Inspiriert durch Pilgerinnen und Pilger und deren Erlebnisse hat die Rorschacherin Beatrice Mock das Theaterstück «#JAKOB S WEG – ein Pilgerstück» geschrieben. Die Komödie beleuchtet die unterschiedlichen Pilger-Beweggründe. Im November ist Premiere.
Die Theologin und Theaterschaffende Beatrice Mock wurde vom Verein Pilgerherberge Sankt Gallen angefragt, ein Pilgertheater zu entwickeln. «Ein Stück zwischen Klamauk, Komödie und spirituellem Gebet, etwa so lautete der Auftrag», erklärt Beatrice Mock mit Schalk in ihrer Stimme. Von Seite des Vereins Pilgerherberge sagt Erika Pertzel, Ideengeberin und OK-Präsidentin für das Pilgertheater: «Wir möchten bewusst auch Leute ausserhalb der Pilger-Szene ansprechen und die Pilgerei noch bekannter machen.»

Eine intellektuelle Reise
Mock hat den Jakobsweg noch nicht unter die eigenen Füsse genommen, dennoch ist sie fasziniert vom Pilgern. «Wir alle sind ständig unterwegs von einem Ort zum andern, von einer Szene zur nächsten. Beim Pilgern möchten viele den Alltag hinter sich lassen und sich neu besinnen.» Bei ihrer intensiven Recherche hat sie erstaunliche Eindrücke und Fakten über das Pilgern erhalten und rasch gemerkt, dass die Assoziationen zum Pilgern sehr vielseitig sind. Nach der Lektüre von Studien und Büchern folgte der praktische Teil: An fünf Treffen mit Bekannten aus ihrer «Theater-Bubble» und Jakobsweg-Interessierten hat sie individuelle Erfahrungen und Ansichten von Pilgernden und Angehörigen eingeholt. Sie haben diskutiert, warum sich jemand auf eine Pilgerreise begibt und was das Gehen auslöst. Eine wichtige Inspirationsquelle war auch die Ausstellung von Johann Kralewski mit 17 lebensgrossen Skulpturen. Das Credo des Künstlers lautete: «Ich will bewegen, dies gilt sowohl auf körperlicher Ebene wie auch in intellektueller Hinsicht.» Ihre gesammelten Inputs hat Mock zu einer Geschichte verarbeitet. Das finale Drehbuch schrieb sie in Vezelay – einem malerischen Dorf im französischen Burgund, wo Pilgernde aus ganz Europa vorbeiziehen. «Durch einen Facebook-Post bin ich zu einer Unterkunft an diesem Pilger-Hotspot gekommen», sagt Mock.

Hashtag bedeutet Stress
Nicht selten ist eine Krise der Auslöser für eine Pilgerreise. So auch beim Hauptdarsteller Ambros. Er ist ein Journalist der alten Schule, der mit seiner geplanten Story «Jakob ist weg» versagt. Frustriert über den oberflächlichen und schnelllebigen Online-Journalismus, bricht er aus seinem Hamsterrad aus und geht auf den Jakobsweg. Angesprochen auf den Hashtag im Titel des Stückes, erklärt Mock: «Damit symbolisieren wir die moderne Welt des Journalismus, die Jagd nach «Klicks» und «Views» als Kontrast zur seriösen, faktenorientierten Berichterstattung, wie sie unser Ambros betreibt.» Im Stück spielen zwei weitere pilgernde Figuren mit: eine ältere Dame, die ihre Reise auf dem Jakobsweg als spirituelle Schlussaufgabe vor dem Tod sieht und eine junge Bike-Pilgerin, die ständig neue, abenteuerliche Trails sucht. «Viele pilgern heute aus sehr unterschiedlichen Beweggründen, das wollen wir mit diesem Theater aufgreifen. Die Fragen rund um das Thema Pilgern sind sehr menschlich, aktuell und kulturübergreifend.» Ob sie auch religiöser Natur sind, überlasse sie dem Publikum.

Keine einfache Hauptrolle
Das Theater-Ensemble besteht aus sechs Laien-Schauspielende und einer professionellen Sprecherin. «Die grösste Herausforderung besteht darin, passende Probentermine zu finden», gesteht Mock. Für Stephan Bitsch, der die Hauptrolle Ambros spielt, bedeuten die ein- bis zweimal wöchentlichen Proben und die Auseinandersetzung mit der Rolle einen grossen Zeitaufwand. Er selbst arbeitet als Sozialpädagoge und hat vor sechs Jahren die Ausbildung zum Theaterpädagogen absolviert. Er freut sich, mit dieser Rolle nun auch Bühnenerfahrung als Schauspieler sammeln zu können: «Es ist allerdings keine einfache Rolle, ich musste mich zuerst in die Gefühlslage des frustrierten Typen in seiner Lebenskrise hineinversetzen bis ich merkte, dass ein kleiner Teil in mir auch unzufrieden ist. In der Rolle kann ich nun diese eigene Unzufriedenheit ausleben, was sehr befreiend ist. Gleichzeitig bin ich froh, dass Ambros in diesem Stück auch eine Wandlung durchmacht.» Pilgern kennt Bitsch aus eigener Erfahrung: «Ich war schon dreimal auf dem Pilgerweg in der Schweiz, einmal auch fastend, was das Erlebnis noch intensiver machte». Die Aufführungen im November sollen erst der Anfang sein, die Theatercrew will mit ihrem Stück auf Tour gehen.

Text: Katja Hongler
Bilder: Ana Kontoulis
Veröffentlicht: 14.11.2022