Spontane Gespräche mit dem Papst

Mittel­al­ter­li­che Flucht­we­ge, eine Touris­ten­at­trak­ti­on als Geheim­tipp und ruhi­ge Ecken, um über Demut und das Leben nach­zu­den­ken: Der Gossau­er Nico­la Damann gibt einen ­Einblick in seinen Alltag als Schwei­zer­gar­dist im Vati­kan und erzählt, welche Orte in Rom ihm am ­besten gefallen.

Manch­mal sind es kurze Begeg­nun­gen, die unser Leben für immer verän­dern. So gesche­hen bei Nico­la Damann. Der heute 24-Jährige war 2014 Teil­neh­mer an einer Minis­tran­ten­rei­se nach Rom. Dazu gehörten ein Besuch im Vati­kan und eine Führung in der Schwei­zer­gar­de. Dieses Erleb­nis präg­te Nico­la Damann nach­hal­tig. «Ich war sehr beein­druckt und seit­her hatte ich den Gedan­ken, Gardist zu werden.» Gesagt, getan. Nach einer KV-Lehre bei der Stadt­ver­wal­tung Gossau und einem Mandat im Gossau­er Stadt­par­la­ment pack­te Nico­la Damann seine Koffer und melde­te sich zum Dienst. «Gardis­ten zeich­nen sich durch viele gute Eigen­schaf­ten aus: Loya­li­tät, Tapfer­keit, Demut. Es ist eine gute Lebens­schu­le. Es sind alles Werte, die für mich privat und beruf­lich viel zählen. Ich bin sehr gerne Schweizergardist.»

In der Basi­li­ka San Barto­lo­meo all’Iso­la auf der Tiber­in­sel findet Nico­la Damann Ruhe und Zeit, um seine Gedan­ken schwei­fen zu lassen und über seine Zukunft nachzudenken.

Inten­si­ve, lehr­rei­che Monate

Nico­la Damann reis­te im Janu­ar 2024 nach Rom und durch­lief wie alle Gardis­ten eine viel­sei­ti­ge Ausbil­dung. Einen Monat davon verbrach­te er in Rom. Danach folg­ten vier Wochen im Ausbil­dungs­zen­trum der Spezi­al­kräf­te der Schwei­zer Armee in Isone im Tessin, die Kantons­po­li­zei bildet die Gardis­ten voll­um­fäng­lich aus. Der Abschluss und die Vorbe­rei­tun­gen für den Dienst fanden wieder­um in Rom statt. «Es war inten­siv, aber wir durf­ten sehr viel erle­ben und lernen.»

Auf der Isola Tibe­ri­na verbrin­gen Nico­la Damann und seine Kolle­gen gerne ihre Frei­zeit: «Es hat dort super Sitz­ge­le­gen­hei­ten und eine herzi­ge klei­ne Kirche.»

Karwo­che als erstes Highlight

Kurz nach dem Dienst­ein­tritt erleb­te Damann schon sein erstes High­light. «Die inten­si­ve Karwo­che und die Ostern mit dem Heili­gen Vater waren sehr eindrück­lich. Am Oster­sonn­tag besuch­ten zirka 50 000 Perso­nen die heili­ge Messe auf dem geschmück­ten Peters­platz und wir als Gardis­ten durf­ten auch dort Dienst leis­ten. Das ist schon spezi­ell und schön.» Im Mai 2024 schliess­lich wurde Damann mit 33 ande­ren Gardis­ten in einer Zere­mo­nie im Vati­kan verei­digt. Die Verei­di­gung war für Helle­bar­dier Damann ein prägen­des Erleb­nis. «Mit dem abge­leg­ten Schwur  bekennt man sich dazu, der Kirche, dem Papst und der Schwei­zer­gar­de aus inners­ter Über­zeu­gung zu dienen. Dies ist eine gros­se Ehre.» Die meis­te Zeit des Tages verbringt Nico­la Damann im Vati­kan. Noch heute staunt er manch­mal über die riesi­gen Menschen­mas­sen auf dem Peters­platz, die an Ostern jeweils ihren Höhe­punkt errei­chen. Täglich strö­men rund 10 000 Menschen in den Vati­kan. Im Hinblick auf die Warte­schlan­gen vor den Vati­ka­ni­schen Muse­en, der Sixti­ni­schen Kapel­le und dem Peters­dom gibt Nico­la Damann einen wich­ti­gen Tipp: «Vorgän­gi­ges Infor­mie­ren lohnt sich.» Für die Röme­rin­nen und Römer sind die zahl­rei­chen Besu­che­rin­nen und Besu­cher nicht immer einfach. «Teil­wei­se leidet die Stadt Rom und der Vati­kan unter den Touris­ten­mas­sen», so Nico­la Damann. Wenn die Gardis­ten während ihres Wach­diens­tes von Menschen für Fotos bedrängt und unge­fragt abge­lich­tet werden, ist das für sie Alltag. «In solchen Situa­tio­nen muss man ruhig und beherrscht reagieren.»

Tref­fen mit dem Papst

In seine Rolle als Gardist hat sich Nico­la Damann einge­lebt. Er wohnt mit den ande­ren Gardis­ten in einer Kaser­ne im Vati­kan. Die Schwei­zer­gar­de ist rund um die Uhr im Einsatz. Hat Nico­la Damann Morgen­dienst, ist er bereits vor fünf Uhr auf den Beinen. Nach dem Früh­stück poliert er Schwert und Gürtel­schnal­le, wech­selt den weis­sen Uniform­kra­gen und die weis­sen Manschet­ten und zieht seine Uniform an. Dann tritt er seinen Dienst an. Mit den ande­ren Gardis­ten, alles prak­ti­zie­ren­de Katho­li­ken, versteht sich Damann gut. «Wir haben alle diesel­be Einstel­lung und densel­ben Berufs­all­tag. Wir sind eine Fami­lie.» Und wie ist das Verhält­nis der Gardis­ten zum katho­li­schen Ober­haupt? «Wir tref­fen den Heili­gen Vater oft im Dienst. Er grüsst uns und nimmt sich oft Zeit für spon­ta­ne Gesprä­che.» Diese Nahbar­keit schätzt Nico­la Damann sehr.

Suche nach Ruhe

Meist sind die Gardis­ten für den ordent­li­chen Wach­dienst einge­teilt. Nico­la Damann macht seinen Dienst am liebs­ten im Apos­to­li­schen Palast, genau­er gesagt in der Sala Regia. «Der Raum ist reich an Kunst mit wunder­schö­nen Fres­ken und Geschich­te. Verbun­den mit der Stil­le, die dort meist herrscht, ist der Ort für mich unver­gleich­lich. Dort kann auch ich zur Ruhe kommen. Rom erschlägt einen manch­mal. Dazu tut Stil­le gut. Sie ist wich­tig, um den Glau­ben zu leben und sich Gedan­ken über die Zukunft zu machen.» Wenn er keinen Dienst hat, verbringt Nico­la Damann seine Zeit gerne in den Vati­ka­ni­schen Gärten, seinem persön­li­chen Rück­zugs­ort mitten in der hekti­schen Stadt. Ein Privi­leg, das nur die Mitar­bei­ten­den des Vati­kans haben. Aber Nico­la Damann beru­higt: «In Rom hat es zahl­rei­che, wunder­schö­ne Pärke. Wer Ruhe sucht, findet sie dort. Und es gibt über­all klei­ne Kapel­len, die wenig besucht sind. Es lohnt sich, die Augen offen zu halten.»

Beson­der­heit Engelsburg

Ange­spro­chen auf einen Tipp für Touris­tin­nen und Touris­ten nennt er mit der Engels­burg erstaun­li­cher­wei­se eine der meist­be­such­ten Touristenattraktionen. Nico­la Damann lacht und erklärt: «Vor der Burg sind immer zahl­rei­che Menschen, drin­nen aller­dings nicht, vor allem morgens. Und von der Dach­ter­ras­se aus hat man einen wunder­schö­nen Blick auf den Peters­dom.» Zur Engels­burg hat Nico­la Damann, wie wahr­schein­lich alle Gardis­ten, eine beson­de­re Bezie­hung: Der Apos­to­li­sche Palast im Vati­kan ist durch den soge­nann­ten Passet­to mit der 800 Meter entfern­ten Engels­burg verbun­den. «Während der Plün­de­rung Roms im Jahr 1527, Sacco di Roma genannt, nutz­te Papst Clemens VII. die Engels­burg als Zufluchts­ort. Die Schwei­zer­gar­de beschütz­te den Papst, 147 Gardis­ten kamen damals ums Leben», so Nico­la Damann. Die alljähr­li­che Verei­di­gung findet noch immer am Jahres­tag dieser Helden­tat statt, am 6. Mai.

Lebens­stil gefällt

Gerne geht Nico­la Damann auch mit seinen Kolle­gen zum Abend­essen in eines der typi­schen italie­ni­schen Restau­rants oder trinkt am Ufer des Tibers ein Glas Wein. «Auf der Isola Tibe­ri­na hat es wunder­ba­re Sitz­ge­le­gen­hei­ten. Da können wir gut verwei­len.» Nico­la Damann mag den italie­ni­schen Lebens­stil und das südlän­di­sche Flair. «Italie­ne­rin­nen und Italie­ner spre­chen viel. Sie haben eine sehr posi­ti­ve Lebens­ein­stel­lung und haben mehr Lebens­freu­de. Sie sind mit wenig zufrie­den. Und darum geht es doch im Leben», so Damann. Im Gespräch kommt er immer wieder auf die Demut zu spre­chen. Sagt Sätze wie: «Geld und Mate­ri­el­les ist nicht das Wich­tigs­te im Leben. Für mich ist beides nicht erstre­bens­wert.» Sein Sprich­wort, passend: Weni­ger ist manch­mal mehr. «Glau­be leben heisst auch, mit einfa­chen Dingen glück­lich sein.»

Dann und wann ein Gela­to oder ein Glas Wein: Nico­la Damann mag den Lebens­stil und die Menta­li­tät der Röme­rin­nen und Römer.

Persön­li­che Tipps von Nico­la Damann

Ristor­an­te «La Vittoria»

Nur weni­ge Gehmi­nu­ten vom Vati­kan entfernt befin­det sich an der Via delle Fornaci 15 im histo­ri­schen Zentrum Roms das Ristor­an­te «La Vitto­ria», eines der Lieb­lings­re­stau­rants von Nico­la Damann. Gerne gönnt er sich hier ein typi­sches italie­ni­sches Abend­essen unter Röme­rin­nen und Römern. «Das Tira­mi­su ist super­le­cker. Und es gibt ein spezi­el­les Garde-Menü und einen Garde-Limoncello.»

Villa Doria Pamphilj

Die Villa Doria Pamphilj (auch Doria Pamphili) ist eine gros­se Park­an­la­ge an der Via Aure­lia Anti­ca west­lich des histo­ri­schen Stadt­teils Tras­te­ve­re, rund 1,5 Kilo­me­ter vom Vati­kan entfernt. Sie wurde im 17. Jahr­hun­dert ange­legt und ist mit einer Fläche von rund 1,8 Quadrat­ki­lo­me­tern eine der gröss­ten Park­an­la­gen Roms. «Es ist ein wunder­schö­ner Park. Hier kann man auch gut ein wenig Sport trei­ben mitten in der Gross­stadt», so Nico­la Damann.

Isola Tibe­ri­na

Die Isola Tibe­ri­na (Tiber­in­sel) ist eine klei­ne Insel im Fluss Tiber. Sie ist etwa 270 Meter lang und bis zu 67 Meter breit. Die Insel wird seit dem späten 19. Jahr­hun­dert von der jüdi­schen Gemein­de Roms genutzt, die dort unter ande­rem ein Kran­ken­haus unter­hält und 1937 eine Synago­ge, den Tempio dei Giova­ni, einrich­te­te. Heute befin­den sich auf der Insel die Basi­li­ka San Barto­lo­meo all’Isola und ein vom Orden der Barm­her­zi­gen Brüder geführ­tes Kran­ken­haus (Ospe­da­le Fatebe­ne­f­ratel­li). «Es gibt eine herzi­ge klei­ne Kirche und in der Nähe gibt es super Sitz­ge­le­gen­hei­ten – ideal für Gesprä­che und Tref­fen mit Freun­den, oder um ein Buch zu lesen. Vor allem am Abend ist es sehr roman­tisch auf der Tiber­in­sel», sagt Nico­la Damann.

Text: Ales­sia Pagani

Bilder: Marti­na Caro­li, Rom

Veröf­fent­li­chung: 24.04.2025

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