Soll man in der Kirche Kaffee trinken, Konzerte veranstalten und Vereinstreffen durchführen? Ja, findet Markus Schöbi, Pfarrer in der Seelsorgeeinheit Magdenau. Er erzählt, wie seit der Umgestaltung der Kirche Bruder Klaus in Wolfertswil das Pfarreileben aufgeblüht ist.
Ein Kirchencafé, ein Konzert mit dem Hackbrett-Virtuosen Nicolas Senn im aktuellen Jahr und ein Treffpunkt für verschiedene Gruppen der Pfarrei: Das alles und vieles mehr findet nebst den Gottesdiensten Platz in der umgestalteten Kirche Bruder Klaus in Wolfertswil. Vor gut einem Jahr wurden dort im Rahmen einer Sanierung die Kirchenbänke entfernt und durch Stühle ersetzt. Pfarrer Markus Schöbi ist von den Veränderungen begeistert, die sich seither im Pfarreileben bemerkbar machen. Die Begeisterung steckt an, man könnte ihm lange zuhören. Zunächst sagt er aber: «Die Kirche ist trotz Umgestaltung aber kein Partyraum. Das waren im Vorfeld einige Befürchtungen und damit hätte auch ich Mühe. Aber warum sollte eine Kirche nicht eine Art Marktplatz sein?» Markus Schöbi erzählt aus der Zeit des frühen Christentums ab dem 4. Jahrhundert. So hätten sich die Menschen damals bewusst dafür entschieden, die Kirchen in Form von Basiliken statt in Form von Tempeln zu bauen. «Und eine Basilika wurde unter anderem für Versammlungen und als Markthalle genutzt», sagt er.
Luftig und offen
Aus Rückmeldungen weiss Markus Schöbi, dass in der Bevölkerung gerade der gewonnene Raum gut ankommt. «Alles kann luftiger und offener eingerichtet werden», sagt er und erwähnt die Adventszeit, die diesbezüglich im vergangenen Jahr ein Höhepunkt gewesen sei. «Den Altarbereich mit der Krippe haben wir als meditativen Bereich gestaltet. Im mittleren Bereich hatten verschiedene Familien einen Adventskalender aufgebaut», sagt er. Dieser habe aus aufeinandergestapelten Holzkisten bestanden, deren Inneres jede Familie mit Dingen wie Schneeflocken, kleinen Häusern, Sternen und Lichtern geschmückt habe. Der hintere Teil der Kirche diente mit einigen Tischen als «Chilekafi» und Treffpunkt während des Advents.




Vorbild für andere
Die Kirche in Wolfertswil ist über die Region hinaus als Beispiel für eine gelungene Umgestaltung bekannt. «In vielen Seelsorgeeinheiten wird darüber diskutiert, wie man Pfarreiheime und Kirchen neu nutzen und den veränderten Bedürfnissen anpassen soll», sagt Markus Schöbi. So habe sich kürzlich bereits der St. Galler Kirchgemeindeverband die umgestaltete Kirche angeschaut. Und in diesem Jahr plane der Sakristanenverband eine Tagung in der Kirche in Wolfertswil.



Gott und der Alltag
Wärmer und heimeliger: So nimmt Markus Schöbi die Kirche Bruder Klaus auch dann wahr, wenn er mit seiner Pfarrei Gottesdienst feiert. Der Altar und der Tabernakel – das goldene «Schatzkästchen», in dem die geweihten Hostien aufbewahrt werden – stehen nicht mehr wie früher hinten im Chorraum, sondern sind vorne im Chorbogen platziert. «Ich bin dadurch viel näher bei den Gottesdienstbesucherinnen und ‑besuchern und fühle mich auch beim Predigen viel wohler», sagt der 61-Jährige. Eine Kirche, die den Zahlen der Mitfeiernden gerecht wird und in der es Platz für profane Anlässe gibt. «Mir gefällt das so», sagt Markus Schöbi. «Es gibt keinen Grund, den Alltag vor Gott zu verbergen. Im Gegenteil, der Alltag muss wieder vermehrt mit Gott in Verbindung gebracht werden.»
Text: Nina Rudnicki
Bilder: Ana Kontoulis
Veröffentlichung: 25. Februar 2025