Der Appenzeller Pfarrer Lukas Hidber ist leidenschaftlicher Koch. Inspiration für seine Gerichte findet er rund um die Welt. Kochen und Essen verbindet und stiftet Gemeinschaft, sagt der 53-Jährige und lädt Interessierte daher regelmässig zu Kochabenden bei sich zu Hause ein.
Durchs Essen versteht man sich, auch wenn man auf den ersten Blick gar nichts gemeinsam hat», sagt Lukas Hidber, Pfarrer in Appenzell. Seit zehn Jahren kocht der 53-Jährige regelmässig bei sich zu Hause für eine Runde von maximal sechs Personen. Über Facebook können sich Interessierte spontan anmelden. Ein Granatapfel-Drink, eine kalte Gurkensuppe mit Senfglace, gegrillte Kaki mit Rucola und Mais, Gnocchi aus Ricotta oder eine Birnencrêpe: Das sind einige von vielen verschiedensten Gerichten, die Lukas Hidber schon aufgetischt hat. Kochen bezeichnet er zusammen mit dem Reisen als seine Leidenschaft. An die zwanzig Kurse hat er bei der Schweizer Köchin Annemarie Wildeisen besucht. Ist er im Ausland unterwegs, findet er überall Inspiration für neue Rezepte. In seiner Wohnung zeugen Kochbücher und Andenken etwa in Form von kleinen Schalen, Bechern und Figuren von seinen Reisen meist durch Südeuropa und den Nahen Osten.
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Sich nach Jahren begegnen
Die Idee für die Kochabende hatte Lukas Hidber, als er 2015 von Kaltbrunn als Pfarrer nach Appenzell wechselte. «Ich fragte mich, ob und wer kommen wird, wenn ich auf Facebook so eine offene Einladung veröffentlichen würde», sagt er und erzählt, wie schnell die Plätze voll gewesen seien und daraus eine Serie entstanden sei. Seine Gäste sollten jeweils eine gewisse Offenheit mitbringen, weil man im Vorfeld nicht wisse, wie die Gruppe zusammengesetzt sein wird. «Ich hatte schon Gäste aus den verschiedensten Ostschweizer Regionen mit verschiedensten Hintergründen. Dadurch entstanden spannende und überraschende Gespräche», sagt er. Andere Male hätten sich berührende Begegnungen ergeben, etwa als sich zwei Mütter bei ihm begegnet seien, die vor vielen Jahren zur selben Zeit im Spital ihre Kinder zur Welt gebracht und sich seither nicht mehr gesehen hätten.
Wer woher kommt
Begegnungen schaffen und der Gemeinschaft etwas zurückgeben: Das ist die Idee, die hinter den Kochabenden von Lukas Hidber steckt. Die Abende beginnen jeweils mit einem Apéro, bei dem sich die Gäste kennenlernen können. «Ich habe festgestellt, wie wichtig das gerade in Appenzell ist. Die Menschen hier möchten immer als Erstes wissen, wer woher kommt und ob es vielleicht gemeinsame Verwandte, Bekannte oder Freunde gibt. Ist das geklärt, beginnt der eigentliche Abend», sagt Lukas Hidber, der im Sarganserland aufgewachsen ist. Während die Gäste am Tisch Platz nehmen, beginnt er in der offenen Küche die Gänge anzurichten. Vieles hat er schon im Vorfeld vorbereitet. «Mir ist wichtig, dass die Gäste wirklich zu Gast sind und es viel Zeit für Gespräche gibt», sagt er.
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Verschiedenes zusammenbringen
Lukas Hidber lädt regelmässig am Sonntag- oder Montagabend ein, ausser in den kommenden Wochen in der Fastenzeit. «Es ist die Zeit, in der wir in unser Inneres gehen und die Spiritualität stärker in den Fokus rückt. Sie ist auch Anlass, uns bewusst aufs Wesentliche zu besinnen.» Sich als Teil einer Gemeinschaft zu wissen sei während der Fastenzeit das tragende Element. Und als gemeinschaftsstiftend bezeichnet er jene Momente, in denen man mit anderen am Tisch sitzt, isst und redet. «Das ist auch etwas sehr Jesuanisches», sagt er und nennt als Beispiel die Veranstaltung «Gemeinsam kochen mit Especita» mit Einheimischen sowie Migrantinnen und Migranten. Especita ist die Lebensmittelausgabe der Seelsorgeeinheit in Appenzell. «Wenn Kochen und Essen Menschen aus verschiedensten Ländern und Kulturen zusammenbringt und sich etwas Gemeinsames entdecken lässt, spricht das für sich.»
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Text: Nina Rudnicki
Bilder: Ana Kontoulis
Veröffentlichung: 21. Februar 2025