Im Kinderdorf in Tansania hat Lorena Knobel aus Gommiswald während sechs Monaten Kleinkinder betreut. Dabei hat die 18-Jährige nicht nur zu sich selbst, sondern auch zu Gott gefunden.
Wenn Lorena Knobel über die vergangenen Monate spricht, hört man die Freude aus jedem Wort. Das Leben der 18-jährigen Gommiswalderin hat sich Anfang dieses Jahres grundlegend geändert. Noch vor einem Jahr lebte die Teenagerin den Schulalltag an der Kantonsschule in Wattwil, hat dem Chemielehrer zugehört und sich im Sportunterricht ausgepowert. Dann hat sie sich entschlossen, die Schule zu verlassen. Auf der Suche nach einer Zwischenlösung stiess sie auf das Volontariatsprogramm Voyage Partage der katholischen Ordensgemeinschaften in der Schweiz und reiste nur vier Monate später als Volontärin nach Tansania ins Kinderdorf Mbingu. «Es ging sehr schnell. Aber zum Glück hat sich alles so ergeben.»
Englischunterricht im Dorf
Das Kinderheim wurde 2003 vom Schweizer Beat Wandeler mithilfe von Baldegger Schwestern gegründet. Lorena Knobel betreute während sechs Monaten gemeinsam mit sieben «Ersatzmamis» rund 30 Kinder zwischen einem Monat und sechs Jahren. Sie half mit bei der Pflege und Betreuung der Kinder, beim Waschen und Kochen. Einmal wöchentlich unterrichtete sie zudem 25 Kinder in Englisch in der etwas entfernten Dorfschule. Die meisten der betreuten Kinder im Heim haben mindestens einen Elternteil verloren.

Ziel ist es, ihnen ein Zuhause zu geben, bis sie selbstständig genug sind, um für sich selber sorgen zu können, und zu ihren Verwandten zurückkehren können. «Es sind traurige Schicksale. Aber im Alltag und in der geschützten Atmosphäre bekam ich nur vom Hörensagen davon mit», sagt Lorena Knobel, die in der Arbeit mit den Kindern Kraft schöpfte. «Die Zeit mit ihnen war prägend.» Lorena Knobel und die «Ersatzmamis» um die Kinder versuchten, den Kindern «einen möglichst unbeschwerten Start ins Leben zu ermöglichen und Freude in den Alltag zu bringen». Der Verein unterstützt nebst den «Ersatzmamis» auch den Ackerbau und die Landwirtschaft für die Selbstversorgung in der näheren Umgebung.
Schwieriger Start
Lorena Knobel beschreibt sich als offenen und unkomplizierten Menschen. Sie habe in Afrika wenig an die Schweiz und ihr Leben in Europa gedacht. Heimweh hatte sie nicht. «Ich durfte verschiedene Herausforderungen annehmen und fühlte mich immer herzlich und wohlwollend von den Einheimischen angenommen», sagt sie, verschweigt aber auch nicht, dass die Anfangszeit doch nicht ganz so einfach gewesen ist. «Ich habe Swahili nicht verstanden, das Learning by Doing hatte ich mir einfacher vorgestellt. Englisch wurde kaum gesprochen. Aber wir konnten immer wieder gemeinsam lachen. Es tut gut, zusammen zu lachen. Humor verbindet wirklich.» In Tansania begann Lorena Knobel, in der Bibel zu lesen. Und sie fand «Kraft und Erfüllung» darin. «Ich habe immer gedacht, der Glaube schränke uns in unserer Freiheit ein, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Ich habe mich noch nie so frei gefühlt wie jetzt in der Beziehung zu Gott.» Auch zurück in der Schweiz spielt der Glaube ein erstes Mal eine bedeutende Rolle in ihrem Leben. Die Zeit in Ostafrika hat Lorena Knobel geprägt und sie «als Mensch wachsen lassen», wie sie selbst sagt.
Ausbildung im Fokus
Im Sommer hat Lorena Knobel eine Lehre als Fachfrau Gesundheit an der Psychiatrischen Klinik Wil begonnen und konzentriert sich nun vorerst auf ihre Ausbildung. An die Zeit im Kinderheim und die Menschen in Tansania denkt sie aber immer gerne und oft zurück. Vor allem die Frage, was dereinst mit den Kindern passiert und wo sie der Weg hinführen wird, beschäftigt sie. Die Erfahrungen, die sie gemacht hat, wird sie ein Leben lang nicht vergessen. Für Lorena Knobel ist klar: Es soll nicht ihre letzte Reise nach Tansania gewesen sein.
Text: Alessia Pagani
Bild: zVg / Voyage Partage
Veröffentlichung: 2. Dezember 2024