Marienburg: Adieu nach 93 Jahren

Pater Stephan Dähler

Die Tage in Thal SG sind für die Stey­ler Missio­na­re gezählt: Nach 93 Jahren werden sie die Mari­en­burg aufge­ben. Wie es genau mit den sieben Patres weiter­geht, sei noch nicht entschieden.

«Momen­tan werden verschie­de­ne Optio­nen geprüft», sagt Pater Stephan Dähler. Die Heraus­for­de­rung sei, eine Lösung zu finden, die sowohl für die jünge­ren wie für die älte­ren Patres passt. Was fest­steht: Der Vertrag für das Gebäu­de läuft Ende Okto­ber aus (siehe Kasten). Auch wenn die Stey­ler Missio­na­re künf­tig keine grös­se­re Nieder­las­sung im Bistum St.Gallen mehr haben werden, wollen sie weiter­hin in der Seel­sor­ge im Bistum tätig sein. «Beson­ders in den Pfar­rei­en der Seel­sor­ge­ein­heit Buech­berg, zu der die Mari­en­burg gehör­te, wollen wir weiter­hin präsent sein», betont Pater Stephan. Eine Opti­on sei, dass die Patres künf­tig dezen­tral in Wohnun­gen leben. «Diese Lösung reibt sich aber mit dem Gemein­schafts­ge­dan­ken», räumt Pater Stephan ein.

Steyler Missionare verlassen die Marienburg Thal
Auf dem Gelän­de der Mari­en­burg soll neuer Wohn­raum entstehen.
Marienburg Thal
Pater Stephan Dähler
Pater Stephan Dähler wird auch künf­tig als Seel­sor­ger im Bistum tätig sein.


Missio­na­ri­sche Arbeit
Stephan Dähler, aufge­wach­sen in Gais AR, ist selbst ehema­li­ger Schü­ler der Mari­en­burg. Heute ist der Theo­lo­ge Provin­zi­al (Leiter) der Mittel­eu­ro­päi­schen Provinz der Stey­ler Missio­na­re und pendelt zwischen Wien und Thal. Ausser im Missi­ons­haus St.Gabriel (bei Wien), wo über 40 Missio­na­re zusam­men­le­ben, gibt es in der ganzen Provinz verstreu­te Nieder­las­sun­gen. «Auch an ande­ren Stand­or­ten von uns in Frank­reich, Kroa­ti­en und Öster­reich sind wir mit der Zukunfts­fra­ge beschäf­tigt», sagt er. Vor kurzem sei eine Nieder­las­sung bei Salz­burg aufge­ge­ben worden. «Man muss realis­tisch sein: Die Zeit der gros­sen katho­li­schen Gemein­schaf­ten ist vorbei», sagt er. In der Ostch­weiz seien die Stey­ler Missio­na­re heute fast zu hundert Prozent in der Pfar­rei­seel­sor­ge tätig. «Das ist eine Heraus­for­de­rung für die konkre­te Gestal­tung des Gemein­schafts­le­bens. Dieses ist ein wich­ti­ger Pfei­ler für unser missio­na­ri­sches Wirkens vor Ort.»

Marienburg Thal
Auf dem Gelän­de stehen die ältes­ten Mammut­bäu­me der Schweiz.

Ältes­te Mammut­bäu­me
Sieben Patres leben zurzeit noch in der Mari­en­burg, früher waren es auch schon mal über 25. Über neun­zig Jahre waren die Stey­ler Missio­na­re in Thal SG präsent. 1929 kauf­ten sie die Wein­burg und gaben ihr den Namen Mari­en­burg. Bis 2012 wurde die Internats- und Tages­schu­le von einer Stif­tung geführt. Im Park der Mari­en­burg steht der ältes­te Mammut­baum der Schweiz. Er wurde 1858 von der Köni­gin Vikto­ria in England der dama­li­gen Besit­ze­rin, dem Fürs­ten­haus Hohenzoller-Sigmaringen geschenkt. Aus dieser Zeit stammt der Park. Aktu­ell ist im Gebäu­de des ehema­li­gen Schul­be­trie­bes der Träger­ver­ein Inte­gra­ti­ons­pro­jek­te des Kantons St.Gallen (TISG) einge­mie­tet welcher darin unbe­glei­te­te minder­jäh­ri­ge Asyl­be­wer­ber unter­bringt. Nun soll hier neuer Wohn­raum entste­hen. 2016 kauf­te die Indus­trie­hol­ding Menzi Muck Grup­pe AG mit Sitz in Kries­sern das Anwesen.

Am Pfingst­mon­tag soll der öffent­li­che Abschieds­got­tes­dienst mit anschlies­sen­dem Fest gefei­ert werden. «Wir hoffen, dass es bis dann trotz Corona-Situation wieder möglich ist, mit einer grös­se­ren Gemein­schaft zu feiern, sodass auch viele der ehema­li­gen Marienburg-Schülerinnen und ‑Schü­ler dabei sein können», so Pater Stephan.

Kapelle Marienburg Thal
Kapel­le der Mari­en­burg Thal

Prägend für das Bistum

Felix Bischof­ber­ger, Präsi­dent des Stey­ler Freun­des­krei­ses, bezeich­net das Ende der Mari­en­burg als Zäsur für die Regi­on, aber auch für das Bistum. «Diese Entwick­lung hat sich abge­zeich­net, alle konn­ten sich darauf vorbe­rei­ten», sagt er, «trotz­dem ist es ein emotio­na­ler Moment.» Die Mari­en­burg habe nicht nur das Bistum St.Gallen, sondern die gesam­te Kirche der Deutsch­schweiz geprägt. «Viele ehema­li­ge Schü­ler sind heute als Seel­sor­ger tätig oder enga­gie­ren sich frei­wil­lig in ihren Pfar­rei­en. Und auch in vielen Pfar­rei­rä­ten und Kirchen­ver­wal­tun­gen sind ehema­li­ge Schü­ler vertre­ten.» Zu den ehema­li­gen Schü­lern gehö­ren zum Beispiel auch Bischof Markus Büchel. «Unser Verein hat 1300 Mitglie­der. Es wäre ein gros­ser Verlust, dieses Netz­werk auslau­fen zu lassen. Wir haben uns deshalb schon vor vier Jahren bewusst dafür entschie­den, den Verein in die Zukunft zu führen.» Der Alumni-Verein wurde zum Steyler-Freundeskreis weiter­ent­wi­ckelt. «Auf diese Weise soll es möglich sein, unab­hän­gig von der Mari­en­burg auch künf­tig die wich­ti­ge Arbeit der Stey­ler Missio­na­re zu unter­stüt­zen – in der Schweiz, aber auch bei ihren zahl­rei­chen Projek­ten in Asien, Afri­ka und Südamerika.»

Marienburg Thal
Die Schu­le in der Mari­en­burg wurde 2012 geschlossen.
Steyler Missionare verlassen die Marienburg Thal
93 Jahre lebten die Stey­ler Missio­na­re in der Mari­en­burg Thal
Steyler Missionare verlassen die Marienburg Thal

Text: Stephan Sigg, Bilder: Ana Kontoulis

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