Durch das Engagement von Privatpersonen und Pfadis gelangt das Friedenslicht bis in die Pfarreien – etwa in die Pfarrei St. Maria Neudorf in St. Gallen. Dort können alle, die möchten, das Licht mit nach Hause nehmen.
Für Millionen von Menschen in aller Welt ist das Friedenslicht aus Bethlehem eine wichtige Weihnachtstradition. In der Schweiz wird es bereits zum 30. Mal verteilt und weitergegeben. Woher kommt der Brauch? Wie gelangt das Licht in all die Kirchen in der Region? Und wieso braucht es einen persönlichen Beitrag zu Dialog und Frieden?
15. November 2022: Entzündung des Friedenslichts
«Jeder Mensch kann in seinem persönlichen Umfeld einen kleinen Beitrag leisten, der von Herzen kommt und zu Herzen geht», sagt Walter Stählin, Präsident des Vereins Friedenslicht Schweiz. Die Friedenslicht-Aktion steht in der Schweiz in diesem Jahr daher unter dem Motto «Ein starkes Zeichen». Stählin sagt: «Wege zur Versöhnung brauchen oft Mut, zeigen aber auch Stärke.» In diesem Jahr kommt das Friedenslicht bereits zum 30. Mal in die Schweiz. Entzündet in der Geburtsgrotte in Bethlehem, wird es als Zeichen des Friedens von Mensch zu Mensch weitergeschenkt und bleibt dabei immer dasselbe Licht. Speziell in diesem Jahr ist, dass der Verein Friedenslicht Schweiz Ende November eine Reise durchs Heilige Land organisierte. Am 15. November war Stählin auch bei der Entzündung des Friedenslichts in der Geburtsgrotte von Bethlehem dabei – dies auf die Einladung des ORF. Der österreichische Fernsehsender hatte 1986 die Idee für diese Aktion. Das Licht sollte als Zeichen des Friedens an den Sinn von Weihnachten erinnern. Seither reist in jedem Jahr ein österreichisches Kind nach Bethlehem, um dort das Licht zu entzünden und nach Österreich zu bringen. In diesem Jahr war das die 12-jährige Sarah Noska.


11. Dezember 2022: Über Wien nach Zürich
Normalerweise nehmen Pfadis und andere Jugendorganisationen aus verschiedenen Ländern das Friedenslicht in Wien entgegen. Von dort aus reist die Schweizer Delegation jeweils mit dem Zug zurück in die Schweiz. Um das Friedenslicht in der ÖBB und SBB transportieren zu dürfen, braucht es einen Spezialbehälter und eine Transportbewilligung. In diesem Jahr läuft die Übergabe etwas anders ab: Zum Jubiläum «30. Friedenslicht-Ankunft in der Schweiz» werden die Hauptverantwortlichen des ORF zusammen mit einer Filmcrew das Friedenslicht am 11. Dezember nach Zürich bringen. Dort wird es an Friedenslichtkinder übergeben, die es zu den Hauptstützpunkten Basel, Fribourg, Luzern und Zürich bringen. An diesen Orten wird das Licht zeitgleich um 17 Uhr umrahmt von einer kleinen Feier allen Anwesenden übergeben. Auf diese Weise gelangt es in weitere Städte und Dörfer in der ganzen Schweiz.
Ab 11. Dezember 2022:In die ganze Ostschweiz verteilt
Seit 29 Jahren holt die St. Gallerin Jda Garaventa das Friedenslicht jeweils in Zürich ab und bringt es mit dem Zug nach St. Gallen. Auf die Aktion aufmerksam wurde sie durch eine Freundin in Zürich, die mit ihrer Schulklasse das Friedenslicht abholte. «Das war in einem ganz kleinen Rahmen. Nebst meiner Freundin war nur noch ich dabei», sagt die 66-Jährige. Die Ankunft des Friedenslichtes berührte sie so, dass sie fortan jedes Jahr nach Zürich reiste. «Ich empfand Ehrfurcht vor dem Licht, das aus der Geburtsgrotte in Bethlehem kam. Zudem hat eines meiner drei Kinder eine Behinderung. Da der Erlös der Aktion unter anderem in Projekte für Menschen mit einer Behinderung fliesst, fühlte ich mich sehr aufgehoben», sagt sie. In den ersten zwölf Jahren benutzte Jda Garaventa eine Petrollampe, um das Licht transportieren zu können. Diese stellte sie dann jeweils im Treppenhaus vor ihrer Wohnungstür auf. Wer wollte, konnte sich dort das Friedenslicht nach Hause holen. Seit einigen Jahren benutzt sie eine offizielle Friedenskerze und verteilt das Licht mit Hilfe ihres Freundeskreises an Stützpunkte, die ihr wichtig sind wie die Kathedrale, das Kantonsspital, das innerrhodische Kloster Wonnenstein und an den Bischof. Unterstützt wird sie beim Abholen und Verteilen des Friedenslichtes immer von ihrem Mann Charles Garaventa und ihren drei Kindern. In diesem Jahr kommt das Friedenslicht am 11. Dezember in St. Gallen an und wird in den folgenden Tagen auch mit Hilfe einiger Pfadiabteilungen in verschiedene Pfarreien verteilt. Jda Garaventa sagt: «Ich staune jedes Jahr über dieses Licht, das mir so wichtig geworden ist und so viele Menschen zu Tränen rührt.»
24. Dezember 2022: Ein Licht für zuhause
Spätestens ab dem 24. Dezember kann das Friedenslicht in einer Vielzahl von Kirchen mit nach Hause genommen werden. Infos dazu finden sich auch in den verschiedenen, regionalen Innenteilen des Pfarreiforums. Nachfolgend sind einige Beispiele aufgelistet:
Kathedrale St. Gallen
«Die Weihnachtsbotschaft vom Licht und vom Frieden bewegt die Menschen sehr, besonders in dieser Zeit», sagt Dompfarrer Beat Grögli. «Mit dem Friedenslicht können sie etwas von dieser Hoffnung mit nach Hause nehmen.» Am 24. Dezember gibt es in der Kathedrale um 14.30 Uhr eine Krippenfeier für Familien mit kleinen Kindern. Um 17 Uhr folgt der Weihnachtsgottesdienst mit Familien und für alle. «In diesen Feiern geben wir das Friedenslicht weiter. Danach steht die Laterne mit dem Friedenslicht bei der Krippe. Alle können in den Weihnachtstagen bis Neujahr das Licht dort abholen», sagt er.
Neudorf St. Gallen
«Die gesegneten Kerzen sind gefragt. Sie erinnern an die Friedenssehnsucht und lassen viele für den Frieden beten», sagt Hansjörg Frick, Pfarreibeauftragter St. Maria Neudorf. Er schätzt, dass rund 500 der offiziellen Friedenslichtkerzen, die in einem Korb bei der Krippe liegen, verkauft werden. Der Erlös geht an die Aktion Friedenslicht. «Alle sind eingeladen, bei Christus, dem Licht der Welt, eine Friedenskerze zu entzünden», sagt er. In den kirchlichen Südosten der Stadt St. Gallen gelangt das Friedenslicht durch die Pfadi Fontana, die es entweder in Zürich oder in einer benachbarten Pfarrei abholt.
Walensee
«Für viele Personen ist das Friedenslicht in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden», sagt Pavel Zupan, Pfarreibeauftragter in Berschis-Tscherlach. «Und gerade in diesem Jahr ist das Bewusstsein dafür, wie zerbrechlich Frieden ist, wegen des Kriegs in der Ukraine stark. Ich rechne daher damit, dass sich noch mehr Personen als sonst das Friedenslicht nach Hause holen werden. Darunter werden vermutlich auch viele sein, die keinen starken Bezug zur Kirche haben.» Spätestens an Weihnachten steht das Friedenslicht in jeder Pfarrkirche der Seelsorgeeinheit Walensee bereit.
Werdenberg
«Das Friedenslicht bedeutet vielen Menschen viel, zumal es eine emotionale Verbindung zu Bethlehem herstellt», sagt Erich Guntli, Pfarrer der Seelsorgeeinheit Werdenberg. Das Friedenslicht gelangt via Bad Ragaz in die ganze Seelsorgeeinheit. «Die grosse Friedenslicht-Kerze steht ab dem Morgen des Heiligabends in den Kirchen. Dort können sich alle das Licht nach Hause holen», sagt er.
Toggenburg
«Wir holen das Friedenslicht für unsere Seelsorgeeinheit Unteres Toggenburg selbst in Zürich ab», sagt Pfarrer Josef Manser. Alle, die möchten, könnten ihn als Vertreter des Pastoralteams auf der Bahnreise am 11. Dezember nach und von Zürich zurück begleiten. «Am 13. Dezember um 9 Uhr feiern wir das Friedenslicht in der Kirche St. Kilian in Bütschwil im Gottesdienst. Dort bleibt es bis zum 8. Januar», sagt Josef Manser.

Text: Nina Rudnicki
Bild: Benjamin Manser
Veröffentlichung: 22. November 2022