunten Gemälde sind zwei Engelfiguren abgebildet. «Sie sind überall, man muss nur mit offenen Augen umhergehen und bewusst darauf achten.» Inauen lädt uns ein, auf die Empore zu gehen, «dorthin, wo sonst selten jemand hingeht», und das Bild aus der Nähe zu betrachten. Und schon sind wir Teil des «Engelzaubers», einer interaktiven Schnitzeljagd in und um das Dörfchen Niederglatt.
Wohnort neu kennenlernen
An über zehn Stationen erfahren die Schnitzeljägerinnen und ‑jäger Wissenswertes über Engel und müssen an einigen Posten Aufgaben lösen, um die weitere Route zu erfahren. Die Schnitzeljagd richtet sich an alle Altersgruppen. «Die Fragen sind leicht zu beantworten und der Weg nicht allzu lang», so Inauen. «Der Weg soll vor allem auch Junge und Familien ansprechen.» Einzige Bedingung zur Teilnahme ist ein Handy mit ausreichend Akku und Internetverbindung. Den QR-Code an der Kirchentüre gescannt und schon geht’s los. «Der Weg ist nicht zu kirchlich geprägt und nicht belehrend», sagt Inauen und fügt hinzu: «Durch die Vorbereitungen auf das Projekt habe ich die Umgebung meines Wohnortes nochmals ganz neu kennengelernt. Bestenfalls geht es anderen Niederglättlern auch so.» Die Posten stehen etwa bei der ehemaligen Schule, beim Friedhof, bei einer Grotte, am Ufer der Glatt. «Es ist erstaunlich und interessant, wo Engel überall präsent sind.»

Aus Mangel an Angeboten
Den Anstoss für die Schnitzeljagd, die in diesem Jahr zum ersten Mal stattfindet, gab das fünfköpfige Pfarreigremium von Niederglatt. Die Pfarrei Niederglatt wiederum ist seit vier Jahren Teil der Seelsorgeeinheit Magdenau. Dort wurde im vergangenen Jahr eine Schnitzeljagd organisiert. Die Idee ist also nicht neu. Wie Inauen erklärt, ist der «Engelzauber» als Teil der Chilbi in Niederglatt geplant worden. «Die Chilbi ist neben dem Suppentag und einigen wenigen Anlässen in der Weihnachtszeit meist der einzige Event im Dorf. Ansonsten läuft hier nicht viel», erklärt Inauen. Der «Engelzauber» sollte auch den jungen Generationen etwas bieten. Der Weg ist noch bis 15. November begehbar. Ob das Projekt im kommenden Jahr fortgesetzt werde, sei noch offen. «Leider haben während der Chilbi nicht so viele mitgemacht wie erhofft.»

Mitwirkung durch Kirche
Daniel Inauen engagiert sich seit vier Jahren im Pfarreigremium. Daneben arbeitet der zweifache Familienvater in der Finanzkontrolle der Stadt St. Gallen. Über seine Motivation für das freiwillige Engagement sagt der gebürtige Innerrhödler: «Ich wollte mitwirken und mich integrieren.» Da Niederglatt kein vielfältiges Vereinsleben oder ein aktives Dorfleben habe, sei die Kirche für ihn eine gute Möglichkeit gewesen, in der Gemeinschaft mitzuwirken. «Zudem bin ich in Appenzell katholisch aufgewachsen und die Verbundenheit zur Kirche war bereits da. Aber fromm war ich nie.» Inauen spricht auch den Stellenwert der Kirche für die Gemeinschaft an. «Niederglatt ist sehr verstreut, die Einwohner wohnen oft weit voneinander entfernt, und seit die Schule nicht mehr da ist, ist die Kirche noch sinnstiftender und verbindender.»
Text: Alessia Pagani
Bild: Ana Kontoulis
Veröffentlichung: 20. Oktober 2023