Totalrevision Volksschulgesetz

Mit einer Stel­lung­nah­me reagie­ren die katho­li­sche und evan­ge­li­sche Kirche auf das geplan­te Volks­schul­ge­setz des Kantons St. Gallen. Es geht um die Zukunft des Religionsunterrichts. 

Im Zwischen­be­richt, den die Regie­rung jetzt veröf­fent­licht hat, kommt zum Ausdruck, dass die Rege­lung für den Reli­gi­ons­un­ter­richt beibe­hal­ten werden soll», hält Thomas Schwarz von der Abtei­lung für Reli­gi­ons­päd­ago­gik des Bistums St. Gallen gegen­über dem Pfar­rei­fo­rum fest. «Die Regie­rung aner­kennt die Bedeu­tung des Reli­gi­ons­un­ter­richts der Kirchen. Das ist ein posi­ti­ves Signal.» Konkret: Der kirch­li­che Reli­gi­ons­un­ter­richt hat auch künf­tig seinen Platz auf der Stun­den­ta­fel. Im Zwischen­be­richt wird jedoch auch die Erwar­tung formu­liert, «dass zusam­men mit den Kirchen alter­na­ti­ve Orga­ni­sa­ti­ons­for­men für den Reli­gi­ons­un­ter­richt geprüft werden sollen, um der Kritik verschie­de­ner bildungs­po­li­ti­scher Verbän­de zu begeg­nen». «Die Akzep­tanz des Reli­gi­ons­un­ter­richts hängt sehr stark von der jewei­li­gen Schu­le, der Schul­lei­tung und dem Lehrer­team ab», weiss Thomas Schwarz, «es gibt von Ort zu Ort gros­se Unter­schie­de,  jedoch über­wie­gen die Bezie­hun­gen, die posi­tiv geprägt sind.»

Bischof Markus Büchel
Bischof Markus Büchel reagiert mit Armin Boss­art (Admi­nis­tra­ti­ons­rats­prä­si­dent des Kath. Konfes­si­ons­teils) und Martin Schmidt (Kirchen­rats­prä­si­dent der evang.-ref. Kirche des Kantons St. Gallen) in einem gemein­sa­men Schrei­ben auf die Pläne des St.Galler Bildungsdepartements.

Gemein­sa­mer Auftrag

Ange­sichts wach­sen­den Anti­se­mi­tis­mus und zuneh­men­der Isla­mo­pho­bie sind reli­giö­se Bildung und die Ausein­an­der­set­zung mit der eige­nen und ande­ren Reli­gio­nen wich­ti­ger denn je. «Die reli­giö­se Bildung im öffent­li­chen Raum der Schu­le ist von gros­ser gesell­schaft­li­cher Bedeu­tung», schrei­ben die Kirchen in ihrer Stel­lung­nah­me zum Zwischen­be­richt zur Total­re­vi­si­on des Volks­schul­ge­set­zes. Diese wurde von Bischof Markus Büchel, Armin Boss­art (Admi­nis­tra­ti­ons­rats­prä­si­dent des Kath. Konfes­si­ons­teils) und Martin Schmidt (Kirchen­rats­prä­si­dent der evang.-ref. Kirche des Kantons St. Gallen) unter­zeich­net. «Beispie­le von streng laizis­ti­schen Gesell­schaf­ten wie beispiels­wei­se in Frank­reich zeigen, dass das Ausblen­den von Reli­gi­on als gesell­schaft­li­ches Thema fata­le Folgen hat.» Es sei wich­tig, dass Staat und Gesell­schaft die reli­giö­se Bildung als gemein­sa­men Auftrag erken­nen. Der Reli­gi­ons­un­ter­richt der Kirchen könne einen wich­ti­gen Beitrag leis­ten, nicht zuletzt durch gut ausge­bil­de­te Fach­lehr­per­so­nen, die sich der Bedeu­tung ihrer Aufga­be bewusst seien.

Laut Thomas Schwarz garan­tie­ren kirch­li­che Lehr­per­so­nen dafür, dass das Thema Reli­gi­on im Unter­richt vorkommt.

Fundier­te Ausbildung

Aber könn­ten statt kirch­li­chen nicht auch schu­li­sche Lehr­per­so­nen den Reli­gi­ons­un­ter­richt über­neh­men? «Das ist zum Teil schon Reali­tät», so Thomas Schwarz. «Die Kirchen bieten gemein­sam mit der Pädago­gi­schen Hoch­schu­le St. Gallen für schu­li­sche Lehr­per­so­nen ein Weiter­bil­dungs­mo­dul an.» Dennoch ist Thomas Schwarz über­zeugt, dass kirch­li­che Fach­kräf­te einen Mehr­wert liefern: «Sie verfü­gen über eine fundier­te pädago­gi­sche Ausbil­dung und sind Exper­tin­nen und Exper­ten für Reli­giö­ses – nicht nur in der Theo­rie, sondern auch in der Praxis.» Bei der Einfüh­rung des Fachs ERG Kirchen / ERG Schu­le habe sich gezeigt, dass das «R» oft nur stief­müt­ter­lich behan­delt wurde. «Kirch­li­che Lehr­per­so­nen garan­tie­ren, dass das Thema Reli­gi­on im Unter­richt auch wirk­lich vorkommt.»

Auf Dialog setzen

Das St. Galler Volks­schul­ge­setz ist vier­zig Jahre alt. Anfang Mai 2024 gab die Regie­rung den Start­schuss für die Ausar­bei­tung eines Geset­zes­ent­wur­fes. Dieser soll im Früh­som­mer 2025 vorlie­gen und zur Vernehm­las­sung gestellt werden. Das neue Volks­schul­ge­setz tritt frühes­tens 2027 in Kraft. Die Kirchen wollen nicht untä­tig blei­ben. Zurzeit werde eine Grup­pe gebil­det, die sich des Themas annimmt. «Wir wollen uns aktiv in den Prozess einbrin­gen und auf den Dialog setzen», sagt Thomas Schwarz, «die Kirchen sind grund­sätz­lich auch offen für neue Formen. Wir sehen diesen Prozess als Chan­ce, der Bevöl­ke­rung aufzu­zei­gen, warum es den Reli­gi­ons­un­ter­richt der Kirchen braucht und was ohne ihn fehlen würde.»

Text: Stephan Sigg

Bild: coyot / pixabay.com / Regi­na Kühne / Ana Kontou­lis / zVg

Veröf­fent­licht: 20.06.2024

Flade zeigt sich alarmiert

Barba­ra Häch­ler, Schul­rats­prä­si­den­tin der Flade: Der Sonder­sta­tus sei histo­risch begründet.

Mit «eini­ger Sorge» beob­ach­ten die Kirchen die Haltung der Regie­rung, der katho­li­schen Schu­le Flade den öffentlich-rechtlichen Status zu entzie­hen.

Es sei das erste Mal, «dass der Kanton St. Gallen den öffentlich-rechtlichen Status einer Kirche aktiv infra­ge stellt und die Verban­nung eines wich­ti­gen  kirch­li­chen und bildungs­po­li­ti­schen Wirkungs­felds in den Privat­be­reich anstrebt», so die Kirchen in ihrer Stellungnahme. 

Damit gefähr­de die Regie­rung das bis anhin unbe­strit­te­ne und bewähr­te Verhält­nis zwischen Kirche und Staat. «Beide Kirchen werden den Anfän­gen einer von der Regie­rung dadurch einge­lei­te­ten, schlei­chen­den Tren­nung von Kirche und Staat auf Raten wehren und sich gemein­sam mit allen Mitteln für die Beibe­hal­tung des öffentlichen-rechtlichen Status des Katho­li­schen Konfes­si­ons­teils als eige­ne Schul­ge­mein­de einset­zen.» Barba­ra Häch­ler, Schul­rats­prä­si­den­tin der Flade, zeig­te sich im St. Galler Tagblatt «alar­miert». Der Sonder­sta­tus sei histo­risch begrün­det. Seit 2019 gebe es eine Verein­ba­rung mit der Stadt St. Gallen und diese funk­tio­nie­re gut. Es gebe keinen Grund, dies zu ändern.

Roger Trösch, stell­ver­tre­ten­der Gene­ral­se­kre­tär des kanto­na­len Bildungs­de­par­te­ments und Projekt­lei­ter der Total­re­vi­si­on, sagte gegen­über dem St. Galler Tagblatt, dass noch nichts defin­tiv entschie­den sei, es hand­le sich um eine erste Grund­hal­tung der Projektbeteiligten.

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