Seit Jahrzehnten engagiert sich Ildikó von Rakssanyi als Kirchenmusikerin im Bistum St. Gallen. Nun hat die 76-Jährige dafür eine Anerkennung von Papst Franziskus erhalten.
«Solange ich Musik machen kann, lebe ich», sagt Ildikó von Rakssanyi. Was im ersten Moment und aus vielen Mündern komisch tönt, ist in diesem Fall durchaus plausibel. Denn Musik ist das Leben der 76-Jährigen. Nun wurde Ildikó von Rakssanyi eine besondere Ehre zuteil: Für ihr langjähriges Engagement als Kirchenmusikerin hat sie im vergangenen Jahr die Benemerenti-Medaille erhalten. Es handelt sich dabei um eine päpstliche Anerkennung für Verdienste um die katholische Kirche. Beremerenti ist lateinisch und heisst «dem Wohlverdienten». Und das passt: Seit über 60 Jahren engagiert sie sich als Musikerin, hat zu aktivsten Zeiten fünf Kirchenchöre geleitet, hat Hunderten von Kindern und Erwachsenen das Singen beigebracht, hat zahlreiche Gottesdienste mit der Orgel begleitet und Singkurse für die Pro Senectute abgehalten.

Bescheidenheit als Tugend
Noch heute, rund ein halbes Jahr nach der Verleihung, kann Ildikó von Rakssanyi die Ehre noch immer nicht glauben: «Es ist unbeschreiblich, dass ich so etwas erhalte. Ich mache doch nur Musik und spiele Orgel. Ich bin dankbar, dass ich das überhaupt machen darf», sagt sie bescheiden. Bescheidenheit und Demut, so Ildikó von Rakssanyi auf Nachfrage, seien für sie die wichtigsten Tugenden im Leben eines Menschen. «Ich nehme mich nicht zu wichtig.» Bescheidenheit zeigt sie auch, wenn sie sagt: «Wir Lehrer dürfen uns nicht über die Schüler stellen. Wir sind nicht besser als sie – wir haben nur immer und immer das Gleiche geübt.» Ihre musikalische Ader hat Ildikó von Rakssanyi früh entdeckt. Sie ist in Budapest in einer ökumenischen, katholisch geprägten Familie aufgewachsen und hat mit sieben Jahren mit dem Orgelspiel begonnen. Weil sie als Adelige und Christin im kommunistischen Ungarn verfolgt wurde, floh sie 1972 nach Deutschland. Dort war sie in verschiedenen musikalischen Bereichen tätig und gründete unter anderem 1978 das Kodaly-Institut in Düsseldorf. In den 1980er-Jahren leitete sie in Düsseldorf den städtischen Musikverein mit zirka 300 Mitgliedern.1988 zog Ildikó von Rakssanyi ins Fürstentum Liechtenstein, und auch hier übernahm sie Lehraufträge und arbeitete als Organistin und Chorleiterin. Heute lebt sie in Vaduz. Wenn Ildikó von Rakssanyi in all den Jahren Orgel gespielt hat, hat sie sich oft selber mit der eigenen Stimme begleitet – eine Eigenheit der Musikerin. Etwas hat sich allerdings geändert: «Jetzt mit bald 80 Jahren befreie ich mich von den Zwängen und spiele freier. Ich liebe es, zu improvisieren. Ich bin ein freiheitsliebender Mensch.»

Altersheim ist Herzensangelegenheit
Besonders am Herzen lagen ihr in den vergangenen Jahren die Besuche im Altersheim in Lauterach (Vorarlberg). Und die Arbeit mit den Kindern. Ildikó von Rakssanyi erzählt, wie sie noch heute Kontakt zu ehemaligen Schülerinnen hat, dass mittlerweile bereits deren Enkelkinder bei ihr in den Unterricht kommen und wie auch sie stets von der «Coolness» der Jungen profitierte. «Ich hatte immer die besten Schülerinnen und Schüler.» Ildikó von Rakssanyi meint damit nicht unbedingt das Können – «sondern ihre Freude und Motivation.» Nicht nur musikalisch engagiert sich Ildikó von Rakssanyi für Kinder. Sie war in Liechtenstein auch an der Gründung des Kindersorgentelefons beteiligt. Privat ist sie tief im Glauben verankert. Ildikó von Rakssanyi betet täglich den Rosenkranz und das Vaterunser – «für Menschen, die es schwer haben und nicht so gut sind», wie sie sagt. In diesen Tagen wendet sie sich vermehrt auch mit eigenen Anliegen an Gott. Sie leidet seit Kurzem unter Tinnitus. «Manchmal frage ich mich schon, wieso Gott das zulässt.» Das Alter, es geht auch an der positivdenkenden Frau nicht spurlos vorbei.
Text: Alessia Pagani
Bild: Urs Bucher
Veröffentlichung: 03. Februar 2025