Nachhaltigkeit im Sparschwein

Nachhaltige Geldanlage

Nach­hal­ti­ge Anla­gen boomen. Nur logisch, dass man auch beim Spar­kon­to für die eige­nen
Kinder, die Enkel­kin­der oder das Gottikind an ökolo­gi­sche, sozia­le und ethi­sche Aspek­te denkt. Doch in der Viel­falt der Ange­bo­te und Möglich­kei­ten können sich Eltern schnell verlieren.

Zu meinem ersten Spar­kon­to kam ich durch­ei­nen Ballon­wett­be­werb in meiner Kind­heit. Als in unse­rem Dorf der Mini­golf­platz neu eröff­ne­te, durf­ten wir Schul­kin­der einen Luft­bal­lon mit einem Namens­zet­tel daran flie­gen lassen. Eini­ge Tage später erhielt ich einen Anruf von den Orga­ni­sa­to­ren des Wett­be­werbs: Mein Ballon sei geflo­gen und geflo­gen, am dritt­wei­tes­ten von allen Ballo­nen. Zudem hätte ich das Glück gehabt, dass ein Finder den Zettel einge­schickt habe. Das Ganze brach­te mir den drit­ten Platz sowie ein Spar­kon­to mit 150 Fran­ken bei der örtli­chen Bank ein. Eini­ge Wochen später besass ich auch noch ein buntes, gros­ses Spar­schwein. Der passen­de Schlüs­sel war in der Bank an einer Schnur befes­tigt. Fort­an schloss ich dort alle paar Mona­te mein Spar­schwein auf und eifrig mein Erspar­tes ein.

Im Sparen Welt­meis­ter
Wenn ich über das Thema Sparen nach­den­ke, kommt mir oft dieses Kind­heits­er­leb­nis in den Sinn. Und ich frage mich, wie typisch schwei­ze­risch Sparen und Anle­gen sein mag. Bei einer Online­re­cher­che dazu führt mich eines der ersten Such­re­sul­ta­te auf die Home­page der Thur­gau­er Kanto­nal­bank. Dort heisst es, die Schweiz sei in der Diszi­plin Sparen Euro­pa­meis­te­rin. Im welt­wei­ten Vergleich seien nur noch die Chine­sin­nen und Chine­sen spar­sa­mer als wir Schwei­ze­rin­nen und Schwei­zer. Weite­re Zahlen finden sich in der aktu­el­len Haus­halts­bud­get­er­he­bung des Bundes­am­tes für Statis­tik aus dem Jahr 2019. So kann ein durch­schnitt­li­cher Schwei­zer Haus­halt pro Monat 1232 Fran­ken sparen. Aller­dings heisst es in der Studie auch, dass die Haus­hal­te der unters­ten Einkom­mens­klas­se (mit weni­ger als 4500 Fran­ken Brut­to­ein­kom­men pro Monat) keine Spar­bei­trä­ge zur Seite legen konn­ten, sondern im Gegen­teil sogar oft noch mehr Geld ausga­ben als einnah­men. Wie sehr das Thema Geld immer auch mit Unge­rech­tig­keit verbun­den ist, lässt sich im Alltag nicht ausblen­den. Man braucht nur eine Zeitung durch­zu­blät­tern und findet Berich­te, etwa darüber wie die Corona-Pandemie die Ungleich­heit verschärft hat.

In welche Welt investieren? 

Welche Welt wünschen wir uns und wie können wir Geld anle­gen, damit sie eine besse­re wird? Vor dieser Frage steht womög­lich, wer Gotte oder Götti, Eltern oder Gross­el­tern wird. Denn genau­so typisch schwei­ze­risch wie für sich selbst zu sparen und Geld anzu­le­gen ist es, für ein Kind finan­zi­ell vorzu­sor­gen. Doch wie lässt sich verhin­dern, dass das ange­leg­te Geld in die Waffen‑, Tabak- oder Ölin­dus­trie fliesst? Die Finanz­bran­che hat den Trend zur Nach­hal­tig­keit erkannt und bietet auf diese Fragen viele Antwor­ten. So sind nach­hal­ti­ge Anla­gen wie Akti­en, Obli­ga­tio­nen oder Fonds der am schnells­ten wach­sen­de Anlagenbereich.

Nach­hal­tig­keit oder Green­wa­shing
Gemäss dem Verband Swiss Sustainable Finan­ce, zu dem viele gros­se Finanz­dienst­leis­ter gehö­ren, hat sich das Volu­men nach­hal­ti­ger Anla­gen in der Schweiz seit 2015 mehr als verzehn­facht. Dabei ist der Klima­wan­del bei den nach­hal­ti­gen Anla­gen das domi­nie­ren­de Thema. Akti­vi­tä­ten in der Kohle­indus­trie sind etwa das häufigs­te Ausschluss­kri­te­ri­um bei dieser Art von Anla­ge. Zeit­gleich mit dieser Entwick­lung hat aber auch das Thema Green­wa­shing an Bedeu­tung gewon­nen. Dabei versu­chen Unter­neh­men, sich durch geschick­te Öffent­lich­keits­ar­beit nach­hal­ti­ger erschei­nen zu lassen, als sie es in Wirk­lich­keit sind.

Infor­ma­ti­ons­flut über­for­dert
So hat etwa die Umwelt­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on Green­peace Schweiz im vergan­ge­nen Jahr die Studie «Green­wa­shing am Finanz­platz Schweiz» veröf­fent­licht. Unter­sucht wurde, ob es als nach­hal­tig bezeich­ne­ten Anla­ge­fonds tatsäch­lich gelingt, mehr Kapi­tal in eine nach­hal­ti­ge und in eine klima­freund­li­che Wirt­schaft zu lenken als
konven­tio­nel­len Fonds. Das Resul­tat sei ernüch­ternd, schreibt Green­peace Schweiz. Viele der Produk­te seien weder nach­hal­ti­ger noch trügen sie zur Lösung der Klima­kri­se bei. Die Umwelt­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on fordert daher, dass sich nach­hal­ti­ge Anla­ge­fonds mindes­tens an den Pari­ser Klima­zie­len und dem Ziel einer maxi­ma­len globa­len Erder­wär­mung von 1,5 Grad ausrich­ten dürfen. Sich als Laie einen Über­blick zu verschaf­fen, ist ange­sichts der zahl­rei­chen verschie­de­nen Ange­bo­te und der Infor­ma­ti­ons­flut eine Herausforderung.

Ökolo­gi­sche und sozia­le Projek­te fördern
Persön­lich führt mich die Suche nach einer sozi­al und ökolo­gisch vertret­ba­ren Möglich­keit, Geld für ein Kind anzu­le­gen, zu eini­gen Kunden­be­ra­te­rin­nen und ‑bera­tern verschie­de­ner Banken. Darun­ter sind auch alter­na­ti­ve Banken, die als Ziel nicht die Gewinn­ma­xi­mie­rung, sondern die Förde­rung von ökolo­gi­schen und sozia­len Projek­ten nennen. Noch bin ich nicht sicher, wie meine Entschei­dung ausfal­len und welches Produkt mich über­zeu­gen wird. Geld anzu­le­gen und damit für einen guten Start eines Kindes in die Voll­jäh­rig­keit zu sorgen, dazu fühle ich mich aber irgend­wie verpflichtet.

Alter­na­ti­ven zum Geld anle­gen
Dane­ben über­zeugt mich aber auch eine ande­re Idee immer mehr: Wieso nicht nebst einem Fonds­kon­to eine Paten­schaft für gefähr­de­te Nutz­tie­re etwa von Pro Specia Rara über­neh­men? Gemein­sam mit dem Kind kann man die Tiere teil­wei­se vor Ort besu­chen. Auch der Erhalt selte­ner Tiere und Pflan­zen ist eine Inves­ti­ti­on in die Zukunft der Kinder. Und zumin­dest im Moment macht das gemein­sa­me Zeit verbrin­gen glück­li­cher als das Stre­ben nach möglichst viel Geld. 

25. April 2022

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Benja­min Manser

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Urs Fitze

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